Inhalt
Reicht es aus, allen Ärgernissen des Alltags aus dem Weg zu gehen und sich vor jeglichem Ärger zu schützen, um glücklich zu sein? Ein siebzigjähriger Professor glaubt, endlich glücklich zu sein. Er hat ein schönes Zuhause, eine anständige Rente, Freunde, mit denen er lachen kann, und eine Frau, mit der er schöne Stunden verbringt. Er widmet sich ausschließlich den angenehmen Dingen – bis sein Leben durch die Ankunft seiner Tochter, deren Ehe in der Krise steckt, und seiner beiden lärmenden Enkelkinder auf den Kopf gestellt wird. Neue Sorgen und Ängste, aber auch neue Bindungen. So beginnt sein Streifzug durch das Liebesleben anderer und auch sein eigenes, mit der Lektion, dass Liebe trotz aller Schwierigkeiten, Opfer und Nöte immer lebenswert ist.
Kritik
Kann persönliches Glück ohne heteronormative Monogamie und einen konservativen Familienbund wirklich existieren? Nein, lautet die unmissverständliche Antwort Gianni di Gregorios (Gianni und die Frauen) - oder zumindest seiner formelhaften Familienkomödie. Darin übernimmt der Regisseur und Drehbuchautor obendrein die Hauptrolle eines 70-jährigen Professors, der augenscheinlich alles hat. Seine fette Pension und gute Gesundheit genießt er in der luxuriösen Wohnung, in der ihm sein Hausangestellter Rashid die lästigen Haushaltsaufgaben abnimmt, mit seiner Freundes-Clique oder der Partnerin. Es braucht keine sonderliche Scharfsicht, um zu ahnen, was nun passiert.
Sein “von allen Ärgernissen und Anstrengungen des Lebens abgeschirmter“ Alltag wird gestört durch das unerwartete Auftauchen lebhafter Individuen. In diesem Fall seine Tochter (Greta Scarano, Nuovo Olimpo), die in einer Ehekrise steckt, und samt der beiden Enkelkinder bei ihm kurzerhand einzieht. Die Drei stören seine entspannte Routine auf eine lebensferne Art, die nicht nur die starre Klischeehörigkeit der schematischen Story exemplarisch vorführt, sondern auch deren Elitarismus. Dass Rashid den Enkelsohn um ein Minimum Respekt und Rücksicht bittet, wird als aberwitzige Anmaßung inszeniert.
Dass Rashid spontan kündigt - das Gehalt braucht er offenbar nicht - und ein Akademiker selbst putzen muss, ist der nächste Lacher. Allerdings lernt der Protagonist, der die übliche Entwicklung von anfänglicher Verärgerung zu großväterlichem Glück durchläuft, eine andere Lektion: Konservative Familienstrukturen sind das wahre Glück. Wer diese nicht hat, ist insgeheim traurig, wie es die altklugen Enkel an ihrem Opa sofort ansehen. Also muss er seine Affäre zur Partnerschaft aufbauen, der Tochter Ehe muss gerettet werden, und alle zusammen eine traditionsgemäße Familie bilden.
Fazit
So konformistisch wie die bourgeoise Botschaft hinter der glattpolierten Fassade Gianni di Gregorios Familienkomödie sind deren Inszenierung und Optik. Sonnige Farben, Settings wie aus dem Möbelkatalog und spießbürgerliche Kostüme konstruieren ein mittelständisches Vorbild, dem die konventionelle Erzählstruktur, fades Schauspiel und eine ruhige Kamera das Air harmonischer Warmherzigkeit verleiht. Die nichtigen Konflikte werden nicht gelöst, sondern übergangen. Der schöne Schein einer intakten Idealfamilie gilt mehr als individuelles Wohlbefinden und Authentizität. So bieder wie die verklärte Heuchelei sind der Humor und die manipulative Sentimentalität.
Autor: Lida Bach