7.3

MB-Kritik

Midas Man 2024

Drama, Biography, Music

7.3

Eddie Izzard
Eddie Marsan
Ed Speleers
Emily Watson
Jacob Fortune-Lloyd
Milo Parker
Jay Leno
Darci Shaw
Bill Milner
Charley Palmer Rothwell
James Corrigan
Blake Richardson
Jonah Lees
Leo Harvey-Elledge
Alfredo Tavares
Shaun Fagan

Inhalt

Am Donnerstag, den 9. November 1961, stieg ein Mann namens Brian die Treppe in einen Keller in Liverpool hinunter und veränderte die Welt für immer. „Midas Man“ verfolgt das turbulente Leben Epsteins, der ab 1962 Manager der Beatles war und aufgrund seiner Rolle bei den geschäftlichen Angelegenheiten, dem Image und dem Aufstieg der Gruppe zu weltweitem Ruhm als "Fünfter Beatle" bekannt wurde.

Kritik

Gesehen beim 31. Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg

Während Sam Mendes (1917) noch an seinem Megaprojekt, dem vierteiligen Biopic über die Beatles arbeitet, hat der legendäre fünfte Beatle bereits seinen Film erhalten. Midas Man erzählt die Geschichte des talentierten und ehrgeizigen Managers Brian Epstein, der maßgeblich für den Aufstieg und Erfolg der Beatles, einschließlich der gesamten Beatlesmania, verantwortlich war. Das dieses Projekt tatsächlich noch das Licht der Welt erblickte, grenzt schon fast an ein Wunder, denn seit Jahren kämpfte die Produktion mit finanziellen Problemen und ständigen Wechseln auf dem Regiestuhl. Bereits 2021 begannen die Dreharbeiten, zunächst unter der Regie von Jonas Akerlund (Polar). Nachdem dieser offiziell wegen Terminschwierigkeiten abgesprungen war, übernahm Sara Sugarman (Bekenntisse einer Highschool Diva), die kurze Zeit später dem Film ebenfalls den Rücken kehrte, und schließlich Joe Stephenson (Doctor Jekyll), der Midas Man dann fertigstellte. Meist ist eine solche Ausgangslage kein gutes Zeichen für einen Film und man darf zu Recht bezweifeln, ob das fertige Produkt unter diesen Voraussetzungen noch brauchbar sein kann.

Doch Midas Man kann sich im Ergebnis gut sehen lassen. Das geringe Budget merkt man zwar hier und da, aber es wird geschickt überspielt. So nutzt man für einige Massenaufnahmen Archivmaterial und dank der humorvollen Durchbrüche der vierten Wand, wird die Handlung einfach durch Epstein (Jacob Fortune-Lloyd, See How They Run)selbst weiter erzählt, der zusätzlich auch aus dem Off kommentiert. Generell überzeugt die Figur von Epstein durch viel trockenen britischen Humor, den Darsteller Jacob Fortune-Lloyd hervorragend vermittelt. Ein weiterer Punkt, bei dem man das limitierte Budget merkt, ist die Musik. Nun erwartet man bei einem Beatles-Film schon den ein oder anderen Klassiker der Fab Four, doch hier werden die Fans der Pilzköpfe herb enttäuscht, denn der Film enthält keinen einzigen Beatles-Hit. Dafür gibt es ein paar Coversongs anderer Bands, die sich gleichwohl harmonisch in den Film integrieren. Letztendlich ist das für den Film auch gar nicht weiter schlimm, denn die Beatles stehen schließlich nur in der zweiten Reihe.

Während der Film recht spaßig beginnt und über weite Strecken den humorvollen Grundton beibehält, wandelt sich die Stimmung zunehmend. Epstein war ein wahres Verkaufstalent und Marketinggenie und beruflich wurde eigentlich alles zu Gold, was er anfasste, doch sein Privatleben war nicht ansatzweise erfüllend und stürzte ihn bald in eine tiefe Krise, in der nur Alkohol und Medikamente vermeintlich halfen. In einer Zeit, in der Homosexualität bei Männern noch als Straftat geahndet wurde, konnte er sein privates Glück nicht finden und musste sich mit kurzen heimlichen sexuellen Abenteuern begnügen. Abenteuern, die aber nicht nur gefährlich wegen der drohenden Strafe waren, sondern, die aufgrund seiner zunehmenden Berühmtheit zwielichtige Leute auf den Plan riefen. Dem Film gelingt der Wandel hier sehr gut, ohne den Humor vollständig aus dem Auge zu verlieren und gleichzeitig begegnet man der ernsteren Thematik mit dem notwendigen Respekt. Die Gratwanderung gelingt und man muss erneut Jacob Fortune-Lloyd hervorheben, der seiner Figur nicht nur britischen Charme verleiht, sondern der genauso gut den ganzen Schmerz und das Leid Epsteins zum Ausdruck bringt.

Biopics haben häufig das Problem, dass sie sich in reiner Faktenwiedergabe auflösen und den Menschen dahinter nicht ergründen. Andererseits gibt es mittlerweile einige Werke, die sich auf einen sehr kurzen Abschnitt im Leben des dargestellten Menschen konzentrieren, um ihn zu ergründen und ihn zu verstehen. Midas Man versucht sich hier an beidem, was aber dazu führt, dass der Mensch Brian Epstein zwar in seiner kurzen Lebenszeit dem Publikum näher gebracht wird, man natürlich aber Abstriche machen muss in Bezug auf eine tiefgreifende Charakterstudie. Zudem wirkt das Musikbusiness viel zu glatt gebügelt. Wie zermürbend die Arbeit für Epstein gewesen sein muss, ergründet der Film ebenfalls nicht. Epstein managte schließlich noch weitere Künstler (was im Film zur Sprache kommt), doch zu stressig schien es ihm nie zu werden. Hier hätte man sich vielleicht noch etwas mehr gewünscht. Trotz allem schafft es Midas Man Brian Epstein einem breiteren Publikum bekannt zu machen und dem Mann ein Denkmal zu setzten, auch wenn es kein goldenes ist.

Fazit

„Midas Man“ ist im Prinzip ein konventionelles Biopic, das aber dank einiger Kniffe und insbesondere der zahlreichen humorvollen Durchbrüche der vierten Wand eigene Akzente setzen kann. Es ist ein wenig schade, dass der Film ohne Beatles-Songs auskommen muss, aber die vier Liverpooler stehen schließlich nicht im Vordergrund und deshalb ist es auch zu verkraften. Jacob Fortune-Lloyd zieht sowieso die ganze Aufmerksamkeit auf sich und beweist sein vielfältiges Rollenrepertoire als charmanter, witziger und eloquenter britischer Gentleman und Erfolgsmanager und als verletzlicher, leidender Mann, der seine Homosexualität nicht ausleben kann und der immer mehr in die Alkohol- und Drogensucht abdriftet. Allein diese schauspielerische Leistung macht den Film bereits sehenswert.

Autor: Andy Mieland
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