MB-Kritik

In-I in Motion 2025

Juliette Binoche
Akram Khan

Inhalt

2007 unterbrachen Juliette Binoche und Akram Khan ihre Karriere, um gemeinsam „In-I“ zu kreieren, eine Originalaufführung, die weltweit tourte. Heute lässt Juliette Binoche diese anregende Reise noch einmal Revue passieren. Anhand bisher unveröffentlichter Aufnahmen reflektiert sie als Filmemacherin über das Schaffen, die damit verbundenen Herausforderungen und die damit verbundene persönliche Transformation.

Kritik

Die physische und mentale Anstrengung, die sowohl  s Auftritt in dem mit Tänzer und Choreograph 2007 umgesetzten Theater-Tanz-Hybrid “In-I” als auch deren dokumentarische Aufarbeitung sie kosteten, vermittelt die französische Schauspielerin, Performerin und nunmehr auch Regisseurin immerhin glaubwürdig. Schon die herausfordernden Proben zu dem Bühnenstück, mit dem sie 2008 weltweit auf Tour ging, auf der Leinwand anzusehen, ist enorm anstrengend. So sehr, dass Binoches filmisches Regiedebüt, das Außer Konkurrenz in San Sebastián seine Weltpremiere feiert, eine der höchsten Walkout-Raten des Film Festivals hat. 

Grund dafür scheint ebenso die herausfordernde Länge von über zweieinhalb Stunden als auch das großteils geschlossene Setting und die repetitive Struktur. Binoche und Kahn verbringen nahezu die gesamte Zeit in einem nüchternen Probenraum, wo sie die immer gleichen Bewegungsabläufe und Szenen wiederholen und interpretieren und improvisieren. Unterbrochen wird dieser für das Tanzpaar körperlich und psychisch fordernde Prozess durch angeregte Diskussionen mit verschiedenen Choreographinnen über die Suche nach Wahrheit in der Darstellung. Wie authentisch kann eine Aufführung sein und wo verläuft die Grenze zwischen Selbst und Show?

Der persönliche und physische Einsatz der Darstellerin, die zugleich vor und hinter der Kamera Neuland betritt und nicht davor zurückscheut, Unsicherheiten zu zeigen, ist bemerkenswert. Sowohl in der symbiotischen Selbstergründung mit Kahn als auch dem filmischen Freilegen der feinen Risse und Spannungen zwischen Schauspiel, Tanz und Inspiration strebt Binoche nach absoluter Wahrhaftigkeit. Für Außenstehende macht dieser Ehrgeiz die Einblicke in den Kreativprozess nur bedingt zugänglicher. Die emotionale Expressivität bleibt hermetisch abgeschlossen in einem konspirativen Kunstkosmos, der sich bewusst einer Öffnung nach außen verweigert.

Fazit

Für ihr Regie-Debüt im Stil einer rein observativen Dokumentation schöpft Juliette Binoche aus einem beachtlichen Fundus. Über hundert Vorstellungen, zahlreiche Proben, rund 170 Stunden Filmmaterial und zahlreichen bislang unveröffentlichten Szenen. Die minutiöse Kameraarbeit unter Beteiligung ihrer Schwester Marion Stalens hält in Nahaufnahmen Erschöpfung, Zögern und Frustration ungeschönt fest. Doch hinter all dem steckt mehr Selbstdarstellung als künstlerische Sinnsuche. Statt die elitäre und exklusive Bühnenwelt einem breiten Publikum zu öffnen, inszeniert Binoche sich selbst als Multitalent. Das Resultat ist überwältigend, allerdings weniger kreativ denn als egomanischer Exzess. 

Autor: Lida Bach
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