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Narcos - Staffel 1 - Kritik

Souli

Von Souli in Narcos - Staffel 1 - Kritik

Narcos - Staffel 1 - Kritik Bildnachweis:  © Netflix

Kritik

Das wurde so langsam aber auch höchste Zeit: Endlich, im Jahre 2015, hat man es schließlich vollbracht, der berühmt-berüchtigten Persönlichkeit des kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar (1949-1993) angemessen auf den Zahn zu fühlen. Nachdem Escobar im mit Johnny Depp in der Hauptrolle besetzten „Blow“ einen durchaus gelungenen Miniauftritt (dort gespielt von Cliff Curtis) zu verbuchen hatte und zuletzt in Andrea Di Stefanos weniger wohlwollend rezipierten Kinofilm „Escobar: Paradise Lost“ von Benicio Del Toro verkörpert wurde, ist es nun der Streamingdienst Netflix, der sich mit „Narcos“ hochgradig ambitioniert an den sagenumwobenen Schneekönig aus Medellín heranwagt. Eine Lebensgeschichte, wie sie Pablo Escobar vorzuweisen hat(te), muss zwangsläufig aufbereitet werden; und dass sich in diesem Fall nicht auf das limitierte Gerüst eines abendfüllenden Spielfilms beschränkt , sondern das serielle Narrativ konsequent in Anspruch genommen wurde, ist ob des außerordentlichen Fundus an Ereignissen und Namen, die Pablo Escobars Vita umwittern, eigentlich nur als die beste Lösung zu deklarieren.

Bevor aber zur Lobhudelei ausgeholt werden darf, sollen erst einmal ein paar kritische Worte fallen: Obwohl sich „Narcos“ einen Umfang von 10 Folgen, mit je einer Laufzeit von mindestens 45 Minuten, herausnimmt, merkt man der Serie durchaus an, dass es eigentlich immer noch zu wenig Laufzeit ist, um dem Leben von Pablo Escobar (Wagner Moura, „Elysium“) wirklich gerecht zu werden. Die erste Staffel von „Narcos“ behandelt eine Zeitspanne von gut zwei Dekaden, und wer sich schon einmal etwas mit dem Schaffen des Escobar auseinandergesetzt hat, der weiß, dass die Serie anhand dieser Umstände verda(aaaa)mmt viel Stoff in 10 Episoden unterbringen muss. Dass das dem Drehbuch nicht immer vollends gelingt, erweckt gerne mal den Eindruck, dass sich „Narcos“ etwas zu sehr abhetzt, um nicht auf der Strecke zu bleiben: Wenn nichts mehr hilft, dann richtet es eben das Voice Over von DEA-Agent Steve Murphy (Boyd Holbrook, „Gone Girl – Das perfekte Opfer“), der einzelne Begebenheitslinien, die Pablo Escobars Dasein gekreuzt haben, aus dem Off zu Ende bringt oder ganz gezielt Übergänge kreiert.

Man muss „Narcos“ allerdings in Schutz nehmen, auch wenn diese Kritik durchaus gerechtfertigt ist: Würde man sich an ein minutiöses Abarbeiten von Pablo Escobars Leben heranwagen, würde das jedweden erzählerischen Rahmen gnadenlos in tausende von Teilen sprengen – und darüber hinaus womöglich an ein elendig-steifes Hausieren mit lexikalischem Wissen grenzen. Nein, „Narcos“ macht seine Sache wirklich gut und genießt vor allem eine ganz besondere Stärke, die man heutzutage nicht mehr allzu oft zu Gesicht bekommt: Die Geschichte lässt sich vom Zuschauer wie ein durchweg fesselnder Thriller aufsaugen, ist sich über seinen dokumentarischen Resonanzraum aber ebenso im Klaren. Tatsächlich ist „Narcos“ ein Format, bei dem man nicht nur auf einer einzigen Ebene wunderbar unterhalten wird und Pablo Escobar dabei zusieht, wie er sich ein Privatvermögen von über 30 Milliarden erschlagenden Dollar durch seinen Drogenumschlag akkumuliert (was ihm auch die Möglichkeit einräumt, den kolumbianischen Staat mühelos zu destabilisieren). Hier kann man auch noch etwas lernen.

„Narcos“ beruft sich auf ein verbürgtes, faktenorientiertes Rekonstruieren jener Jahre, alle Vorfälle, die „Narcos“ in den Fokus rückt (oder auch nur am Rande anspricht) lassen sich akkurat historisieren. Eine Geschichte wie die von Pablo Escobar muss man nicht künstlich aufbauschen, der tatsächliche Werdegang von El Patrón war so oder so schon weitaus größer als das Leben selbst. Als Zuschauer wird man von der ersten Episode an in diese Welt gezogen, man wird über die Etablierung des industrialisierten Drogenhandels durch Laboratorien im Dschungel aufgeklärt, man wird in Kenntnis darüber gesetzt, wie Pablo Escobar zum Volksheld erklärt wird und als kolumbianischer Robin Hood sein soziales Gewissen auslebt: Neben seinem dekadenten Posten als Don Pablo, hat Escobar Krankenhäuser bauen lassen und Geld an Bedürftige verteilt. Und da stoßen wir auch die motivische Essenz von „Narcos“: Die Serie nämlich tastet ganz gezielt Grauzonen ab, fragt, wie viel Gutes ein böser Mensch tun kann und hebelt diese Kategorisierung entschieden aus. Die DEA-Agenten Murphy und Javier Pena (Pedro Pascal, „Game of Thrones“) werden da schnell zu emotional verhärteten Produkten ihrer auslaugenden Ermittlungsarbeit.

Dass das um ein Höchstmaß an Authentizität bestellte „Narcos“ nie den Fehler begeht, Pablo Escobar, von dem eine schier unglaubliche politische wie wirtschaftliche Macht ausging, zu glorifizieren oder zu dämonisieren, ist unabdingbar für die ambivalente Strahlkraft dieser Person. Und ein solcher Mensch, ein popkulturelles Phänomen, das Jahrzehnte die Medienlandschaft dominiert hat, den Staat derart verbog und in seinen Grundfesten erschütterte, wie es ihm beliebte, benötigt einen formidablen Charakter-Darsteller. Wagner Moura, bekanntlich der Lieblingsschauspieler von José Padilha („Robocop“), darf man gut und gerne als berauschende Idealbesetzung vorstellen: Mit Kugelbauch und Schnauzbart hat er rein äußerlich erst einmal nichts Bedrohliches, doch seine Performances ist von einer Aura umklammert, die seine anwidernde Skrupellosigkeit zu jeder Zeit verdeutlicht. Was Moura hier macht, ist beeindruckend, weil es so nuanciert ist, dass einen die Diabolik von Pablo Escobar nicht nur ins Gesicht springt, sondern auch in seiner ganzen manischen Durchtriebenheit von hinten am Kragen packt. Im Endeffekt ist es die Relativität zwischen Gut und Böse, die „Narcos“ herausstellt – und einen besseren Ankerpunkt als Pablo Escobar kann man sich dafür nicht vorstellen.


Technischer Part

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Die Blu-ray von Polyband (Veröffentlichung: 1. September) überzeugt durch eine gestochen scharfe Bildauflösung sowie das saubere Sounddesign. Dazu ist auch das Bonusmaterial nicht zu knapp bemessen: Es gibt ein Making-of, Interviews mit Cast & Crew, eine ganze Reihe Deleted Scenes und Audiokommentare, die das Seherlebnis nachhaltig grundieren. Der Umfang von drei Discs wurde dementsprechend ordentlich ausgenutzt.




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