6.0

MB-Kritik

Bambi - Eine Lebensgeschichte aus dem Wald 2024

Adventure, Drama, Documentary

6.0

Mylène Farmer
Senta Berger
Arja Koriseva

Inhalt

Zusammen mit seiner Mutter und seinen Freunden, dem Raben, dem Kaninchen und dem Waschbären entdeckt BAMBI die Welt des Waldes und seine Geheimnisse. Tag für Tag lernt er von seiner Mutter, Stärke und Mut zu beweisen. Doch als der Herbst naht, reißt ein jäher Schicksalsschlag sie auseinander. Von nun an muss Bambi seinen eigenen Weg gehen und sich seinen Platz in der Welt erkämpfen. Mit der Unterstützung der Waldbewohner und seiner Jugendfreundin Faline stellt er sich mutig zahlreichen Abenteuern. Und auch sein Vater, ein majestätischer Hirsch, begleitet ihn auf dem Weg zum Erwachsenwerden.

Kritik

Disney schuf mit dem fünften abendfüllenden Film Bambi 1942 einen Klassiker, der noch heute als emotionalster Disney-Film gilt. Abertausende Tränen wurden vergossen, nicht nur von Kindern, sondern ebenso von vielen Erwachsenen. Der Tod von Bambis Mutter ist für viele Kinder gar ein recht traumatisches Erlebnis und sorgt dafür, dass der Film in Erinnerung bleibt. Doch das Werk aus dem Hause Disney hat viele weitere bleibende und prägende Momente, etwa die Freundschaft der Tiere. Der Film ist eine Ode an die Schönheit der Natur und eine Geschichte über den Kreislauf des Lebens und gilt damit sogar als Inspiration für den späteren Disney-Klassiker Der König der Löwen. Was viele aber bis heute nicht wissen, ist, dass der Zeichentrickfilm auf dem Roman Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde des österreichischen Schriftstellers und Jägers Felix Salten (Zotti, das Urviech) aus dem Jahre 1923 basiert. Dieser Roman diente nun auch dem französischen Regisseur Michel Fessler für seinen letzten Film Bambi – Eine Lebensgeschichte aus dem Walde als Grundlage, wobei sich Fesslers Werk sowohl vom Buch, als auch von der Disney-Version, teils erheblich unterscheidet.

Fessler, der bereits durch Werke wie Die Reise der Pinguine und Die Eiche – Mein Zuhause sein Gespür für Geschichten mit und über Tiere bewiesen hat, inszenierte seine Bambi-Version deshalb als Realfilm und kam damit dem Mauskonzern voraus, der sich bisher noch nicht daran gewagt hatte (und es zumindest vorerst wohl auch nicht tun wird). Die Geschichte spielt im Herzen Frankreichs in einem idyllischen Wald, in dem die Natur noch intakt zu sein scheint. Sattes Grün im Sommer, bunte Blätter im Herbst, verspielte Rehe oder besser Hirsche auf der Wiese, niedliche Hasen und Waschbären an einem kleinen Weiher. Fessler schafft es, die Natur in seiner schönsten Form einzufangen und zeigt mit einer tollen Bildsprache, wie wichtig es doch ist, diesen Lebensraum zu schützen. Die Stärke dieser Bambi-Interpretation liegt ganz klar in diesen faszinierenden Naturaufnahmen. Es sind beeindruckende Aufnahmen entstanden und der Ansatz Fesslers, mit echten Tieren zu drehen, statt wie Disney auf CGI-Tiere zu setzen, hat sich gelohnt.

Die Tiere gaben beim Dreh das Tempo vor und das überträgt sich ebenso auf den Film. Bambi ist über weite Strecken ein ruhiger und stiller Film, ohne Hektik. Ein Film, der für Entschleunigung im Alltag sorgt. Die Musik ist nicht zu aufdringlich und in der deutschen Version erzählt Senta Berger (Willkommen bei den Hartmanns) sanft und einfühlsam Bambis Geschichte aus dem Off. Fessler lässt die Geschichte anders als Disney nicht durch die Tiere erzählen, sondern ausschließlich durch die Erzählerin, die jedoch manchmal etwas übertrieben mit verstellter Stimme versucht, den Tieren eine Stimme zu geben. Was atmosphärisch zwar ganz gut passt, sorgt insgesamt für etwas Monotonie. Dabei hat der Film selbst durchaus Höhepunkte, die leider ihre Dramatik verlieren, da Senta Berger hier viel zu sanft und unaufgeregt klingt. Für Kinder mag diese Erzählweise für Beruhigung sorgen, für das erwachsene Publikum fehlt hier ganz klar die Dramatik. Mehr als ein sanftmütiges „Vorsicht“ oder „Pass auf“ kommen ihr als Kommentar nicht über die Lippen, obwohl mit Schlangen, Wölfen oder Jägern genug Feinde Bambis Weg kreuzen. Hier fehlt es gleichzeitig an einer kraftvollen musikalischen Untermalung der Szenerie.

Der emotionale und dramatische Höhepunkt in der Zeichentrickversion war der Tod von Bambis Mutter und dafür musste man das nicht einmal explizit bildlich darstellen. Einen ähnlichen Versuch unternimmt auch Fessler, ohne jedoch die ganze Emotionalität in diese Schlüsselszene zu bekommen. Es verwundert etwas, weil der Film ansonsten sehr gut den Schnitt einzusetzen weiß. So werden etwa Jagdszenen realistisch dargestellt, ohne dass die Tiere für diese Szene gemeinsam vor der Kamera waren. Der weitestgehende Verzicht auf digitale Tierklone (hier wurden sie lediglich für große Herdenszenen vervielfältigt) lässt den Film realistisch wirken, bringt aber auch eine erhebliche Einschränkung für die Erzählung und die vollen Möglichkeiten mit sich, weil man die Tiere gerade nicht immer so agieren lassen konnte, wie es vielleicht für die Handlung und Spannung erforderlich gewesen wäre. Eher positiv ist dagegen, die sich daraus ergebene Reduzierung der Handlung und Fokussierung auf das Wesentliche ohne die vielen Nebenstränge des Romans.

Fazit

„Bambi – Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ glänzt vor allem mit seinen dokumentarisch wirkenden Natur- und Tieraufnahmen und eignet sich in der heute oft hektischen Welt zur Entschleunigung. Senta Bergers Erzählstimme wirkt fast schon meditativ beruhigend. Dem Film geht dadurch aber erheblich die Spannung und emotionale Tiefe verloren. Für Kinder ist diese Realverfilmung jedoch leichter verdaulich, als Disneys Zeichentrickversion, wird aber mit Sicherheit nicht den gleichen bleibenden Eindruck hinterlassen. Insgesamt ist "Bambi" eine nette naturverbundene Story über die Schönheit der Natur und die Grausamkeit des Menschen.

Autor: Andy Mieland
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