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Der 272 Kilogramm schwere Englischprofessor Charlie versucht sich seiner 17-jährigen Tochter Ellie wieder anzunähern. Dafür bietet er ihr an, als Ghostwriter ihre Schulaufsätze zu verfassen. Charlie und Ellie entfremdeten sich, nachdem er seine Familie verlassen hatte, um mit seinem schwulen Liebhaber zusammenzuleben. Als dieser starb, wandte sich Charlie aus Trauer dem zwanghaften Essen zu.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Sein eigenes Bild bleibt während den Online-Kursen, die Charlie (Brendan Fraser, Die Mumie) aus seinem New Yorker Apartment gibt, stetig schwarz. Seine Kamera sei kaputt, erzählt er seinen Studierenden, aber in Wahrheit will er das, was sich hinter ihr verbirgt, niemandem zutrauen, denn Charlie wiegt über 272 Kilogramm und kann sich nur noch mit Gehhilfen durch seine komplett vermüllte Wohnung bewegen. Darren Aronofskys (Black Swan) achter Spielfilm The Whale zeigt sich aber intrusiv genug, um hinter die Fassade zu blicken, wenn schließlich das erste was wir von seinem Protagonisten zu sehen bekommen seine Masturbation zu einem Schwulenporno ist. In dem Moment, als Charlie den Orgasmus erreicht beginnt ein Schmerz in seiner Brust ihn zu zerfressen, das erste Anzeichen auf einen bald drohenden Herzinfarkt. Seine beste Freundin Liz (Hong Chau, Downsizing) misst bei ihm schließlich einen alarmierenden Blutdruck von 136 zu 126, was Charlie aber wenig zu kümmern scheint. The Whale ist das Porträt eines Mannes, der sich aufgegeben hat und bereits jenes erste Bild von Charlie spricht Bände über die Seele des Films: Ein Höhepunkt, der eigentlich ein Tiefpunkt ist. Beides geht in nahezu allen Filmen Aronofkys permanent Hand in Hand, egal ob drogenabhängige Coney Island-Kinder in Requiem for a Dream oder von Perfektion besessene Ballerina in Black Swan: Seine Charaktere wollen die Ekstase und finden ihren Untergang. Was Charlie in dieser Riege unterscheidet ist das er bewusst den Untergang sucht. Paradoxerweise, oder auch logischerweise, ist das was ihn erwartet vielleicht die Vergebung. Nahezu vollständig auf eine Wohnung beschränkt gestaltet sich The Whale als der visuell reduzierteste aber in seinem Herzen wohl extremste Film des Regisseurs, wenn er diesen spektakulär auf der hauchdünnen Linie zwischen manipulativem Elendsporno und aufrichtiger Verhandlung der menschlichen Kondition inszeniert. 

