6.5

MB-Kritik

Anemone 2025

Drama

6.5

Daniel Day-Lewis
Sean Bean
Samantha Morton
Richard Graham
Samuel Bottomley
Safia Oakley-Green
Adam Fogerty
Lewis Ian Bray
Nigel James Bradley
Karl Cam
Ritchie Berrie
Matty Lumsden

Inhalt

Die Kindheit der Brüdern Ray und Jem Stoker war von Gewalt, Strenge und religiösem Fanatismus geprägt war. Während Ray ein Leben im selbst gewählten Exil in einer einsamen Waldhütte führt, sucht Jem Halt in tiefem Glauben, seiner Partnerin Nessa und dem Ziehsohn Brian. Als eine familiäre Krise die Brüder nach zwanzig Jahren der Stille erneut zusammenführt, sind sie gezwungen, sich schonungslos den Dämonen ihrer Vergangenheit zu stellen:  Verdrängte Geheimnisse kommen ans Licht, alte Wunden reißen auf, und die düstere Familiengeschichte entfaltet einen Sog, dem keiner von beiden sich entziehen kann.

Kritik

Wenn es den quintessenziellen Nepo-Baby-Film noch nicht gab, hat  (The Sheep and the Wolfihn geschaffen. Das von Day-Lewis Junior und Day-Lewis Senior gemeinsam geschrieben Skript ist wenig mehr als ein prätentiöses Podium für das zuverlässig eindrucksvolle Schauspieltalent Daniel Day-Lewis. Acht Jahre nach Phantom Thread wirkt seine schauspielerische Rückkehr wie ein kalkulierter Karriere-Push für seinen Sohn. Als Ex-Soldat Ray Stoker lebt Day-Lewis in malerischen Wäldern eine eremitische Existenz in Analogie zu der titelgebenden Pflanze. Die Anemone schließt ihre Blüte, wenn sie Unwetter wahrnimmt. 

Genauso hat Ray sich zurückgezogen, als familiäre Stürme heraufzogen. Nun bietet ihm sein Bruder Jem (Sean Bean, Robin Hood) Versöhnung im Gegenzug für Hilfe. Beide Brüder kämpften im irischen Bürgerkriegs, nachdem Jem sich in die Religion flüchtete und Ray in sein Walden. Seine Ex-Partnerin Nessa (eine unterforderte Samantha Morton, The Odyssey) und Sohn Brian (The Last Rifleman) gingen an Jem über, entsprechend des patriarchalischen Phlegmas. Die schwerfällige Story hängt an Gender-Rollenbildern, die so verstaubt sind wie die manierierte Inszenierung. Naturbilder, ausdauerndes Schweigen und langgezogene Szenen behaupten lediglich psychologischen Tiefgang,

Stattdessen wuchert kunsthandwerkliche Theatralik. Während auf der Leinwand kaum etwas passiert, rezitieren die Charaktere - allen voran Ray - leere Worthülsen, die das Publikum mal krampfhaft hypnotisieren, mal systematisch irritieren wollen. Dass dies misslingt, liegt nicht zuletzt an der überdeutlichen Absicht. Die von dunklen Grün- und Brauntönen geprägten Kameraaufnahmen unterstreichen die unterkühlte Gefühlswelt der zentralen Figuren. Deren starkes Schauspiel ist das statische Zentrum der überkonstruierten Handlung, die besser einen Roman abgegeben hätte, obschon keinen sonderlich guten.

Fazit

Das Rauschen der Blätter der malerischen Waldkulisse Ronan Day-Lewis pompösen Regie-Debüts klingt mehr nach dem Rascheln der Drehbuchseiten. Papierne Reden machen das dia- und monologlastige Drama noch ermüdender als der Mangeln an Ereignissen und Figurenentwicklung. Ambiente-Geräusche und melodramatisch Musik akzentuieren den kunsthandwerklichen Duktus dieser Familien-Affäre vor und hinter der Kamera. Als majestätische Bühne für eine famose schauspielerische Rückkehr und exzellente Nebenrollen funktioniert das düstere Drama. Abseits dessen bleibt es ein artifizielles Konstrukt, das seinen hochtrabenden Ambitionen kaum gewachsen ist. 

Autor: Lida Bach
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