4.9

MB-Kritik

Wicked: Teil 2 2025

Fantasy, Family, Musical

4.9

Inhalt

WICKED: TEIL 2 ist das abschließende Kapitel der unerzählten Geschichte der Hexen von Oz. Elphaba und Glinda haben sich entzweit und müssen nun mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen leben. Elphaba, die inzwischen als Böse Hexe des Westens verteufelt wird, lebt im Exil in den Wäldern, wo sie ihren Kampf für die Freiheit der zum Schweigen gezwungenen Tiere fortführt. Verzweifelt versucht sie, die Wahrheit über den Zauberer ans Licht zu bringen. Unterdessen ist Glinda für ganz Oz zum strahlenden Symbol des Guten geworden. Sie lebt im Palast in der Smaragdstadt und schwelgt in den Annehmlichkeiten von Ruhm und Ansehen. Auf Anweisung von Madame Akaber dient Glinda als schillernde Trostspenderin, die den Bewohnern von Oz versichern soll, dass unter der Herrschaft des Zauberers alles zum Besten steht.Zwar wächst Glindas Ruhm immer weiter und die spektakuläre Hochzeit mit Prinz Fiyero steht unmittelbar bevor, doch noch immer leidet sie unter der Trennung von Elphaba. Obwohl sie sich bemüht, eine Versöhnung zwischen Elphaba und dem Zauberer herbeizuführen, entfernen sich die beiden Freundinnen nur noch mehr voneinander. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf Moq und Fiyero, sondern gefährdet auch die Sicherheit von Elphabas Schwester Nessarose – und plötzlich kommt auch noch ein Mädchen aus Kansas ins Spiel. Als sich ein wütender Mob gegen die vermeintlich Böse Hexe erhebt, müssen Glinda und Elphaba ein letztes Mal zusammenfinden. Ihre außergewöhnliche Freundschaft ist der Schlüssel zu ihrem Schicksal, und es bleibt ihnen nur, einander in schonungsloser Ehrlichkeit und tiefem Mitgefühl zu begegnen, um sich selbst und ganz Oz zum Guten zu verändern.

Kritik

Wicked gehört zu den Musicalstoffen, die ein weltweites Publikum über Jahre in ihren Bann gezogen haben. Die Vorgeschichte zu Der Zauberer von Oz (1939) nimmt eine der bekannte Figure – die grüne Hexe Elphaba – und erzählt ihre Entwicklung von der missverstandenen Außenseiterin zur moralisch ambivalenten Symbolfigur eines zutiefst gespaltenen Reiches. Der erste Film setzte diesen Stoff mit massivem Aufwand um und beeindruckte vor allem durch seine visuelle Opulenz: prächtige Sets, glitzernde Kostüme, liebevoll gestaltete Details und eine märchenhafte Welt, die trotz ihrer Effektdichte nie völlig künstlich wirkte. Regisseur  (Crazy Rich ) schuf ein audiovisuelles Spektakel, das zwar erzählerisch eher auf bekannten Bahnen fuhr, aber durch schillernde Schauwerte und starke musikalische Momente begeistern konnte.

(Luther: The Fallen Sun) und Popstar (Don't Look Up) bildeten damals das emotionale Zentrum. Erivo überzeugte mit starker stimmlicher Präsenz und einer fein nuancierten Darstellung, während Grande ihre Figur durch Bühnencharisma und spielerische Leichtigkeit prägte. Die Chemie der beiden trug viel dazu bei, dass der erste Teil trotz typischer Musical-Überwältigung immer wieder Momente echter Emotionalität fand.

Wicked: Teil 2 verzichtet vollständig darauf, Geschehnisse aus dem Vorgänger zusammenzufassen oder Handlungspunkte ins Gedächtnis zu rufen. Wer bestimmte Verbindungen, Allianzen oder frühere Wendungen nicht mehr präsent hat, muss sich selbst orientieren.  Optisch knüpft der Film nahtlos an die Stärken des Vorgängers an. Die CGI-Effekte wirken erneut hochwertig, die Sets bleiben prachtvoll und zeigen eine märchenhafte Haptik, die man im modernen Blockbusterkino nicht mehr oft findet. Die Welt von Oz glänzt und funkelt, ohne dabei seelenlos zu wirken. Auch musikalisch gibt es wieder eine breite Palette an Songs, doch keiner erreicht die magnetische Kraft, die Defying Gravity im ersten Teil entfaltete. Die Nummern sind stimmungsvoll und liebevoll inszeniert, allerdings ohne diesen einen Moment, der sich dauerhaft in die Erinnerung brennt.