Es ist ein Projekt welches Aronofsky seit fast einer ganzen Dekade zu realisieren versuchte und welches zu wohl keinem passenderen Zeitpunkt, sei es in seinem Gesamtwerk oder in dem seines Hauptdarstellers, hätte erscheinen können. Ganz im Stil der Theatervorlage von Samuel D. Hunter beschränkt sich sein Film nahezu ausschließlich auf die Wohnung von Charlie, dessen graue Wände dieser sich weigert zu verlassen und es auch wahrscheinlich längst nicht mehr kann, zu schwach ist sein Körper, zu zwanghaft sein Essverhalten. Dabei passt sich Aronofsky an diesen limitierten Rahmen an und hält sich mit seinen typisch visuellen Spielereien angenehm zurück. Stattdessen begrenzt er die Leinwand auf einen 4:3 Rahmen um so einen spärlich gewährten Blick in das Leben dieser gebrochenen Seele werfen, die für sich keine Hoffnung mehr sieht. Brendan Fraser frisst, würgt, robbt, kämpft, schluchzt und quält sich durch diese Kulissen und wird vollkommen eins mit seiner Umgebung. Die körperlichen Umstände von Charlie werden durch Frasers einfühlsame, herzzerreißende Performance schon bald trotz ihres Ausmaßes zu dem weniger schockierenden Element aus Charlies Leben, zumindest verglichen mit dessen fundamentaler Hoffnungslosigkeit und wie er sich seinen Tod herbeisehnt. Beschränkt auf einen Zeitraum von fünf Tagen erfahren wir jeden Tag etwas mehr über Charlie und warum er sich so etwas angetan hat. Einsam steht in seinem Regal ein Bild von ihm am Strand, seinen Arm hat er um einen anderen Mann gelegt, bei dem er sich um die Liebe seines Lebens Alan handelt, welchen er auf tragischste Weise verlor. Aber selbst jenes Glück, welches er mit Alan fand, war begleitet mit Charlies Vernachlässigung gegenüber seiner Familie, die er aufgrund seiner Jahre lang uneingestandenen Homosexualität verließ, etwas was ihm besonders seine Tochter Ellie (exzellent: Sadie Sink, Stranger Things) nie verzeihen konnte. Innerhalb dieser fünf Tage werden sich Ellie, die aufgrund mangelnder Schulleistungen vielleicht die Jahrgangsstufe nicht bestehen wird, und Charlie wiedersehen, um am Ende nicht mehr dieselben zu sein. 

Der Grund warum Ellie ihren Vater, den sie verteufelt und den Tod wünscht, zunächst besucht ist das er ihr anbietet, bei der Korrektur eines Essays über Walt Whitmans Gedicht "Song of Myself" helfen soll. Ellie kann mit den poetischen Worten nichts anfangen und Charlie muss sie erst darauf hinweisen, dass das lyrische Ich in Whitmans Gedicht weniger den Autor selbst beschreibt und vielmehr an einer „Explosion des Selbst“ interessiert ist, in der das „Ich“ für ein großes Ganzes stehen kann. Diese Idee von dem großen Kontext im Einzelnen findet sich schließlich in Aronofskys Film wieder, wenn der Blick auf Charlie auf allegorischer Ebene in seinen thematischen Implikationen immer mehr zu einem Miniatur-Panorama der Vereinigten Staaten von Amerika mutiert. Charlies Körper als absolutes Extrembeispiel steht sowohl für die Tatsache, dass immer noch fast 40% aller Amerikaner*Innen an massivem Übergewicht leiden, funktioniert darüber hinaus aber auch als implizite Verdeutlichung einer Nation, die sich in ihrem Exzess selbst zu Tode frisst. Charlies persönliche Geschichte steht für eine Kultur aus Verdrängung, die sich selbst mit einer verdrängten Sexualität bestraft hat. Im Fernsehen sehen wir schließlich (wir befinden uns offenbar im Jahr 2014) das Bernie Sanders in den Umfragen über die Führung der demokratischen Partei noch vor Hilary Clinton liegt. The Whale ordnet sich damit historisch in den letzten Moment einer Nation ein, in dem noch Hoffnung und Zuversicht für die Zukunft existierte. Eine solche Hoffnung hat Charlie zwar längst aufgegeben, aber in Ellie sieht er dennoch großes Potenzial für ihr Leben und will, auch wenn sie sich selbst in ihrer eigenen existenziellen Abwärtsspirale befindet, diese nicht loslassen. Ein Glaube, vielleicht so naiv wie der amerikanische Traum von der Chance auf vollkommene Selbstverwirklichung selbst.

