6.4

MB-Kritik

The Accountant 2 2025

Action, Drama, Crime

6.4

Ben Affleck
Jon Bernthal
Cynthia Addai-Robinson
J.K. Simmons
Allison Robertson
Alison Wright
Daniella Pineda
Robert Morgan
Grant Harvey
Andrew Howard
Yael Ocasio
Lombardo Boyar
Michael Tourek
Fernando Chien
Abner Lozano
Talia Thiesfield

Inhalt

Christian Wolff (Ben Affleck) hat ein Talent dafür, komplizierte Probleme zu lösen. Als ein alter Weggefährte ermordet wird und eine kryptische Nachricht hinterlässt, in der es heißt, man solle „den Accountant finden“, ist Wolff gezwungen, sich des Falls anzunehmen. Bald erkennt er, dass drastische Schritte unumgänglich sind. Also zieht er seinen entfremdeten und hochgefährlichen Bruder Brax (Jon Bernthal) als Verstärkung heran. Gemeinsam mit Marybeth Medina (Cynthia Addai-Robinson), der stellvertretenden Direktorin des US-Finanzministeriums, decken sie eine tödliche Verschwörung auf. Dadurch geraten sie ins Visier eines skrupellosen Netzwerks von Killern, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Geheimnisse zu vertuschen.

Kritik

Der späte Erfolg von The Accountant kam vielleicht etwas unerwartet. Als der Film 2016 erschien, wurde er von vielen zunächst als solider Genre-Vertreter abgetan – professionell, aber unauffällig. Und doch entwickelte sich daraus eine nachhaltige Popularität, die nicht zuletzt Streamingdiensten wie Netflix oder Prime Video zu verdanken ist, auf denen der Titel immer wieder erfolgreich reüssierte. Dass das Sequel erst neun Jahre später erscheint, dürfte zwar auch pandemiebedingten Verzögerungen sowie Streiks und vollen Terminkalendern geschuldet sein, doch es liegt ebenso nahe, dass der Film lange schlichtweg niemandes Priorität war – obwohl er bei einem Produktionsbudget von 44 Millionen US-Dollar weltweit beachtliche 155 Millionen einspielte.

Gerade diese beinahe beiläufige Art, mit der sich The Accountant seinerzeit ins kollektive Genrebewusstsein schlich, macht ihn heute so reizvoll. Denn was auf den ersten Blick wie ein konventioneller Action-Thriller erscheint, entpuppte sich schon damals als überraschend exzentrisches Unterfangen – allerdings auf eine wunderbar nüchterne, fast schon stoische Weise. Die Prämisse – ein autistischer Buchhalter, der als Auftragskiller im Auftrag zwielichtiger Organisationen agiert – klang bereits beim ersten Teil nach einer Parodie auf das Genre. Doch statt mit Ironie oder Meta-Humor zu arbeiten, inszenierte Regisseur Gavin O’Connor (Warrior) das Geschehen mit vollkommenem Ernst. Das Ergebnis war ein Film, der sich selbst nie infrage stellte und dadurch eine ganz eigene Form von Glaubwürdigkeit erzeugte – so bizarr seine erzählerischen Wendungen auch waren.

Diese ungewöhnliche Tonalität führt nun auch die Fortsetzung nahtlos weiter. In The Accountant 2 wird Christian Wolff (Ben Affleck) mit der Aufklärung eines Mordfalls an einem früheren Vertrauten beauftragt. Natürlich bleibt es nicht bei einem simplen Whodunit: Schon bald verstrickt sich Wolff in ein Geflecht aus Verschwörungen, Konfrontationen und persönlichen Verwicklungen. Dabei tauchen zahlreiche Figuren auf, jede mit eigenem narrativen Gepäck – was die Dramaturgie mitunter überdehnt, dem Film aber eine reizvolle Vielstimmigkeit verleiht. Zwar droht das Geschehen streckenweise aus dem Ruder zu laufen, doch das Drehbuch von Ozark-Schreiber Bill Dubuque (aus seiner Feder stammt auch Teil eins) schafft es, immer wieder unterhaltsame Facetten einzustreuen, die die Struktur zusammenhalten.

O’Connor bleibt seinem inszenatorischen Ansatz treu: Statt Hochglanz-Choreografien à la John Wick präsentiert er schnörkellose Action, die an die Ästhetik klassischer Shootouts erinnert. Geradlinig, rau, effektiv. Auch die ruhigeren Passagen funktionieren überraschend gut – vor allem durch das Zusammenspiel von Affleck und Jon Bernthal, der erneut Christian Wolffs ungestümen Bruder Braxton verkörpert. Die Dynamik zwischen dem stoischen Zahlenmenschen und dem impulsiven Haudegen sorgt für ein Spannungsverhältnis, das sowohl emotional als auch humoristisch tragfähig ist. In einer Szene sinniert Braxton etwa darüber, wie viele Menschen heutzutage unfähig seien, ein vernünftiges Gespräch zu führen – ironischerweise, während sein eigenes Verhalten jede Form von Dialog nahezu verunmöglicht.

Überhaupt überrascht The Accountant 2 durch einen subtilen, beinahe trockenen Humor, der das Geschehen durchzieht, ohne es ins Lächerliche zu ziehen. Wenn Christian etwa völlig ungerührt einen Line-Dance entdeckt oder mit todernster Miene den absurdesten Situationen begegnet, offenbart sich ein feiner Tonfall, der irgendwo zwischen lakonischem Witz und skurriler Ernsthaftigkeit changiert.

Zugegeben: Die Fortsetzung bleibt nicht frei von Längen. Gerade in den emotional aufgeladenen Szenen zwischen den Brüdern verliert der Film zuweilen an Tempo. Doch die Chemie der Hauptdarsteller – allen voran Affleck, dessen zurückhaltendes Spiel den Charakter mit unerwarteter Tiefe versieht – trägt diese Passagen.

Am Ende ist The Accountant 2 weniger ein Neuanfang als eine stimmige Fortschreibung. Das Werk bleibt seinem Vorgänger treu – mit all seinen Eigentümlichkeiten, seinem eigenwilligen Charme und seinem seltsam liebenswerten Ernst. Es ist ein Film, der mit seinem Hang zur Überzeichnung kokettiert, ohne je in den Zynismus abzurutschen. Wer sich auf diese eigenartige Mischung aus klassischem Thriller, verschrobenem Figurenporträt und beinahe grotesker Überhöhung einlässt, wird mit einer Fortsetzung belohnt, die keine Revolution bietet, aber sehr wohl eine konsequente Weiterentwicklung – und das ist in einer Zeit kalkulierter Franchises fast schon ein kleines Kuriosum.

Fazit

„The Accountant 2“ ist wie sein Vorgänger vor allem eins: zwar blanker Unfug, aber gut inszeniert, solide konstruiert und überraschend unterhaltsam – ein Film, der als klassischer Actionthriller ebenso funktioniert wie als stoische Genre-Parodie.

Autor: Sebastian Groß
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