DIE TOP 10 FILME 2018:
1. Auslöschung
Die organische Filmwelt schlechthin. Alex Garland zieht den Zuschauer für 2 Stunden in eine Blase aus Science-Fiction, Horror und Drama, formuliert interessante Fragen über die Existenz und die Befindlichkeit des Menschen rein über Atmosphäre und dichte Bildsprache. Die letzte halbe Stunde gehört zum mutigsten, was das Mainstream-Kino das Jahr über hervorgebracht hat. Die Vision ist der Mittelpunkt, nicht die Anbiederei. Das zeigen auch die Probleme, die der Film bei seiner Veröffentlichung hatte. Die große Leinwand wäre hier essentiell gewesen. Dass der Film trotzdem so überzeugt hat, spricht für die Platzierung.
2. Call Me by Your Name
Luca Guadagnino lehrt uns was es heißt zu leben. Wir sind mit ihm in Italien, genießen die Sonne, die Ruhe und die Kunst und lernen etwas Neues, Aufregendes kennen. Die Geschichte von Elio und Oliver strotzt vor Hingabe, Realismus und Sinnlichkeit und entlässt mit einer der bittersüßesten Abspannsequenzen überhaupt. Gänsehaut. Wie Urlaub.
3. Hereditary - Das Vermächtnis
Der Wahnsinn kehrt ein. Ari Aster stürzt sich mit seinen Zuschauern in die Untiefen von Trauer und Depression, lässt keinen Raum für Ruhe, für Katharsis, kein Moment des Aufatmens bis zum Schluss - nur Schmerz und Terror. Das ist so wunderbar gefilmt, so überragend gespielt und so erschütterlich unheimlich, dass Hereditary - Das Vermächtnis seinem Hype tatsächlich absolut gerecht wird.
4. Under the Silver Lake
Nach dem straighten It Follows überrascht David Robert Mitchell mit der wohl schönsten Form von Naivität, die es gibt. Auf geht es in eine fantastische Reise durch L.A., in der der überbewertete Sinn irgendwann abhanden geht und bei der es nur noch um die Lust am Erleben, am Eskapismus geht. Da wird Hollywood gleichsam verehrt wie kritisiert, da wird der Drang des Menschen hinauszuziehen und Abenteuer zu erleben auf unsere moderne Welt übertragen und damit ein ganz eigenes, zauberhaftes Universum kreiert.
5. Der Seidene Faden
Perfektionismus - was soll man auch anderes erwarten? Hinter der Kamera zieht der inszenatorische Perfektionismus ein, davor der darstellerische. Zwei Narzissten erzählen über einen Narzissten. Selten passte das wohl so gut zusammen wie hier. Das ist romantisch, unheimlich und trotz der erzählerischen Kälte äußerst intim. Auch eine kühle Oberfläche kann einen warmen Kern beherbergen.
6. You were never really here
Lynne Ramsay studiert den Selbstzerstörungstrieb und Joaquin Phoenix kostet diesen auf der Leinwand aus. You were never really here ist der Abstieg in einen zerstörten, suizidalen Geist, sowohl darstellerisch wie inszenatorisch. Das bleibt hängen.
7. Roma
So persönlich wurde es wohl das ganze Jahr über nicht. Alfonso Cuarón zementiert sich final als Meister des Filmhandwerks und darf hier sogar erzählerisch mitreißen.
8. Avengers: Infinity War
Als unmögliches Unterfangen wurde es angekündigt, als zwangsläufige Enttäuschung erwartet. Aber Marvel darf noch überraschen. Das Handling der Figuren ist bemerkenswert, die Action groß, der Ausgang unheimlich. Endlich ein paar frische Emotionen im MCU, endlich ein guter Bösewicht, endlich eine epische Ernsthaftigkeit. Und das ohne die eigene Identität dieser Reihe zu verändern. Großes Lob.
9. Bad Times at the El Royale
Tarantinos Bester Film seit Inglourious Basterds ... und dann ist der nicht einmal von Quentin Tarantino. Drew Goddard verbeugt sich tief - ganz tief - vorm Kino der 90er und dem Stil der 60er und tobt sich inszenatorisch und inhaltlich so richtig aus. Da verliert er zwar ab und zu den Faden, darf aber trotzdem ganz er selbst sein; sein eigenes Ding machen. Hier sieht man ungefilterte Filmfreude auf der Leinwand.
10. The Florida Project
In geradzu dokumentarischer Intimität lässt uns Sean Baker die Welt wieder durch Kinderaugen sehen. Etwas Besonderes!
