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"Legion" - Staffel 1 - Kritik

MrDepad

Von MrDepad in "Legion" - Staffel 1 - Kritik

"Legion" - Staffel 1 - Kritik Bildnachweis: © FX Networks

Story

David Haller, bereits als Kind als schizophren diagnostiziert, war über Jahre hinweg in zahllosen psychiatrischen Einrichtungen. Auch jetzt, mit Anfang 30, befindet er sich wieder in einer geschlossenen Abteilung. Dort versinkt er im alltäglichen Trott: Essen, Therapie, Medikamente, Schlaf. Den Rest der Zeit verbringt er mit Lenny, die sich ihren Optimismus trotz massiver Alkohol- und Drogensucht nicht nehmen lässt. Davids Routine wird durch die Ankunft der neuen und schönen Mitpatientin Syd Barrett unterbrochen. Beide fühlen sich nicht nur auf unerklärliche Weise zueinander hingezogen, David muss nach einer einschneidenden Begegnung mit Syd auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Stimmen, die er hört, und die Visionen, die er hat, real sein könnten. Nach der Flucht aus dem Krankenhaus führt Syd David zu Melanie Bird, einer Therapeutin mit unkonventionellen Methoden. Melanie und ihr Team eröffnen David eine außergewöhnliche Welt voller neuer Möglichkeiten...

Kritik

Nachdem es ihm mit Fargo gelungen ist, dem hoch geschätzten Kultfilm der Coen-Brüder (The Big Lebowski) in Serienform neues Leben einzuhauchen, indem er sich lediglich an der Atmosphäre und dem Setting der Regisseure orientierte und dieses daneben mit eigenständigen Figuren und Geschichten füllte, setzt Noah Hawley mit Legion seinen derzeitigen Siegeszug im Fernsehen fort. Die Adaption der Marvel-Comics rund um den Mutanten David Haller, welcher eng mit dem X-Men-Franchise verwoben ist, führt deutlich vor Augen, woran das Marvel Cinematic Universe, das nach wie vor mit riesigen finanziellen Erfolgen durch die Kinos wandert, schon eine ganze Weile krankt. Längst sehen Filme wie Iron Man 3, Thor: The Dark Kingdom, Avengers: Age of Ultron oder The First Avenger: Civil War nach genormter Corporate Identity aus, wobei den jeweiligen Regisseuren praktisch untersagt wird, eine eigene Handschrift in ihre Arbeiten einzubringen. Im Serienformat, in dem sich Hawley ohne strikte Produktionsvorschriften und allzu sichtbare Limitierungen austoben darf, nutzt dieser die seltene Narrenfreiheit prompt, um ein komplex verschachteltes Mindfuck-Labyrinth zu kreieren, das mit keiner Origin-Story zu vergleichen ist, die einem in den letzten Jahren bezüglich der Entstehung von Superhelden geboten wurde.

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Legion beginnt gewissermaßen da, wo für viele die Reise eher enden würde. In einer Nervenheilanstalt fristet Protagonist David seinen Alltag als paranoider Schizophrener, so lautet zumindest die Diagnose der Ärzte. Tatsächlich handelt es sich bei dem zerstreuten, launischen sowie dauerhaft überdrehten Patienten um eine tickende Zeitbombe, doch der Grund dafür liegt in einem Bereich verborgen, der sich mit rationaler Forschung nicht erklären lässt. Die Stimmen in seinem Kopf und die Gegenstände, die sich in Davids Umgebung ganz ohne Berührung in Bewegung setzen, stammen von telepathischen sowie telekinetischen Fähigkeiten, denen sich weder David noch sein Umfeld zu Beginn der Serie bewusst sind. Was in der Serie dabei genau vor sich geht, dürfte auch den meisten Zuschauern während der Pilotfolge und darüber hinaus meistens ein Rätsel bleiben. Hawley gestaltet den Auftakt als fiebrig-wirren Abstieg in Davids Psyche, wobei Zeit- und Bewusstseinsebenen munter übereinander geschoben werden, so dass das Spiel mit der Frage, was real ist und was sich nur in Davids Kopf abspielt, fast schon zu einer Art vergnüglichem Running Gag verkommt, der sich durch die gesamte erste Staffel zieht. 

