MB-Kritik

Drifting Laurent 2025

Comedy

Béatrice Dalle
Baptiste Perusat

Inhalt

Laurent ist 28 und dreht sich ständig im Kreis. Mitten in der Saison sucht er Zuflucht in einem verlassenen Skigebiet in den Alpen, lernt die Bewohner der Gegend kennen und knüpft unerwartete Freundschaften. Als der Winter kommt, hat sich Laurent verändert und kann sich nicht vorstellen, seine neuen Freunde zu verlassen.

Kritik

In der Eröffnungsszene Anton Balekdjians, Léo Coutures und Mattéo Eustachons (Mourir à Ibiza (Un film en trois étés) episodischen Regiedebüts schwebt der junge Titelcharakter scheinbar tatsächlich in den Lüften. In einem Ski-Lift gleitet Laurent (Baptiste Perusat) in die betont unaufgeregte Handlung, die in einem menschenleeren Wintersport-Ressort beginnt. Außerhalb der Saison gleicht der Ort einer Geisterstadt, deren seltsame Ruhe auf den emotionalen Zustand des Protagonisten verweist. Laurent fühlt sich einsam, doch andere Menschen verunsichern ihn. Er sucht seinen Ort, aber hält es nirgendwo lange aus. 

Der stille 29-Jährige hat die Bodenhaftung verloren, aber gerade dadurch steht er auch über den Dingen. Jene entwickeln sich ohne jede Hektik und große Wendungen in dem tragikomischen Travelogue. Dessen Regie-Trio schrieb gemeinsam das Drehbuch. Mattéo Eustachon lieferte die distanziert beobachtenden Bilder und Léo Couture die melancholische Musik. So sprechen Gesten und Reaktionen oftmals beredter als die Dialoge. Deren nüchterner Pragmatismus verrät wenig von den eigenwilligen Bindungen, die sich zwischen Laurent und verschiedenen Zufallsbekanntschaften entspinnen. 

Ein moderner Wikinger (Thomas Daloz), eine einsame alte Frau, die auf den Tod wartet, und die aparte Sophie (Beatrice Dalle, Maldoror) finden Laurent in seiner unbestimmten Traurigkeit  - oder er findet sie - und teilen sie für ein paar flüchtige Momente. Der Charme der unaufgeregten Vignetten liegt in der selbstverständlichen Akzeptanz einer unbestimmten Schwermut, die in einer toxisch positivistischen Gesellschaft meist pathologisiert wird. Die zwischenmenschlichen Miniaturen laufen indes nicht auf eine existenzielle Wandlung hinaus, sondern den Wert geteilter Gefühle. 

Fazit

Dass manche der humoresken Episoden Anton Balekdjians, Léo Coutures und Mattéo Eustachons bittersüßer Humoreske eine Titelkarte haben und andere nicht, verweist auf deren lose Struktur. Jeder der in Kurzkapiteln erzählten Handlungsstränge, die überwiegend mit Unbekannten besetzt sind, die scheint in seinem eigenen Mikrokosmos zu spielen. Dass der undurchsichtige Titelheld diese narrativen Welten schließlich verbindet, scheint ein dramaturgischer Nachtrag. Trotz anrührender Momente wirkt die mit trockenem Witz aufgelockerte Story mehr wie eine Handvoll notdürftig zusammengeknüpfter Kurzfilme. 

Autor: Lida Bach
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