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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Wegen schwarzer Magie verhaftet, bricht Giacomo Casanova 1756 aus den Bleikammern Venedigs aus und flüchtet durch ganz Europa. Hier lebt er seine sexuellen Phantasien und Obsessionen aus, doch die dekadente Gesellschaft lässt ihn zum tragikomischen Helden werden: Zwischen Masken und Kulissen wird der Schürzenjäger Opfer seines selbst auferlegten sexuellen Leistungsdrucks...

Kritik

Als sich Frederico Fellini (Roma) der Figur Casanova (Donald Sutherland, Wenn die Gondeln Trauern tragen) annäherte, sah er in ihr all das, was ihn an der Gesellschaft störte: Einen überheblichen, triebgesteuerten Mann, der unbelehrbar war und an seine ewige Jugendlichkeit glauben wollte. Er sah in ihm eine Person, die das wahrhaft Schöne nie erblickt hat, die nie etwas vom guten Leben oder Erotik verstand, sondern nur in Abbildern von ihnen verweilte. Bei näherer Auseinandersetzung mit der literarischen Vorlage und mit dem eigenen Filmprojekt konnte sich Fellini zunehmend mit der Figur anfreunden und sich ein Stück weit in ihr wiederfinden. Nicht zuletzt daran lag es wohl, dass ihm ein Meisterwerk mit dem richtigen Gespür für Zwischentöne geglückt ist, das die Figur hervorragend aufarbeitet. 

Wie schon in Satyricon verlässt er sich dabei auf eine fragmentarische Erzählweise, die eher wie eine Aneinanderreihung von Episoden wirkt und nicht den Anschein einer zusammenhängenden Geschichte erweckt. Als Zuschauer wird man in verschiedene Lebensabschnitte von Casanova geworfen, die größtenteils von sexuellen Obsessionen geprägt sind. Fellini macht dabei anhand seines Protagonisten zwei interessante Themen auf: Zum einen stellt er eine dekadente Gesellschaft vor, die sich in schönen Belanglosigkeiten hüllt und vor Langeweile und Selbstprofilierung nur so strotzt. Symbolisiert wird das durch den sexuellen Leistungsdruck Casanovas, der sogar an Sex-Wettbewerben teilnimmt oder aber den Akt vor den Augen eines französischen Botschafters ausübt, in der Hoffnung, ihn möglichst anständig zu unterhalten. 

Besonders markant ist die Spieluhr mit einem vergoldeten Vogel, die während der einzelnen Liebesnächte läuft. Wie ein Metronom gibt sie den Takt vor und hat einen eisernen Klang, der eher treibend als melodisch und eher verstörend als anreizend wirkt. Während die Frauen in den meisten Szenen wie Objekte behandelt werden, verhält sich der Protagonist selbst wie ein Leistungssportler. So fühlt man sich gerne an Bodybuilder-Rituale erinnert, wenn er vor dem Sex zur Stärkung neunzehn rohe Eier zu sich nimmt. Über die Lauflänge hinweg zeigt uns Fellinis Casanova  wie ein Individuum vor dem Hintergrund einer solchen Gesellschaft kaputt geht. Wir beobachten den geistigen, geschmacklichen und physischen Zerfall einer Figur, für die die Vergänglichkeit die wohl größte Tragödie darstellt. 

Außerdem thematisiert der Film den männlichen Blick auf das andere Geschlecht, ein Thema, das Fellini im vier Jahre später erscheinenden Stadt der Frauen zu seinem Hauptmotiv machen wird. Während viele Sexszenen in skurriler Akrobatik vorgetragen werden und mit ihren wüsten Drohungen und Beschimpfungen an moderne Porno-Filme erinnern können, schmückt sich Casanova außerhalb des Schlafgemachs mit teils schönen Beschreibungen des weiblichen Geschlechts. Gezeichnet wird ein ambivalentes Bild von maskulinistischer Triebbefriedigung, die die Frau als Objekt der Begierde und ihre Lust nur als Bestätigung eigener Leistungsfähigkeit anerkennt. Gleichzeitig befindet sich Casanova jedoch nicht nur gegenüber den Frauen, in die er sich tatsächlich verliebt, in größter Abhängigkeit. 

Er ist eine tragik-komische Figur, die sich stets als frei und unabhängig wahrnehmen möchte, dabei jedoch in dem ständigen Zwang der eigenen Sexualität gefangen ist. Es gelingt dem Charakter weder aus der High Society noch aus dem eigenen Verlangen auszubrechen und eine eigene Identität zu entdecken. Fellinis Casanova begleitet die tragische Geschichte in diesem großartig inszeniertem Film, der der Intention des Regisseurs nahezu gänzlich entspricht, der nach eigener Aussage einen Schritt näher an den vollendeten Film herankommen wollte, der wie ein Gemälde für sich selbst steht und keiner weiteren Erklärungen bedarf. Und in der Tat ist ein Gemälde von Casanova geglückt, das auch heute noch strahlt. 

Fazit

Mit "Fellinis Casanova" ist dem Ausnahmeregisseur ein weiteres Meisterwerk geglückt: Der Film zeichnet seinen Protagonisten als ebenso leidend wie schuldig, als ebenso tragisch wie komisch und letztlich auch als ebenso unwissend wie wollend. Gelungen ist eine Abrechnung mit der Dekadenz der Gesellschaft und dem maskulinistischen Verständnis von Sexualität. 

Kritik: Maximilian Knade

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