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Der wegen mehrerer Delikte vorbestrafte, Kleinkriminelle Fritz Haarmann lockt als Polizist getarnt Knaben und junge Männer, vornehmlich Ausreißer oder Stricher, in seine Dachgeschosswohnung, tötet sie und vergeht sich an ihnen. Anschließend verkauft er ihr Fleisch an die nichtahnende Wirtin des Lokals gegenüber. Die Polizei im noch nicht ganz organisierten Nachkriegsdeutschland kommt ihm erst spät auf die Schliche. Bis dahin hat Haarmann schon 30-40 Menschen auf dem Gewissen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Fritz Haarmann – „Der Vampir von Hannover“ – gehört zu den bekanntesten und bestialischsten Serienmördern der deutschen Geschichte. Anfang der 1920er Jahre tötete er in vier Jahren mindestens 22 Menschen, wahrscheinlich waren es deutlich mehr. Unter dem Vorwand ein Detektiv zu sein, suchte er im Bahnhofs- und Rotlichtmilieu von Hannover gezielt nach jungen Männern und kleinen Jungs, die niemand vermissen würde. In seiner nahgelegenen Wohnung verging er sich an ihnen und tötete sie, einige sogar durch einen Biss in die Halsschlagader, was ihm seinen Spitznamen einbrachte. Die Überreste versenkte er in der Leine, in der über 300 Knochenreste gefunden wurden. Es bestanden sogar deutliche Indizien dafür, dass Haarmann das Fleisch seiner Opfer zu Wurst verarbeitete, diese auf dem Schwarzmarkt und an ein Restaurant verkaufte, was er nie zugab. Insgesamt gestand er nur die Verbrechen, die ihm eindeutig nachzuweisen waren, die genau Zahl und das Ausmaß seiner Taten konnte nie restlos aufgeklärt werden. 1925 wurde er durch das Fallbeil hingerichtet. Noch heute ist seine Geschichte besonders in Hannover und Umgebung nicht in Vergessenheit geraten.

Kurt Raab („Mutter Küsters Fahrt zum Himmel“) legte sein selbstverfasstes Skript Rainer Werner Fassbinder („Berlin Alexanderplatz“) vor, selbst verfilmen wollte dieser es nicht. Stattdessen bot er es seinem Freund und Protegé Ulli Lommel („The Boogeyman“) an, blieb als Produzent mit an Bord und übernahm eine kleine Rolle. Laut Lommel war Fassbinder allerdings nur für seine zwei Drehtage am Set, an der Entstehung des Films hatte er somit kaum praktischen Anteil und Einfluss. Ein Großteil des Cast stammt zumindest aus seinem erprobten Kollektiv, wie Brigitte Mira („Chinesisches Roulette“), Margit Carstensen („Die dritte Generation“), Ingrid Caven („Faustrecht der Freiheit“) oder El Hedi ben Salem („Angst essen Seele auf“). Bis heute gilt „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ als das Meisterwerk in der Vita seines Regisseurs (was er nicht müde wird zu erwähnen), bestimmt sogar mit Recht, was angesichts seines – nennen wir es mal grenzwertigen – Outputs danach erstmal nicht so viel heißen mag (die Krönung seines Schaffens dürfte der bald schon legendäre „Daniel – Der Zauberer“ sein). Schon bei seiner Erscheinung polarisierte der Film, nicht nur aufgrund seiner Thematik und Gewaltdarstellung (speziell die würde nach heutigem Standard keine große Erwähnung finden), wurde dabei u.a. von der NEW YORK TIMES gefeiert und verhalf Lommel zu seinem internationalen Durchbruch, der schon 1980 mit dem minderwertigen, aber relativ erfolgreichen „The Boogeyman“ seinen Höhepunkt erreichte.

