Inhalt
Doris, eine junge Hausfrau aus Oakland, und George, ein Buchhalter aus New Jersey, begegnen sich zufällig in einem idyllischen Hotel an der kalifornischen Küste. Sie beginnen eine Affäre und beschließen, sich jedes Jahr am selben Ort für ein gemeinsames Wochenende zu treffen. Im Laufe der Jahre entwickeln sich ihre Leben weiter: Kinder werden geboren, Karrieren verändern sich, und gesellschaftliche Umwälzungen prägen ihren Alltag. Trotz allem bleibt ihre einmal jährlich stattfindende Romanze eine Konstante in ihren Leben.
Kritik
Wenn die Handlung sich um eine Affäre dreht, könnte man glauben, dass sich der Film aufregend gestaltet. Doch dann würde man die Rechnung ohne den Regisseur Robert Mulligan (Kiss Me Goodbye) machen. Er entschied sich trotz der grundsätzlich kontroversen Thematik seinen Film so unaufgeregt und entspannt wie möglich zu gestalten. Zwei Verliebte treffen sich jedes Jahr an einem besonderen Ort und verbringen die Zeit miteinander. Dort sprechen sie gerne über Gott und die Welt und sezieren regelmäßig ihre Beziehungen, die sie mit anderen Ehepartnern haben. Was im Jahre 1979 vermutlich ziemlich provokant war, hat mit der Zeit alles Kontroverse verloren, denn eine Affäre schockiert heutzutage wohl niemanden mehr. Insbesondere die Art und Weise der Inszenierung führt dazu, dass man nie das Gefühl hat, dass das Liebespaar entdeckt werden kann. Sie sind vielmehr an diesem einen Ort an der kalifornischen Küste, wo sie komplett abgeschottet sind und die anderen Menschen scheinen kaum eine Rolle zu spielen und wenn sie kurzzeitig auftauchen, dann sind sie nichts weiter als nur eine Randnotiz.
Die ganze Atmosphäre hat etwas Kammerspielartiges an sich, sodass der ganze Film wie ein Theaterstück wirkt. Zwischendurch werden immer wieder echte historische Ereignisse in schwarz-weiß eingeblendet, um auf die fortschreitenden Jahre aufmerksam zu machen. Kriege, Präsidenten, Weltstars ziehen vorüber und auch die Zeiten ändern sich und mit ihnen spürt man auch die Veränderungen der beiden Hauptfiguren. Aus der ersten Verliebtheit und Leidenschaft wird beinahe schon Routine und die beiden wirken immer mehr wie ein altes Ehepaar, sodass man sich fragt, wieso sie sich neben der Ehe auch noch Partner gesucht haben, die mindestens genauso langweilig sind, wie ihre eigenen Ehepartner. Irgendwo zwischen den Schuldgefühlen, beruflichen Veränderungen und biederen Sexgesprächen, plätschert der Film nur so vor sich hin und ist mit seinen knapp zwei Stunden nicht gerade eine schnelle Nummer.
Trotzdem könnte der Film für den einen oder anderen sicherlich reizvoll sein, insbesondere für diejenige, die es mögen, wenn alles zerredet wird. Nächstes Jahr, selbe Zeit hat es sich nämlich nicht gerade zur Aufgabe gemacht, die Leidenschaft zu zeigen, sondern nur über sie zu reden. Wer sich darauf einlassen kann, dass die Figuren nichts weiter tun, als auf der Couch zu sitzen und darüber zu reden, wie sehr sie sich lieben oder wie sehr sie enttäuscht sind, dass sie sich verändert haben, wird den Film sicherlich mögen. Irgendwie sind die beiden Figuren in gewisser Weise sogar charmant und die Schauspieler verkörpern sie mit einer Stärke und Präzision. Schwierig wird es nur, wenn man mehr auf Action steht, denn damit kann der Film gewiss nicht diesen. Es wird alles peinlich genau analysiert und irgendwann kann man das neurotische Verhalten der männlichen Hauptfigur George (Alan Alda, Liebe in jeder Beziehung) kaum ertragen. Die weibliche Hauptfigur Doris (Ellen Burstyn, Requiem for a Dream) scheint weitaus abgeklärter zu sein, doch sie strotzt auch nicht gerade vor Vitalität, somit hat man zwei maximal langweilige Figuren, die gerade im letzten Drittel des Films geradezu zermürbend wirken. Deswegen sollte man sich vorher genau überlegen, worauf man sich da einlässt. Oscarnominierungen hin oder her, aber jede Geduld geht irgendwann zu Ende.
Fazit
„Nächstes Jahr, selbe Zeit“ ist ein nicht unbedingt gut gealterter Film, der wie ein zermürbendes Theaterstück mehr auf Gerede statt auf Action setzt. Nach dem Motto „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann reden sie noch heute“ setzt der Film alles auf eine Karte, nämlich auf seine zwei recht langweilige Figuren, die nichts weiter tun, als bis ins kleinste Detail ihre lahme Affäre zu zerreden. Natürlich kann die kammerspielartige Atmosphäre und das präzise Schauspiel einen guten Eindruck hinterlassen, doch man sollte sich von der Länge des Films unbedingt in Acht nehmen.
Autor: Yuliya Mieland