Inhalt
Nach 15 Jahren wegen Bankraub wird Anker aus dem Gefängnis entlassen. Die Beute hat damals sein Bruder Manfred vergraben, der seit seiner Kindheit an einer Identitätsstörung leidet. Dass er so lange auf seinen Bruder warten musste, ist Manfred nicht gut bekommen. Er hat seine psychische Störung weiter ausgebaut und sich ganz und gar der Musik verschrieben. An das Geld und daran, wo er es vergraben hat, kann sich Manfred logischerweise nicht mehr erinnern. Anker bringt seinen Bruder zurück in ihr gemeinsames Elternhaus, das jetzt von einer Boxerin über Airbnb vermietet wird, in der Hoffnung, dies könnte die Erinnerung an sein früheres Ich auslösen. Anker hat keine Zeit zu verlieren. Denn sein Komplize von damals, Friendly Flemming, ist ihnen auf den Fersen und beansprucht die Beute für sich. Doch in den dunkelgrünen Wäldern Dänemarks wartet nicht nur ein Haufen Geld auf ihn, sondern auch der tiefe Schmerz einer verletzten Kinderseele.
Kritik
Wie oft kann ein Film den gleichen Witz abliefern, bevor er nicht mehr komisch ist? Die Frage umgeht Anders Thomas Jensens Ganoven-Groteske weiträumig. Was das jüngste Werk des dänischen Regisseurs als lustig vorlegt, sagt nichts über nordischen Humor oder die Grenzen guten Geschmacks. Dafür sagt die außer Konkurrenz aufgeführte Venedig-Premiere alles über die Normalisierung rechts-populistischen Gedankenguts. In parodistischer Maske wird aggressive Intoleranz popularisiert. Gärende kleinbürgerliche Aggressionen gegen alle, die nicht in traditionalistische Normgefüge passen, werden als bedrängte „Normalität“ verteidigt.
Schon bevor die eigentliche Handlung der kruden Krimi-Klamotte beginnt, transportiert deren Sicht auf Toleranz und Integration ein Cartoon. Darin geht es um die titelgebenden Wikinger, von denen Mads Mikkelsens (Mufasa: Der König der Löwen) heimlicher Hauptcharakter der letzte sein will. In diesem animierten Prolog mit Scherenschnitt-ähnlichen Figuren möchte ein Wikinger-Anführer Gleichberechtigung und allseitigen Respekt in seinem Dorf. Weil aber ein Klans-Mitglied einen Arm verloren hat und daher benachteiligt ist, gibt es nur einen Ausweg: allen wird ein Arm abgehakt, damit Fairness herrscht.
Die Message ist unmissverständlich: Akzeptanz und Integration sind wahnwitzige Gewalt gegen diejenigen, die nicht beeinträchtigt sind, und endet im Extremfall in einem Blutbad. Folglich ist laut der dumpfen Mär um zwei ungleiche Brüder die einzige vernünftige Lösung die aufgezwungene Anpassung derer, die aus dem Rahmen fallen. Wie Manfred. Der ältere Bruder des nach 15 Jahren frisch aus dem Knast entlassenen Bankräubers Anker (Nikolaj Lie Kaas, Frankenstein) zeigt die ableistische Karikatur einer psychischen Erkrankung: er klaut Hunde und glaubt, er sei John Lennon.
Für Anker ist das schlecht, denn nur Manfred erinnert sich, wo er damals das im Auftrag seines Bruders das Geld vergraben hat. Die Tour zum Waldhaus, in dem die Brüder ihre traumatische Kindheit verbrachte, und um das irgendwo das Geld ruht, ruft neue Freunde und alte Feinde auf den Plan. Die abstruse Kombi aus Krimi und Buddy-Movie zelebriert eine ätzende Mixtur aus willkürlichen Gewaltexzessen, Macho-Pathos und rechts-konservativer Häme. Wenn Menschen ihren Namen oder Personenwahrnehmung ändern, gilt das als lachhaft.
Fazit
In der faden TV-Optik einer alten Tatort-Folge zelebriert Anders Thomas Jensen seinen rechts-konservativen Krimi-Klamauk als zynische Parabel auf unverbrüchliche Männerfreundschaft und brüderliche Blutsbande. Sadistische Grausamkeit, vorzugsweise gegen Kinder und Tiere, dient als Material für pseudo-provokante Witze und bemüht harscher Gegenpol des biederen Grundtons familiärer Werte. Letzter trägt neben dem ungelenken Skript dazu bei, dass Spannung und Genre-Flair nicht aufkommen. Visuell austauschbar, schauspielerisch mechanisch und narrativ unerträglich borniert, ist die gehässige Gaunerkomödie traurig zeitgemäß mit ihrer durch die Titelfiguren evozierten Verklärung altväterlicher Werte.
Autor: Lida Bach