2.0

MB-Kritik

Willkommen um zu bleiben 2025

Mystery, Drama

2.0

Crispin Glover
Sunnyi Melles
Fionnula Flanagan
Bjørn Sundquist
Dearbhla Molloy
Barbara Sarafian
Jan Gunnar Røise
Esmee Van Kampen
Sam Louwyck

Inhalt

Nachdem Herr K die Nacht in einem abgelegenen Hotel verbracht hat, steckt er in einem klaustrophobischen Albtraum fest, als er feststellt, dass er das Gebäude nicht verlassen kann.

Kritik

Fast erwartet man, dass die bedrohliche Blechbläser-Band, die Crispin Glover (Guillermo del Toro's Cabinet of Curiosities) als den unglückseligen Titelcharakter Tallulah R. Schwabs maliziöser Gesellschaftsgroteske verfolgt, den alten Eagles Song „Hotel California“ spielt: „You can check out any time you like, but you can never leave". Das Gleiche gilt auch für das heruntergekommene Hotel, in das der ebenso abgehalfterte Berufs-Magier Mr. K sich einquartiert. Geplant war ein Aufenthalt für eine Nacht, doch der Ausgang aus dem endlosen Flurlabyrinth ist nicht mehr zu finden. 

Nicht nur die anderen Dauergäste, auch die Wände rücken K zunehmend auf den Leib. Die schleichend steigende Bedrängnis ist umso beunruhigender, da augenscheinlich nur der zunehmend nervöse Protagonist das dramatische Schrumpfen der Räume bemerkt. Dass es in der verschachtelten Story auf die Details zu achten gilt, erklärt die Regisseurin und Drehbuchautorin dem Publikum überdeutlich. „Der Trick besteht darin, das Wesentliche zu erkennen. Verpasst man ein Detail, ist das ganze Konzert ruiniert!“, proklamiert die mondäne Künstlerin Ms. Gaga (Sunnyi Melles, Becoming Karl Lagerfeld) Mr. K. 

Dessen Initiale ist einer dieser wesentlichen Aspekte des bissigen Midnight Movies. Das stapelt seine Metaphern und Allegorien oftmals so hoch wie die Stockbetten in einem der zahlreichen Zimmer. In die verschlägt es K auf seiner Odyssee durch den maroden Schauplatz, der nicht zufällig an „Das Schloss“ Franz Kafkas erinnert. Die von Schwab selbstverfassten Story wirkt wie eine invertierte Interpretation Kafkas Klassikers und ist übervoll mit Verweisen auf dessen Werk. Die überdeutlichen Verweise auf die literarischen Referenzen lassen die phantasmagorischen Parabel indes nicht nur unnötig prätentiös erscheinen, sondern auch überkompliziert.

Der einst glanzvolle Hotelbau, unter dessen abblätternden Tapeten sich unheimlich organische Strukturen enthüllen, ist unverkennbar eine Allegorie der Gesellschaft. Die einzelnen Zimmer und deren Gäste repräsentieren verschiedene Klassen und soziale Untergruppen. Die Angestellten der konkurrenzversessenen Hotelküche, in der K unfreiwillig Karriere macht, quetschen sich in einem Gruppenzimmer auf Pritschen. Andere hingegen wie Ms. Gaga oder ein älteres Damen-Duo feiern üppige Gelage oder endlose Kaffeekränzchen. Das alles ist visuell beeindruckend und gelegentlich amüsant, doch systemkritisch so verworren und brüchig wie der skurrile Schauplatz.

Fazit

Schon das stimmungsvolle Set-Design, die karnevalesken Kostüme und Glovers bestechende Darstellung sind den Besuch Tallulah R. Schwabs süffisanter Psycho-Satire wert. Der Regisseurin ergeht es indes nicht besser als ihrem paranoiden Protagonisten: Sie verrennt sich hoffnungslos in ihrem Szenario, dessen Gesellschaftskritik reichlich blasiert und borniert ausfällt. Arbeiter- und Unterschicht scheinen selbst Schuld an ihrer Misere und zu dumm und desinteressiert, um dem intellektuellen Revolutionsaufruf zu folgen. Von Kafkas doppelbödigem Humor und beklemmender Atmosphäre bleibt die kurzweilige Horror-Humoreske trotz aller Anspielungen weit entfernt.

Autor: Lida Bach
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