6.0

MB-Kritik

Mit Liebe und Chansons 2025

Drama

6.0

Leïla Bekhti
Jonathan Cohen
Joséphine Japy
Lionel Dray
Jeanne Balibar
Sylvie Vartan
Naim Naji
Milo Machado-Graner
Gabriel Hyvernaud
Nina Bouffier
Iliana Belkhadra
Naël Rabia
Gabriel Alves Marques
Anne Le Ny
Ariane Massenet
Noé Schecroun

Inhalt

Paris in den 1960er Jahren: Esther Perez bringt ihr sechstes Kind zur Welt, den kleinen Roland. Er wird mit einer Fehlbildung am Fuß geboren. Die Ärzte sind sich sicher, dass Roland niemals richtig laufen wird. Doch Esther ist eine starke und sture Frau, die ihrem Kopf und vor allem ihrem Herzen folgt. Entgegen aller Ratschläge verspricht sie Roland, dass er an seinem ersten Schultag wie alle anderen Kinder auf eigenen Beinen in die Schule gehen wird. Roland wird ein glücklicher Mensch sein, dem es an nichts mangelt, dafür werde sie schon sorgen. Basta. Und Esther ist eine Mutter, die wahre Wunder vollbringen kann. Alles setzt sie nun daran, ihr Versprechen zu halten und schleppt Roland von Orthopäde zu Heilerin und wieder zurück. Mit unerschütterlichem Optimismus ist sie niemals um eine neue Strategie verlegen, die ihrem Sohn das Glück bescheren kann, auf eigenen Beinen zu stehen, selbst wenn der liebe Gott dabei eine Rolle spielen muss und ihre jüdische Großfamilie dazu verdammt ist, monatelang den heilsamen Klängen französischer Chansons zu lauschen.

Kritik

Mit Liebe und Chansons erzählt die Lebensgeschichte von Roland Perez, vom kleinen Jungen mit einer Fußfehlbildung bis zum erfolgreichen  und in Frankreich durchaus populären Medienanwalt. Im Zentrum steht seine Mutter Esther, eine Frau mit unerschütterlichem Optimismus und eiserner Entschlossenheit, die nichts unversucht lässt, um ihrem Sohn ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Regisseur , bekannt für Starbuck und das US-Remake Der Lieferheld - Unverhofft kommt oft, nähert sich der autobiografischen Vorlage mit der typischen Leichtigkeit des Feel-Good-Kinos, doch der Film schwankt zwischen Charme und Überfrachtung.

Leila Bekhti (All eure Gesichter) trägt das Herzstück der Erzählung mit ansteckender Energie, Wärme und einem Hauch von Starrsinn. Ihr Esther ist gleichzeitig liebevoll und kontrollierend, kompromisslos in ihren Vorstellungen, aber stets getragen von einem echten Wunsch nach Glück für ihre Kinder. Gerade diese Mischung hätte Gelegenheit geboten, tiefere Graustufen zu zeigen und psychologische Zwischentöne auszuloten. Stattdessen bleibt die Figur größtenteils vereinfacht, und der Film neigt dazu, die Mutterrolle nahezu zu verherrlichen. Das funktioniert insofern, als Bekhti die Figur mit Präsenz füllt, lässt aber die erzählerische Spannung zwischen Liebe, Kontrolle und Individualität vermissen.

Scott inszeniert die Geschichte gefällig und sauber, ohne dabei je Formalität oder visuelle Eigenständigkeit zu wagen. Der Film fließt in einem rasanten Tempo durch Rolands Kindheit und Jugend, über Schicksalsschläge und kleine Glücksmomente, ohne den Zuschauer Gelegenheit zu geben, einzelne Szenen oder Emotionen wirklich nachklingen zu lassen. Die tragikomischen Elemente geraten dadurch häufig zu oberflächlichen Momentaufnahmen, und gerade im letzten Drittel wirkt die Handlung etwas gehetzt und überfrachtet.

Einerseits bietet Mit Liebe und Chansons solide Unterhaltung: Die Schauspieler*innen agieren überzeugend, die Rückblenden auf die 1960er Jahre in Paris sind stimmig, und die französischen Chansons verleihen dem Film eine charmante Klangfarbe. Andererseits bleibt vieles fragmentarisch: Die Geschichte einer Immigrantenfamilie, der Weg eines Kindes zur Selbstständigkeit, die Karriere eines Mannes, der das Chanson liebt – alles wird angerissen, aber selten organisch zusammengeführt. Szenen, die eigentlich zum Verweilen einladen könnten, werden zu schnell weitergeschoben, was die emotionale Wirkung dämpft.

So ist der Film letztlich ein gut gemeinter, warmherziger Rückblick auf ein bewegtes Leben, der in seiner Ambition und Vielfalt etwas den Überblick verliert. Die Mischung aus Lebensgeschichte, Familienepos und musikalischer Liebeserklärung wirkt zuweilen konstruiert, bleibt aber durch die überzeugenden Darsteller*innen und die grundsätzliche Herzlichkeit sehenswert. Wer sich von einem temporeichen, charmanten, wenn auch leicht überladenen Feel-Good-Film unterhalten lassen möchte, findet hier solide Unterhaltung, während cineastische Nachhaltigkeit oder tiefere Reflexionen eher auf der Strecke bleiben.

Fazit

Ein warmherziger, gut gespielter Rückblick auf ein bewegtes Leben, der mit Charme unterhält, aber unter zu hohem Tempo und Überfrachtung leidet. Ein solider Feel-Good-Film, dem es an Tiefe und nachhaltiger Wirkung etwas mangelt.

Autor: Sebastian Groß
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