Inhalt
Journalist Joe Weber zieht mit seinem Sohn Jeremy nach Salem's Lot in das verfallene Haus seiner Erbtante. In der Nacht trifft er die Tote wieder - lebendig, wie alle Vampir-Bewohner des Ortes. Sie wollen Joe überzeugen, dass es Schlimmeres gibt, als Blut zu saugen, zumal man sich in Salem's Lot dieser Tage offiziell von Rinderblut ernährt. Meistens jedenfalls. Als Joe mit dem schönsten Vampirmädchen ein Kind zeugt und Jeremy in die nächtliche Schule geht, scheinen sie als Bürger akzeptiert. Doch dann taucht der Vampirjäger Van Meer auf. Mit Hammer und Holzpfahl.
Kritik
Nicht überall wo Stephen King (The Long Walk) draufsteht, ist auch zwangsläufig Stephen King drin. Diese Faustformell galt bereits mitten in den 80er Jahren, als er schon zu den kommerziell erfolgreichsten Schriftstellern der Gegenwart galt, was sich bis heute – im stattlichen Alter von 77 Jahren – nicht geändert hat. Wobei Salem 2 – Die Rückkehr in der Tat die zweifelhafte Originalität zur Last wird, dass es das erste Sequel zu einer King-Adaption ist, das nicht direkt auf einer literarischen, sondern lediglich auf einer cineastischen Vorlage beruht. Ursprünglich gab es mal Salem’s Lot (in Deutschland: Brennen muss Salem), den ersten Stephen King-Roman aus dem Jahr 1975, der bis heute (nicht nur aus rein persönlicher Meinung des Rezipienten) zu den besten Werken des Autors zählt. Ein Schriftseller kehrt zurück in die Kleinstadt seiner Kindheit und muss feststellen, dass diese von Vampiren schleichend infiltriert wird, bis die letzte Konsequenz nur noch sein kann, die Pforten zur Hölle niederzubrennen. Ein grandioses Buch, das leider eine extrem misslungene Umsetzung generierte.
Dabei standen die Vorzeichen gar nicht so schlecht, obwohl der Stoff lediglich für TV und nicht für die große Leinwand vorgesehen war. Das musste man damals aber auch noch nicht zwingend erwarten, die Anlegung auf eine zweiteilige Miniserie und die Partizipation von Regisseur Tobe Hooper (Blutgericht in Texas) sprachen eher dafür, dass man die Vorlage relativ „artgerecht“ umsetzen würde. Genug Zeit für Plot- und Figurenentwicklung (im Roman essenziell) und ein Genre-erfahrener Handwerker, klang perfekt. Tja, schön wäre es gewesen, denn Brennen muß Salem aus dem Jahr 1979 erwies sich als kompletter Reinfall. Aus sonderbaren Gründen genießt diese Version auch heute noch einen gewissen Kultstatus, mit der famosen Vorlage hat diese radikal zusammengestauchte und teilweise sogar lächerlich inszenierte Version leider nicht mehr viel zu tun. 25 Jahre später gab es mit Stephen King: Salem’s Lot zumindest eine recht solide TV-Umsetzung, über die desaströse Kino-Version aus dem letzten Jahr wurden schon viel zu viele Worte verloren. So, und irgendwo dazwischen gab es dieses sehr unbemerkte, da auch direkt für den damals lukrativen, aber schmucklosen DTV-Markt konzipiertes Auftrags-Sequel, das eine sehr freie Weiterentwicklung der Tope Hooper-Adaption spinnt, aber eigentlich auch nichts damit zu tun hat. Eine direkte Totgeburt? Sollte man meinen, aber dank dem erfahrenen B-Movie Jongleur Larry Cohen (Die Wiege des Bösen) und so manch originellen Einfällen ist ausgerechnet dieser Film viel besser, als die meisten der direkten Adaptionen des Buches. Was insgesamt sehr bitter ist, für diesen Film aber eindeutig als Punktsieg gewertet werden muss.
