Inhalt
Im Irak der 1990er-Jahre muss die neunjährige Lamia die Geburtstagstorte für den Präsidenten backen. Sie sucht verzweifelt nach den Zutaten für diese Pflichtaufgabe und muss mit einer möglichen Strafe rechnen, sollte sie scheitern.
Kritik
Der süßliche Titel Hasan Hadis berührenden Spielfilm-Debüts verbirgt eine unerwartet bittere Realität, in der die kindliche Protagonistin das titelgebende Backwerk beschaffen muss. Im von internationalen Sanktionen und autokratischer Misswirtschaft gebeutelten Irak der frühen 90er Jahre ein schier unmögliches Unterfangen. Doch wenn Saddam Hussein Geburtstag hat, lässt sich die Einladung zum Mitfeiern nicht einfach ausschlagen. Nicht einmal von Grundschulkindern wie der neunjährigen Lamia (Baneen Ahmad Nayyef). Auf sie fällt buchstäblich das Los, zu einer angeordneten Feier anlässlich Husseins 28. Geburtstags einen Kuchen zu beschaffen.
Mit ihrem zahmen Hahn Hindi und unterstützt von ihrem besten Freund Saeed (Sajad Mohamad Qasem) macht sich die Waise, die bei ihrer liebevollen, doch gesundheitlich angeschlagenen Großmutter Bibi (Waheed Thabet Khreibat) aufwächst, auf die Suche nach den Zutaten. Mehl, Zucker und Eier sind schwer zu kriegen und kaum bezahlbar. Sie zu beschaffen erinnert in Struktur und Symbolik an klassische Märchen. Der Regisseur und Drehbuchautor, der selbst im Irak der Handlungsära aufwuchs, spielt bewusst mit solchen magisch-realistischen Assoziationen, wenn er Lamia mit ihrem gefiederten Haustier zeigt.
Doch die harsche Wirklichkeit lauert hinter jedem vermeintlich wohlwollenden Hilfsangebot und jeder Chance auf Erfolg. Die Erwachsenen, denen Lamia unterwegs im nächstgrößere Ort begegnet, nutzen ihre Naivität und Notlalge skrupellos aus. Korruption und Brutalität sickern durch staatliche Institutionen in alle Ebenen einer sinnbildliche und buchstäblich ausgehungerten Gesellschaft. Während die zweitägige Frist zur Ablieferung des Kuchens abläuft, nimmt auch die Kindheit der entschlossenen Hauptfigur ein schmerzliches Ende. Zärtliche Momente und trotziger Humor sind sanfte Hoffnungsschimmer in der finsteren Zukunftsperspektive, die das milde Ende überschattet.
Fazit
Kinderfilm, modernes Märchen und Diktatur-Drama verwebt Hasan Hadi zu einem bittersüßen Zeitbild, inspiriert von seinen eigenen Kindheitserinnerungen. Ökonomische Unsicherheit, systemische Unterdrückung und ideologische Indoktrinierung sprechen nicht aus plakativen Reden, sondern Alltagssituationen und dem detaillierten Szenenbild. Saddam Hussein beobachtet die verzweifelte Pflichterfüllung der jungen Protagonistin von Plakaten und Ehrenbildern; omnipräsente Erinnerung an das grausame System, das dessen sadistische Selbstherrlichkeit die heranwachsende Generation füttern muss. Baneen Ahmad Nayyefs ausdrucksstarkes Schauspiel ist emotionales Zentrum der bittersüßen Coming-of-Age-Story, deren naturalistische Kameraaufnahmen bedrückende Authentizität mit Witz und Warmherzigkeit ausbalancieren.
Autor: Lida Bach