Während Erivo erneut ihre herausragenden Qualitäten unter Beweis stellt, spürt man bei Grande deutlicher die Grenzen. Immer dann, wenn Glindas Welt emotional erschüttert wird, zeigt Grande zwar Engagement, doch ihr Spiel wirkt weniger organisch und weniger sicher als noch im ersten Film. Die leuchtende Bühnenfigur, die sie damals so selbstverständlich verkörperte, macht nun Platz für eine Figur voller Unsicherheiten und innerer Brüche – und genau diese dramatischeren Nuancen scheinen Grande nicht immer zu liegen. Erivo hingegen bleibt der verlässliche Kern des Films, kraftvoll, verletzlich, stimmlich souverän.

Ein entscheidender Unterschied zum Vorgänger liegt in der politischen Intensität. Schon der erste Film besaß gesellschaftliche und moralische Spannungen an, doch die Fortsetzung bringt diese Elemente viel stärker in den Vordergrund. Propaganda spielt eine deutlich zentralere Rolle. Gleichzeitig bleibt diese politische Dimension auffallend vereinfacht. Die Konflikte wirken skizziert, selten vertieft, und oftmals steuert der Film seine Botschaften so eindeutig aus, dass kaum Raum für Ambivalenzen bleibt.

Doch diese Simplifizierung passt gut zum erzählerischen Grundton der Welt von Oz, der ohnehin stets zwischen Märchenhaftigkeit und moralischem Lehrstück schwebt. Zudem kehren nun mehrere bekannte Figuren aus dem Oz-Kosmos zurück – jedoch nie in der Form tiefergehender Charakterstudien. Dorothy etwa taucht lediglich über ikonische Signale auf: mehr als ihre glitzernden Schuhe bekommen wir nicht zu sehen. Es ist ein charmantes Augenzwinkern, doch es verstärkt ebenfalls den Eindruck, dass der Film sich vor allem an Motive statt an Vertiefung wagt.

Wicked: Teil 2 erzählt spürbar temporeicher. Konflikte spitzen sich rascher zu, Schauplätze wechseln schneller, die Handlung treibt unbeirrt auf ihr Finale zu. Doch sobald einzelne Songs einsetzen, bremst der Film dieses Tempo abrupt ab, was zu einer leicht unrunden Dynamik führt. Einige dieser musikalischen Einschübe wirken dramaturgisch eher hinderlich, weil sie emotional nicht genügend vorbereitet sind, um das verlangsamte Erzähltempo zu rechtfertigen. Besonders problematisch zeigt sich dies an einem zentralen Schicksalsschlag, der Elphaba eigentlich tief treffen müsste. Die emotionale Reaktion ist jedoch derart knapp gehalten und dramaturgisch uneben, dass sie verwirrend wirkt. Man spürt, dass der Film an dieser Stelle weiterziehen möchte, ohne die Konsequenzen wirklich auszuarbeiten.

Das Finale schließlich gerät unerwartet gehetzt. Während der erste Teil Neugier auf die Auflösung schürte, wirkt Wicked: For Good in den entscheidenden Momenten, als wäre ihm die Zeit davongelaufen. Das Ergebnis ist ein Abschluss, der zwar äußerlich versöhnlich erscheint, bei genauerem Nachdenken jedoch eine fast zynische Note trägt. Die moralische Bilanz ist deutlich ambivalenter, als es der erste Blick vermuten lässt.

Fazit

Der Abschluss von „Wicked“ glänzt erneut mit prachtvoller Optik, einer stärkeren politischen Note und einer souveränen Cynthia Erivo. Es bleibt großes Kino für die große Leinwand und noch größere Herzen. Doch dramaturgisch wie narrativ stolpert der zweite Teil deutlich häufiger über seine eigenen Ambitionen als sein Vorgänger.

Autor: Sebastian Groß
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