Trotz seines internen wie externen Schmerzes verliert Charlie den Glauben an das Gute in den Anderen nicht: „People are incapeable of not caring“ sagt er dazu an einer Stelle, eine Vorstellung so naiv und kindisch, wie sie entwaffnend ehrliche Bände für die paradoxe Natur seines Protagonisten spricht, der zwischen schwärzesten Nihilismus und naivem Optimismus gefangen ist. In dieser Naivität steckt fast etwas Religiöses, eine weitere Ebene, die Aronofsky explizit macht, wenn schließlich der junge Missionar Thomas (Ty Simpkins, The Nice Guys) an seiner Tür klopft. Thomas, der es sich irgendwann in den Kopf setzt, Charlie helfen zu können, ist Anhänger der „New Life“-Sekte, welche an ein baldiges Ende der Welt glaubt. Auch hier macht Aronofsky seiner beliebten Hingabe zum biblischen Passionsweg alle Ehren, wenn er die Geschichte von Charlie endgültig als, in jeder Hinsicht, selbstlose Person rahmt: Als jemand, der sich selbst aufgegeben hat, gleichzeitig aber unfähig ist, die Menschen die er liebt aufzugeben. Die Ambivalenz des Filmes besteht schließlich darin, inwiefern er dieses naive Festhalten an einer besseren Zukunft versteht, ob als reine Verblendung und den letzten, verklärten Strohhalm der Hoffnung, oder aber als tatsächliches Licht am Ende des Tunnels, auf was sich der Film entweder keuchend zubewegt oder sich von davon geblendet abwendet. Die Erlösung, hier scheinen Charlie und der Film sich einig zu sein, kann nur in einer radikalen Ehrlichkeit liegen. „Write something you actually fucking believe“ schreibt Charlie seinen Studierenden schließlich, und teilt diese Einstellung auch Ellie mit: Solange man ehrlich ist, kann alles wieder in Ordnung kommen. Auch das ist naiv in einem Film, dessen verstörende Offenheit Aronofsky vielleicht nur durch so einen Idealismus erreichen kann. In jeglicher Hinsicht macht dies The Whale zu jeder Sekunde zu einem verzweifelten Ringen gegen eine alles abtötende Gleichgültigkeit.

Es sei allerdings festgehalten das Aronofksy mit The Whale, wohl noch extremer als man es von einem Regisseur erwarten würde, der einst in Requiem for a Dream seinen Figuren Elektroschocks, Amputationen und seelische Demütigung zumutetet und die Frustration von Mickey Rourke in The Wrestler in einem Faustschlag in eine laufende Schneidemaschine katalysierte, hier ein soziales Extremschicksal ästhetisch ausschlachtet und zum Spektakel ernennt. Etwas anderes wäre wahrscheinlich zu subtil für ihn und genauso ist zu erwarten das The Whale einen Teil seines Publikums anwidern wird. Es ist ein Film, so verzweifelt und angreifbar, wie sein Protagonist, dessen körperliche Mutilitation eine Reaktion auf ein Leben in ewiger Schande und Bedauern darstellt. Ganz anders Captain Ahab in dem, im Film referenzierte Roman, Moby Dick ist die Rache, die Charlies Leben bestimmt, nur an sich selbst gerichtet. Tritt man jedoch ein paar Schritte zurück, so stellt man fest, wie der Film Charlie gleichzeitig einen Schrein aus Tränen und Engelsgesängen baut. Trotz (oder viel eher gerade wegen) seiner offensiven Faszination für das Elend kann eben nur Aronofsky die menschliche Kondition mit einer essenziellen, exzessiven Radikalität einfangen wie vielleicht kein anderer. Für alle, durch die Inszenierung ausbleibenden, Nuancen hat der Film immer noch Brendan Fraser, dem hier genauso ein gnadenloser Aufstieg in den Olymp gelingt.

Fazit

Mit "The Whale" hat Darren Aronofsky einen brachial-zärtlichen Tanz zwischen bitterem (Selbst-)Mitleid und schmerzhaft aufrichtigem Humanismus gedreht, der zwar wie immer an Subtilität oder Feingefühl nicht interessiert ist, dafür aber Brendan Fraser in einer unvergesslichen Performance mit dem Publikum auf einen kathartisch-intensiven Passionsweg schickt.

Kritik: Jakob Jurisch

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