{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Verfügbar auf

Netflix Sky ticket Amazon prime Mubi Tvnow premium Paramount plus

Inhalt

Harmony Korine, bekannt für seine Drehbücher zu „Kids“ oder „Gummo“ (bei letzterem führte er auch Regie) ist wohl das enfant terrible Hollywoods. Immer wieder spalten seine Filme die Zuschauerschaft und lassen so manchen Aufschrei durch die Reihen der Konservativen des Landes gehen. Für seinem neuen Film „Spring Breakers“ hat er unter anderem die „Disney-Girls“ Vanessa Hudgens und Selena Gomez gecastet. Was man von diesem „Experiment“ mit der Mischung von Harmony Korine und Disney Schauspielerinnen erwarten darf, lest ihr hier.

Kritik

Wenn die Frühlingsferien ihren befreienden Startschuss erhalten haben, reisen unzählige Heranwachsende nach Florida, um ihrem feierwütigen Mekka die gebührende Ehrung zu verleihen: Spring Break ist angesagt. Eine Veranstaltung, dessen Reputation unhaltbare Wellen ziehen. Was bedeutet das im Klartext? Wir haben einen Haufen jugendlicher Menschen, die sich exzessiv in den alkoholisierten Vollrausch stürzen, die sich die Kleider gegenseitig vom Leibe reißen, den Körper zur Selbstbedienung freistellen und ihn nicht selten als Ablagefläche für sämtliche Drogen benutzen. Wer hier überstehen möchte, der darf keine Hemmungen haben, denn die wackelnden Brüste hypnotisieren und der Party-Ritus wird zum Paradies von anonymer Promiskuität und pervertierter Laszivität. Hier wird den Teenagern genau der Spaß geboten, den sie ihrem eintönigen Alltag vermissen müssen, im konventionellen Korsett, mit nervigem Schulbesuch, Hausaufgaben und der Akklimatisierung an die pflichtbewussten Normen. Die Flucht in den Garten Eden, oder in diesem Fall, dem Garten Delirium, muss schnellstmöglich unternommen werden.

Die Ausgangslage von Spring Breakers ist relativ simpel und unsere vier Mädchen möchten einfach nur auf dem Spring Break mal so richtig die eingekerkerte Sau rauslassen. Die Befürchtungen, dass man es hier mal wieder mit einer Apotheose des Partyrausches im 21. Jahrhundert zu tun bekommt, liegt recht nahe, schließlich haben Filme wie Hangover und Project X ihren Teil dazu beitragen und den Rezipienten – mehr oder weniger – für derartige Grundthematiken abgeschreckt. Und auch die Aufblende von Spring Breakers frönt das Verhalten der Jugendlichen während ihrer tagelangen Tour durch die Untiefen der kopflosen Alkoholisierung nach Strich und Faden: Die nackten Körper werden zelebriert, in Zeitlupe hüpfen junge Damen am Strand, im Meer, auf Balkonen auf und ab, lassen sich den Hochprozentigen mit begierigen Blicken überkippen und vom fremden Stehgeilen von gegenüber abschlecken, um sich irgendwann im dreckigen Hinterzimmer mit den letzten Resten Hinterhofkoks an den betäubten Nasenflügen wiederzufinden. Dazu feuert Skrillex' Dubstepmonster Scary Monsters And Nice Sprites unaufhaltsam aus allen Rohren. 

Die sorgenvolle Intuition, es hier mit einer Verherrlichung zu tun zu bekommen, wird dem Zuschauer also geradewegs und ohne Rücksicht genüsslich in die Visage geschmiert. Es wäre jedoch kein Harmony Korine (Beach Bum) Film, wenn sich hinter dem ganzen impulsiven Wahnsinn nicht noch etwas verbergen würde. Etwas, das den Zuschauer nicht nur mit grellen Farben, lauter Musik und nackter Haut berieseln möchte, sondern tatsächlich eine Botschaft besitzt. Man muss sich die erste Zeit im Verlauf von Spring Breakers wie einen radikalen Sprint in Richtung Abgrund vorstellen. Das Fremdgehparadies soll den amerikanischen Traum beinhalten, nach dem sich unsere Protagonistinnen so sehr sehnen, irgendwo zwischen prallen Ärschen, die sich an Badehosen räkeln und niveaulosen Bitches, die ihre Gehirnzellen im Sekundentakt vernichten, wahlweise Finger oder Zungen zwischen ihren Schenkeln herauftauchen sehen und braungebrannten Typen, die sich nur gehörig die Kante geben wollen und mit dem anonymen Charakter im Rücken möglichst viele Mädchen durchknattern.