Ebenfalls erwähnenswert:The Ballad of Buster Scruggs , Widows - Tödliche Witwen, Mary Poppins Rückkehr, Lady Bird, Spider-Man: A New Universe
DIE FLOP 5 FILME 2018:
1. Jurassic World: Das gefallene Königreich
Der schlechteste Film des Jahres ist das hier sicher nicht. Aber ein Paradebeispiel dafür, wie endlose, dumpfe, kreativlose Franchiserei einer tollen Grundlage die Seele nehmen kann. Das hier ist eine Marke, ein Label auf die große Leinwand projiziert, die absolut sichere Karte, die Stumpfheit zelebriert. Die Magie des Eskapismus, die nur noch zweckenfremdet wird. "Das sind Dinos, die mag eh jeder. Da brauchen wir uns nicht anstrengen." Tut mir sehr Leid für J.A. Bayona.
2. Death Wish
Eli Roth mag coole Typen, Bruce Willis wäre gern ein cooler Typ. Coole Typen haben Waffen, beschützen ihre Frauen und Kinder und töten die Bösen aus den fremden Ländern. Echte Helden eben. Da kann Eli Roth seinen Film mit so viel fadenscheiniger "Satire" umschleiern wie er will, der Kern bleibt absolut verwerflich.
3. Das Zeiträstel
Der Versuch einem Disney-Blockbuster eine eigene Vision zu verleihen in ultimativ gescheiterter Form. Wie ein zerschnittenes Puzzle - kein farbenfrohes Teil passt auf dass andere. Das Ergebnis ist hässlich, wenn auch nicht ganz uninteressant.
4. Mute
Duncan Jones fabriziert den langweiligsten Film des Jahres? Trotz grandioser Vorzeichen, einem coolen Stil und interessanten Visuals? Eine Schande.
5. Phantastische Tierwesen 2: Grindelwalds Verbrechen
J.K. Rowling erbricht sich auf der Leinwand. Selten kann man direkt vor sich auf der Leinwand miterleben, wie den Machern die Zügel überwilder Schöpfungswut aus den Händen gleiten. Ohne Sinn, ohne Verstand. Aber hübsch sieht's aus.
Ebenfalls erwähnenswert: Rampage - Big meets bigger, Meg, Predator - Upgrade, Venom
GEHEIMTIPPS aus dem Jahr 2018:
Nur Gott kann mich richten - Wer hätte es gedacht? Aber das deutsche Genrekino lebt.
Searching - Ein Gimmickfilm, der erst durch sein Gimmick so richtig aufblühen darf.
The Endless - Ein kleines, feines, höchstgradig eigenes Filmerlebnis.
Piercing - Nicolas Pesce kreuzt Töne, die nicht zu kreuzen sind. Cool.
10 MOST WANTED FILME 2019:
Ad Astra
Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt
Avengers: Endgame
At Eternity's Gate
John Wick: Chapter 3
Godzilla: King of Monsters
Grudge
Once Upon a Time in Hollywood
Joker
Star Wars: Episode IX
MEIN SERIENJAHR 2018:
Mein Serienjahr 2019 steht dem Kinojahr 2019 mal wieder in vielen Punkten nach. Dennoch konnte ich wieder ein paar schöne Stunden in den Welten der Serialität verbringen. Marvel Netflix verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr immens, sowohl die zweite Season von Jessica Jones als auch von Luke Cage zeigten, dass die Macher einen Lernprozess durchgemacht haben. Und obwohl Daredevil Season 3 für mich nicht ganz an die Vorgängerstaffeln herankam, war auch dieses Abenteuer mit Matt Murdock wieder äußerst befriedigend. Schade, dass Netflix trotz des qualitativen Aufschwungs den Stecker gezogen hat.
Sonst war mein Serienjahr gezeichnet von gutem Durchschnitt. Legion kippte für mich in Staffel 2 ein ums andere Mal in den leeren Selbstzweck, stellt aber immer noch eine unheimlich besondere Serie dar, The Haunting of Hill House verlieh einer ausgeleierten Geschichte neuen Wind, The End of the f***ing World überraschte mit kanckiger Inszenierung und Erzählung und Disenchantement konnte trotz seines lahmen Humors irgendwie mit den eigenen Figuren verzaubern.
Highlight des Jahres war für mich die fünfte Staffel von BoJack Horseman. Wie unheimlich sich diese Serie gebessert hat, wie kreativ hier erzählt und inszeniert wird, kann ich nur als absolute Ausnahme beschreiben. Und das obwohl ich ja nur so "wenig" Serien gucke.
FAZIT:
Es wurde wieder ein wenig magischer dieses Jahr. Letztes Jahr prägte mein Kinojahr vor allem die Symbiose aus Drama und Komödie, dieses Jahr finden sich wieder mehr Filme, die den puren Eskapismus zelebrieren in meiner Top 10. Drama, Science-Fiction, Horror und große Blockbuster sind ebenfalls vertreten, was darauf hindeutet, dass dieses Jahr in jedem Genre eine eigene Perle zu bewundern war. Zwar fehlte mir ein absoluter Überraschungskracher, insgesamt bin ich über die allgemeine Qualität der 2018-Filme aber sehr zufrieden. Um es kurz zu machen: Kino, Kino, myamm, myamm, myamm.