Was genau kann denn nun dieses „Masterpiece“? Es ist schwierig. Kritik wie Anerkennung für „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ ist gleichermaßen angebracht, es kommt sicherlich auf die Gewichtung an. Mit einer authentischen Aufarbeitung dieses spektakulären Kriminalfalls hat der Film wenig bis nichts zu tun. Er orientiert sich lediglich an den Fakten und Spekulationen über die Taten Haarmanns. Anders als der an der realen Figur, deren Hintergrund und den Motivationen interessierte Film „Der Totmacher“ benutzen Raab und Lommel lediglich das Verbrechen an sich, transportieren die Geschichte gar in ein ganz anderes Zeitfenster. Die Handlung spielt nicht kurz nach Ende des Ersten, sondern des Zweiten Weltkriegs, statt Hannover ist Gelsenkirchen der Ort des Geschehens. Mit dem echten Menschen Fritz Haarmann, mit seiner Geschichte setzt sich „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ zu keiner Sekunde auseinander. Wer er wirklich war, was ihn antrieb und was faktisch zu belegen wäre, alles irrelevant. „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ wäre als ambitionierte Adaption der Vorlage eine Katastrophe und dürfte somit für jeden der darauf hofft eine massive, ärgerliche Enttäuschung darstellen. Doch zugutehalten sollte man den Beteiligten: Ganz sicher war das nie die Intention.

Unabhängig davon ist klar zu erkennen, wie oft in dem eh kurzen Dreh improvisiert und abgeändert wurde. Nicht nur dadurch erscheint das Resultat insgesamt unausgegoren, tritt besonders narrativ lange auf der Stelle, findet kaum erzählerischen Fluss. An dem affektierten Spiel der Nebendarsteller und der eher bühnen- als filmhaften Inszenierung stört man sich wohl nur dann, wenn man nicht mit den generellen Arbeiten rund um Fassbinder vertraut ist, das soll gar nicht mal groß angekreidet werden. Gerade, da Kurt Raab selbst eine beängstigend intensive Darbietung abliefert. Sein zärtlicher Wolf erscheint gleichwohl fragil und sensibel, einsam auf der Suche nach Zuneigung, wie erschreckend kaltblütig, gespenstisch. Allein seine Performance ist mehr als beachtlich und die Interpretation der Figur auch Teil des Hauptaspekts, warum „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ einen Blick wert ist: Sie, wie der gesamte Film, erweckt den Eindruck einer Hommage an das düster-poetische, deutsche Kino der 20er und 30er Jahre, bevor das NS-Regime viele der Großen des heimischen Films in Exil vergraulte.

Angeblich (laut Lommel) war das nicht so vorgesehen. Nur in der Art der Beleuchtung wollte man direkt an die Arbeiten eines Fritz Lang („Metropolis“) anknüpfen und eine Szene, die an „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ angelehnt ist, entstand mehr oder weniger spontan. Wenn es so sein sollte, sind die Parallelen umso erstaunlicher. Schon die Präsentation und das Spiel von Raab wirken wie eine Mischung aus der „Nosferatu“-Figur von Max Schreck („Der Kaufmann von Venedig“) und der von Peter Lorre („Die Spur des Falken“) als Kindermörder aus besagtem „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Der gesamte Film verübt – ob nun gewollt oder nicht – die beklemmende Stimmung jener wegweisenden Ära, atmet deren unheilvolle Aura und schafft in den heruntergekommenen Straßen und Dachgeschosswohnungen des Ruhrgebiets einer noch vom Krieg erschütterten, nicht wieder gänzlich regenerierten und organisierten Bundesrepublik das Gefühl vom unerklärlichen Grauen in der Nachbarschaft, dem man zu lange zugesehen hat, ohne es zu realisieren. Natürlich ist „Die Zärtlichkeit der Wölfe“ holprig vorgetragen, wenig koheränt und als Verfilmung der wahren Ereignisse eher unbrauchbar, als stimmungsvolles, interessant inszeniertes Stück Film, das Brücken zwischen den Generationen deutscher Kinogeschichte schlägt, irgendwie sehr reizvoll.

Fazit

Ganz sicher nicht das hausierte Meisterwerk (was soll Ulli Lommel auch sonst sagen?), mit Sicherheit aber auch kein uninteressanter Film. Er ist zweifellos nicht ausgereift, gerade was Figurenzeichnung und Geschichte angeht, besitzt dafür eine einnehmende Wirkung und hinterlässt einen – trotz aller relevanten Kritikpunkte – mit einem merkwürdigen, künstlerisch erstaunlich befriedigenden Gefühl. Schwer auszumachen. Vielleicht alles im Chaos der Produktion entstanden, wie ein Würfelspiel, mal gucken was kommt. Das was gekommen ist, ist gar nicht schlecht.

Kritik: Jacko Kunze

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