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Durch die besondere Struktur, mit der Hawley den Eindruck eines unsortierten, wirren LSD-Fiebertraums erzeugt, bringt der Autor und Regisseur den Surrealismus ins gewöhnliche Fernsehformat zurück und erinnert neben David Lynchs (Lost Highway) und Mark Frosts (Storyville) ewigen Meilenstein Twin Peaks am ehesten an Hannibal-Schöpfer Bryan Fuller (Pushing Daisies), der die Serienwelt zuletzt mit einer ähnlich ästhetischen Radikalität erschütterte und an seine konventionellen Grenzen trieb. In Rückständen einer Handlung gerät David zwischen die Fronten eines Kriegs, der sich zwischen einer kleinen Gruppe anderer Mutanten, die Davids Psyche entwirren und dafür sorgen wollen, dass dieser eigenständig über seine Fähigkeiten herrschen kann, und einer geheimnisvollen Regierungseinheit namens Division 3, die Mutanten als Gefahr für die Menschheit betrachtet, anbahnt. Dabei spielt Lenny, eine alte Freundin von David, eine ebenso ominöse Rolle wie dessen Erinnerungsfragmente aus früher Jugend sowie ein ungebetener Gast, der sich offenbar in Davids Kopf eingenistet hat. Durch den höchst eigenwilligen Stil der Serie, in der eine herkömmliche Dramaturgie fast vollkommen verschleppt wird, gestaltet sich Legion durch die sinneserweiternde und zugleich rauschähnlich desorientierende Wirkung teilweise als Geduldsprobe. Als Zuschauer muss man sich darauf einlassen, dass Hawley und sein Team aus Autoren und Regisseuren nicht daran interessiert sind, die zahlreichen aufkommenden Fragen logisch aufzuschlüsseln, sondern sukzessiv tiefer in Davids gestörte Bewusstseinsschichten vorzudringen und nach Hintergründen sowie Lösungen für dessen belastenden Zustand zu suchen. 

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In den besten Momenten mutiert Legion daher zu einem audiovisuell betörenden Gesamtkunstwerk, das von experimentellen Spielereien und kreativen Kniffen wie Stummfilmsequenzen, wechselnden Bildformaten, hervorragend eingesetzten Songs und Musical-Einlagen durchzogen wird. Daneben verknüpft die Serie eingängige Schicksale der Figuren und dramatische Höhepunkte mit brillant-verzwickten Montagen. Die parallelen Ereignisse in verschiedenen Schichten des menschlichen Unterbewusstseins erinnern somit beispielsweise auch an Christopher Nolans (Memento) Inception, wo die reine Kraft der Gedanken im Traum ebenfalls ganze Welten entstehen lassen und nach Belieben umformen. Nach sieben Episoden, die die Augen zum Leuchten und den Kopf wiederholt förmlich zum Explodieren bringen, endet die erste Staffel geradezu gemäßigt und in vermeintlich realem Terrain. Es ist bezeichnend für den Charakter der Serie, dass dieser Umstand fast schon ernüchternd wirkt, denn die Vorstellung, dass eine bereits bestätigte zweite Staffel mit einer geradlinigen Handlung daherkommt, ist ebenso interessant wie irritierend. 

Fazit

Mit der ersten Staffel von „Legion“ gelingt es Serienschöpfer Noah Hawley wieder einmal bestens, Sehgewohnheiten und Konventionen auf den Kopf zu stellen. Die vermeintliche Origin-Story des telepathisch sowie telekinetisch begabten Mutanten David Haller entpuppt sich als komplex vertracktes Mindfuck-Labyrinth, in dem eine herkömmliche Dramaturgie zugunsten verwirrender Puzzle-Fragmente zwischen Realität und Illusion geopfert wird. Die Reise in Davids Unterbewusstsein ist ein audiovisuell betörender Trip, der sich mitunter als Geduldsprobe erweist, aber all diejenigen mit einem innovativen Serienerlebnis belohnt, die sich auf dieses originelle Stück surrealistischen Fernsehens einlassen können.

Die Blu-ray

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Die Blu-ray-Veröffentlichung aus dem Hause 20th Century Fox Entertainment (VÖ: 26. Oktober) präsentiert die erste Staffel der Serie in einer hervorragenden Bildqualität, bei der neben den satten Farben vor allem die brillante, detailreiche Schärfe punktet. Als Tonspuren sind der englische Originalton in DTS-HD 5.1, deutscher Ton in DTS 5.1 sowie Spanisch und Italienisch in 2.0 enthalten. Untertitel lassen sich auf Deutsch, Englisch, Spanisch oder Italienisch auswählen. Als Bonusmaterial befinden sich entfallene Szenen, ein gut 10-minütiges Special über die Entstehungshintergründe der Serie sowie sieben Promo-Featurettes auf der zweiten Disc.


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