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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Was heute Elton John und Lady Gaga sind, war in den 70er Jahren Liberace in einer Person. Als virtuoser Pianist, Entertainer in Las Vegas und Superstar der pompösen Shows lag ihm weltweit ein Millionenpublikum zu Füßen. Auf der Bühne und im Privaten erhob er Luxus und Glamour zu seinem Lebensstil. Lange Pelzmäntel, glitzernde Kostüme, kitschige Kerzenständer und massenhaft teurer Schmuck waren seine Markenzeichen. Allein 30 Flügel, die meisten mit Diamanten besetzt, schmückten seine private Villa. Alles gab es im Überfluss - er selber sagte einmal: "Too much of a good thing is wonderful".

Kritik

Die Ankündigung kam wie aus dem Nichts und sorgte für reichlich Aufsehen: Der erfolgreiche und geschätzte Starregisseur Steven Soderbergh (Traffic – Macht des Kartells) verkündete seinen Abschied vom Kino, begründete dies u.a. mit erschwerten Arbeitsbedingungen und den Komplikationen durch das Studiosystem. Zum Abschluss wollte er der Industrie wohl nochmal richtig einen reinwürgen und verwirklichte ein vorher mehrfach abgelehntes Script für HBO, das nach dem phänomenalen Feedback letzten Endes trotzdem in vielen Ländern (wie auch bei uns) für das Kino ausgewertet wurde. Im Nachhinein hat sich alles relativiert, Soderbergh ist längst wieder da wo er hingehört (Logan Lucky), aber vielleicht war Liberace – Zuviel des Guten ist wundervoll ein notwendiger Denkzettel, was voreingenommene Richtlinien und schädliche Auswirkungen angeht, die uns beinah einen guten Filmemacher und damit einen seiner besten Filme – zumindest auf der großen Leinwand – gekostet hätten.

Geschildert wird die offiziell geheime, aber äußerst intensive Liebesbeziehung zwischen dem anfangs naiven Landei Scott Thorson (war definitiv nie besser: Matt Damon, Elysium) und dem Las-Vegas-Star, der Trash-Ikone, dem legendären First-Class-Entertainer und virtuosen Piano-Magier Liberace (war wahrscheinlich selten besser: Michael Douglas, Black Rain), die 1977 begann und einige Jahre später unglücklich an den Klippen gesellschaftlicher wie in erster Linie persönlicher Probleme zerschellte, dennoch bis zum Schluss trotz einer delikaten Schlammschlacht nie endgültig unterging. Obwohl Liberace Zeit seines Lebens darum bemüht war, seine (nur aus heutiger Sicht?) eigentlich freizügig ins Schaufenster gestellten Homosexualität zu verheimlichen, was aufgrund seines extrovertierten Auftretens so schizophren erscheint wie die meisten Details seiner nach außen schillernden, lebensbejahenden, nach Nähe lechzenden und innerlich doch so einsamen, tieftraurigen und unbewusst immer abblockenden, negativ eingestellten Existenz. Geprägt von einem Schrei nach Liebe und einem einerseits, fälschlicherweise selbstbewusst erscheinenden Appell nach Toleranz, der immer wieder in repetitiven, destruktiven und von Scham und Selbsthass gezeichneten Verhaltensmustern endet, egal wie sehr er doch dagegen anzukämpfen versucht.

Liberace kann nicht aus seiner Haut, die er sich nicht ausgesucht und so auch nie wirklich akzeptiert hat, was ihn schlussendlich in diese exzessive Abwärtsspirale zwängte, die so nicht hätte sein müssen. Gefangen in ewig gleichen Mustern, die das Horten und Sammeln von schönen Dingen zur zwanghaften Kompensation erheblicher Minderwertigkeitskomplexe pseudo-therapeutisch einsetzt. Sogar soweit, das Lebewesen zu Trophäen degradiert, narzisstisch zum eigenen Götzenbild operiert werden sollen. Das früh geprägte und nie auch nur ansatzweise vernünftig erkannte und erst recht nicht behandelte Trauma einer bemitleidenswerten Gestalt, die sich als trashiger Sonnengott über sein Gefolge erhebt, ein Stückweit bewusst als skurrile Witzfigur neu erfindet, um nicht ernsthaft analysiert oder enttarnt zu werden. Und irgendwann so selbst-konditioniert ist, dass eine gesunde, wenigstens eines halbwegs realistische  Auseinandersetzung mit einer „echten“ Beziehung sofort zum Fluchtreflex in die Gewohnheit führt.

Es wird aber auch die andere Seite der Medaille beleuchtet: Die eines gutgläubigen „Knackarschs“ vom Lande, als versteckte „Schwuchtel“ aus der Provinz nun völlig überwältigt von dem offensiven Tunten-Luxus aus Las Vegas, wo alle so tun als würden sie den Paradiesvogel Liberace lediglich als schrägen Exzentriker einstufen. Er lässt sich im goldenen Käfig zunächst dankbar, später intensiv-liebend platzieren, bis er den Reizen des Pomps und der glitzernden Scheinwelt erliegt. Daran scheitert nicht ernsthaft vorbereitet gewesen zu sein, was es bedeutet im Schatten eines Liberace einerseits dessen Allüren zu ertragen und gleichzeitig nicht selbst die Nase zu tief in den Schnee der Schönen, Reichen, Operierten und Obskuren zu stecken (eine kleiner Nebenrollen-Hammer: Rob Lowe, Wayne’s World). Hinter dem Chic von etlichen Flügeln und auf ihnen drapierten Kronleuchtern schlummert eine sehnsüchtige, eine ehrliche und zutiefst nachvollziehbare Liebesgeschichte, die ausgerechnet der sonst durch seine geleckten Oberflächenreize primär aufgefallene Soderbergh mit sensiblen Zwischentönen messerscharf analysiert. Die notwendige Mischung aus Wärme, Nähe, aber auch beobachtender Distanz heranführt, die sich so nur ganz schwer planen lässt, sich meist nur aus dem Gefühl ergibt. Davon hat dieses wundervolle Portrait mehr als zuviel des Guten.

Fazit

Ein grandioses, vielschichtiges und herausragend gespieltes Biopic, das sich allein durch seine differenzierte Charakterisierung ganz weit von der Masse der rein abgefilmten Lebensgeschichten abhebt. Wenn Steven Soderbergh immer so in den angeblichen Kino-Ruhestand geht, dann bitte jedes Jahr, diese Ankündigung nimmt seit dem ja eh keiner mehr ernst.

Kritik: Jacko Kunze

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