Eins vorweg: wenn Salem 2 – Die Rückkehr irgendwie funktionieren darf, dann eindeutig nicht als Fortsetzung zu der literarischen Vorlage, noch zu der TV-Version von Tobe Hooper. Von beiden entleiht er sich lediglich das Setting, ignoriert aber deutlich jedwede echte Kohärenz. Journalist Joe (Michael Moriarty, drehte im selben Jahr mich Larry Cohen auch den Abschluss der It’s Alive-Trilogie Die Wiege des Schreckens) bezieht gemeinsam mit seinem entfremdeten Teenager-Sohn das heruntergekommen Haus seiner Ziehtante in Jerusalem’s Lot – dass nicht, wie eigentlich aus den Vorlagen gelernt niedergebrannt wurde, sondern eine Art Refugium für untergetauchte Blutsauger darstellt. Diese erwehren sich unliebsamer Besucher durch „Drohnen“ - sprich nicht verwandelter, aber versklavter Menschen –, und ernähren sich in der Regel durch Rinder- statt Menschenblut, um nicht großartig aufzufallen. Aber zu gewissen Feierlichkeiten gönnt man sich auch schon mal den guten Tropfen, so viel Spaß muss sein. Joe und Sohnemann gebührt aber die Ehre, nicht direkt verzehrt zu werden, denn mit ihnen hat man Großes vor. Sie sollen eingemeindet werden, frischen Input in die alte Gemeinde bringen und Joe kann als Autor ihre Chroniken niederschreiben. So der Plan und als sich die Beiden beinah damit arrangieren könnten, taucht plötzlich der greise Vampir-Jäger Dr. Van Meer (B-Movie-Kultregisseur Samuel Fuller, Schock-Korridor) auf und nun wird Salem dann doch noch (oder schon wieder?) abfackeln.
„Guten Tag, schlaf schön!“
In seiner Konzeption als reines Videotheken-Movie im Fahrwasser einer populären Stephen King-Adaption praktisch zum Tode vorverurteilt, holt Larry Cohen hiermit erstaunlich viel raus. Das beginnt schon beim markanten, relativ coolen Score und setzt sich in der kreativen Weiterentwicklung des Stoffs fort, die natürlich nichts mit den vorhergegangenen Ereignissen zu tun hat. Da wird eine ganz eigene Legacy gebastelt, die tatsächlich über ein paar ganz nette Ideen verfügt, immer wieder gefüttert durch ironische Details (in der „Abendschule“ wird in einer Szene im Hintergrund damit geworben, dass die Salem’s Lot Drama Society demnächst „Dracula“ aufführt) und sich so weit von der Vorlage distanziert, dass man auch mit deren Altlasten nichts mehr zu tun hat. Man kann diesen Film sogar völlig unabhängig von allem Vorangegangenen konsumieren und das tut ihm sogar gut, da er durch seine eigenen Einschläge auch funktioniert und eher daran scheitern würde, wenn man krampfhaft eine Kontinuität zu der misslungenen Erstadaption anstrebt.
Das Dargebotene ist immerhin besser als vermutet, aber natürlich auch weit entfernt von ideal. Salem 2 – Die Rückkehr hätte in seinen besten Momenten tatsächlich das Potential zu einem guten 80er-Jahre-Vampir-Horror, stolpert diesbezüglich aber immer mal wieder über sich selbst. Das atmosphärische Setting wird durchbrochen durch groteskes Make-Up nahe am Trash und einige wirklich gelungene Momente der Selbstironie (Samuell Fuller ist diesbezüglich pures Gold) lassen sich nicht immer von unfreiwilligem Humor glasklar trennen (das Finale ist leider dafür stellvertretend). Trotzdem ist dieser Film nicht nur das beste, inoffizielle King-Film-Sequel, sondern sogar um einiges besser, als einige „echten“ King-Film – inklusive der Erstadaption, die hierfür die Grundlage lieferte. Das hat zumindest einen eigenen Ansatz und ist sogar unabhängig davon verblüffend einfallsreich und ironisch. Was hochbudgetierten King-Filmen der letzten Jahr sehr gut zu Gesicht gestanden hätte.
P.S.: Dies ist auch noch das Debüt von Tara Reid (American Pie) - und selbst das fühlt sich für alles was hier passiert irgendwie passend an....
Fazit
Irgendwie seltsam, sehr schrullig, aber genau deshalb weit entfernt von belanglos. Mit etwas mehr Feinschliff hätte das sogar eine kleine Genre-Perle sein können. So ist „Salem 2 – Die Rückkehr“ zumindest ein zu Unrecht vergessenes Relikt aus alten VHS-Tagen, dass deutlich besser ist, als man allgemein erwarten dürfte. Lieber so was, als das x-te Remake von einem erprobten und bereits viel besser umgesetzten Stoff.
Autor: Jacko Kunze