MB-Kritik

Straight Circle 2025

Comedy

Inhalt

In diesem verstörenden Bild befällt allmählich ein desorientierender Albtraum zwei feindliche Soldaten, die an einer einsamen Wüstengrenze stationiert sind.

Kritik

Eine surreale Wüstenlandschaft, karnevaleske Kostüme und eineiige Zwillinge in den Hauptrollen sind die Zutaten Oscar Hudsons hochkonzeptionellen Historientheaters, die gekonnt politische Allegorie, Autoritätskritik und Anti-Kriegskomödie kombiniert. Mit den eineiigen Zwillingen Elliot Tittensor als Pte Warne und Luke Tittensor als Pte Arthur im Zentrum installiert das satirische Spielfilm-Debüt ein Spiegel-Szenario, das die Fremdheit des designierten Feindes durch exakte Doppelung als ideologische Illusion desavouiert.  Zwei fiktive Nachbarstaaten haben nach blutiger Vergangenheit einen brüchigen Waffenstillstand geschlossen, doch schon die gemeinsame Lobrede boykottieren die unverändert schwelenden Aggressionen. 

Auch Frieden hat eine Frontlinie: Willkürlich durch eine sinnbildliche und wahrhaftige Wüstenei gezogen, markiert diese Grenze auch die Trennlinie zwischen Vernunft und politischen Prinzipien. Zwei Militär-Männer bewachen die Linie, über die sie ihren nationalistischen Narzissmus definieren. Split-Screen-Sequenzen eröffnen die aberwitzige Analogie, in der das poröse Patt zwischen beiden Staaten beständig in neue Gewalt zu kollabieren droht. Protziges Zeremoniell, auf staatlicher und privater Ebene, unterstreicht den absurden Antagonismus der Staatspersonen, der sich direkt auf deren soldatische Repräsentanten überträgt. Ritual ersetzt Räson, Drill verdrängt Diplomatie. 

Unter der segelnden Sonne müssen beide buchstäbliche Flagge zeigen und Friedenstauben, die wie Legehennen eingepfercht leben, in eine fatale Freiheit entlassen. Schon minimale Abweichungen von dem peniblen Prozedere riskieren die Eskalation. Triviale Missverständnisse und infantile Regelbrüche vertiefen sich zu unüberwindbaren machtpolitischen Gräben. Umso hartnäckiger sich beide auf das rigide Regelwerk versteifen, umso egalitärer scheint dessen praktische Umsetzung. Wer auf welcher Seite steht - politisch oder linear - wird zunehmend uneindeutig. Das Auftauchen eines nomadischen Katalysators (Neil Maskell) forciert die Erosion von Persönlichkeit und Realitätssinn.

Fazit

Parodistisch perfide und visuell prägnant, illustriert Oscar Hudsons süffisantes Spielfilm-Debüt ideologische Ironie und Idiotie mit exzentrischem Eklektizismus, der trotz plakativer Tendenzen unterhält. Mit physischem Spiel tragen die Tittensor-Brüder das schleichend synchronisierte Szenario. Markante Ästhetik und durchkomponierter Bildaufbau zeugen von Hudsons Erfahrung als Werbe- und Musik-Video-Regisseur. Narrative Stagnation und hölzerne Dialog-Passagen passen paradox in die surreale Szenerie, die zur endlosen Bühne wird. Statische Kameraeinstellungen und simultane Gestik karikieren Grenzpolitik als propagandistische Choreographie. Repetition und Monotonie spiegeln den strengen Formalismus des geometrischen Gefüges zwischen Witz und Wahn.

Autor: Lida Bach
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