Eine Welt, die einzig und allein an oberflächlichen Dingen interessiert ist, die durch die Luftlöcher ihrer eigenen Regeln atmet, der jede moralische Instanz amputiert wurde, in der nur Alkohol, Drogen und Sex von Bedeutung ist und die in ihrer endlosen Phallussymbolik zu ersticken droht. Um im Ton des Filmes zu verbleiben: Die vier Mädchen wollen am großen Schwanz der Freiheit lutschen, doch sie haben nicht mit den rigorosen Folgen gerechnet, die dieses Vorhaben nach sich ziehen können. Diese Umgebung, in der nur der infernale Exzess zählt, wird schnell zum Alptraum und wohingegen zwei der Mädchen es noch gerade rechtzeitig schaffen von Bord zu springen, steuern die zwei Überliebenden zusammen mit ihrem Pseudo-Gangster-Proleten Alien (Tony Montana 2.0: James Franco, Homefront) direkt in die zerstörerische Eskalation. „Mit dem Spring Break kommt der Abschaum“, sagt James Franco einmal zu seinen zwei überbleibenden Lustobjekten, die er später noch ausgiebig im Swimmingpool von allen Seiten penetrieren darf, nachdem er für sie zwei Schalldämpfer ausgiebig mit dem Mund bearbeitet hat. In Wahrheit jedoch ist der Abschaum schon längst da, jedoch nicht nur am Strand des Spring Breaks, nicht nur in den düsteren Hinterzimmern der schäbigen Hotels, dieser Abschaum ist von universeller Natur.

Spring Breakers wird zum Abgesang auf die Konsumgesellschaft und zerschlägt die popkulturellen Anleihen in einem von Neonfarben, Rauschgiften, menschlicher Dummheit und materieller Geilheit bewichsten Rahmen. Die Mädels tauchen ab in einer Scheinwelt, die ihrer eigenen Ästhetik hilflos ausgeliefert ist. Jeder lechzt nach mehr, jede Freundschaft ist bedeutungslos und nur die Sehnsucht eine Stufe höher in der Nahrungskette zu erklimmen, macht hier den Reiz ihres Handels aus. Und um dieses Ziel zu erreichen, wird alles gemacht, egal ob dafür reichlich Sperma geschluckt werden muss, oder die Schnellfeuerwaffe ihrem Zweck nachkommt. Aus einem wollüstigen Spektakel wird eine ohnmächtige Menage aus nachhallender Vergangenheit, elliptischer Gegenwart und perspektivloser Zukunft. Monologe wiederholen sich in ihrem meditativ-spirituellen Anklang immer wieder, nur erscheinen sie bei jedem Wiederhall gewichtiger und das Herz der Partymeile ist nicht mehr sonnengeflutet, sondern versinkt langsam in der Schwärze der Nacht.

Wer Spring Breakers da noch als substanzlose Ausstellung vom individuellen Drang nach grenzenlosen Partys machen möchte, der nimmt sich Korines in jeder Hinsicht stimulierendem, kontraktreichem und satirischem Metalichtermeer mit den vollkommen falschen Absichten an. Denn Korine stellt diese Verhältnisse ohne Moral und ohne Skrupel nicht als sinnvoll oder profitabel dar, hier handelt nur der richtig, der sich frühzeitig verziehen kann und den Absprung schafft, ansonsten bleibt nur der Untergang oder die Flucht – Ohne Rückkehr in alte, geregelte Gewohnheiten. Da dienen selbst die eingespielten Chartstürmer nicht als stumpfe Ausstellungsstücke, sondern bringen die Geschichte tatsächlich weiter und unterstützen die formale Brillanz aus Montagen, Collagen und eindringlichen Sequenzen zunehmend. Nein, Spring Breakers ist ein verdammt guter, bösartiger und richtiger Film. Ein beachtliches Werk, bei dem sich wahrlich jede flackernde Fotografie im brodelnden Dschungel der gegenwärtigen Verrohung als purer, geblendeter Fake manifestiert.

Fazit

Nach wie vor ein missverstandenes, durch und durch furios inszeniertes Meisterwerk: Mit "Spring Breakers" inszeniert Harmony Korine einen brodelnden Abgesang auf die Konsumgesellschaft und auf die Medienkultur. Ein grellbunter Alptraum, der sich gleichermaßen als entlarvendes Zeitgeist-Dokument versteht, darüber hinaus aber auch von einer fast schon grotesken Schönheit gezeichnet ist. 

Kritik: Pascal Reis

Wird geladen...

×