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Es geht los!

PatrickFey

Von PatrickFey in Biennale 2021

Es geht los! Bildnachweis: © La Biennale di Venezia

Gerade noch traf sich die Filmwelt, dieses Jahr coronabedingt verspätet, an der französischen Côte d’Azur, um Julia Ducournau für Titane zum ersten Palm d'Or-Gewinn einer Regisseurin seit Jane Campions The Piano (1993) zu gratulieren, da zieht die Industrie bereits weiter zur Biennale nach Venedig. Dort hat man sich in den vergangenen vier Jahren mit mit seinen Goldenen Löwen für The Shape of Water, Roma, Joker sowie Nomadland als hervorragende Seismographen der darauffolgenden Award-Season bewiesen, und es nimmt daher kaum wunder, dass die Biennale in diesem Jahr, unter der Jury-Leitung Bong Joon-hos, mit größerer Starpower daherkommt als der große Bruder in Cannes. Da wäre zum einen die genannte Jane Campion zu nennen, deren Netflix-Produktion The Power of the Dog mit Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst und Jesse Plemons denkbar hochkarätig besetzt ist.

Verzichtete man in Cannes noch auf Campion und ihren „Netflix-Film“, zum einen aufgrund der Tatsache, dass den in Cannes präsentierten Filmen eine französische Kinoauswertung zugesichert werden muss, zum anderen aber auch aufgrund der seit 2018 gültigen Gesetzgebung, wonach zwischen dem Kinostart und der Heimvideo-Veröffentlichung ganze vier Monate liegen müssen, wird sich die Festivalleitung der Biennale um Alberto Barera ins Fäustchen gelacht haben, nicht zuletzt deshalb, da man bereits mit dem netflixproduzierten Roma von Alfonso Cuarón besonders positive Erfahrungen machte (Roma sollte ein halbes Jahr später den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewinnen und galt zudem als heißer Kandidat, das längst überkommene, ungeschriebene Gesetz zu überkommen, wonach der „Beste Film“ immer ein amerikanischer zu sein habe). Der nach The Power of the Dog wohl spannendste Vertreter aus dem Hause Netflix dürfte Paolo Sorrentinos (La Grande Belleza) autobiographisches Drama The Hand of God sein, dessen Titel daran anlehnt, dass der gebürtige Neapolitaner für seinen vielleicht persönlichsten Film in seine Heimat zurückkehrt. Dort, in Napoli, erlebte schließlich die argentinische Fußballlegende Diego Maradonna, der, seit seinem geschichtsträchtigen, ungeahndeten  Handtor bei der Fußballweltmeisterschaft 1986 den Beinamen „Die Hand Gottes“ zugeschrieben bekam, die Blütezeit seiner Karriere und genießt dort auch posthum noch eine solche Verehrung, wie sie ihm wohl sonst nur in Argentinien zuteil wird.   

Gänzlich solcher Subtilität entsagend kommt Ridley Scott (Alien, Blade Runner) mit seiner Mittelalter-Extravaganz The Last Duel daher, ein Projekt, das mit jeder Pore Größenwahnsinn verströmt. Adam Driver als Jacques Le Gris, Ben Affleck als Pierre d'Alençon, Matt Damon als Jean de Carrouges und Jodie Comer als Marguerite de Carrouges, deren Anklage der Vergewaltigung zum letzten, vom französischen Parlament zugelassenen, juristisch bindenden Duell der Geschichte führte.

Eine royale Geschichte gänzlich anderer Art dürfte uns mit Pablo Larraíns Spencer ins Hause stehen, für das Kristen Stewart (Personal Shopper, Certain Women) in die Rolle der Lady Diana während ihrer letzten Tage schlüpft. Die Vergleiche zu Jackie werden sich vermutlich zwangsläufig aufdrängen, insbesondere, wenn das Ergebnis auch nur halb so anrührend ausfällt wie Larraíns wunderbar zartes Biopic über Jacqueline Kennedy.  

Gespannt sein darf man schließlich auch auf Paul Schraders The Card Counter, zum einen, weil Schrader, in seinem Schaffen wie als Person des öffentlichen Lebens, ganz und gar unberechenbar ist, wie uns seine impulsiven Facebook-Posts immer wieder unterstreichen  Voraussicht und Eindringlichkeit immer noch nachhalt. The Card Counter, mit Oscar Isaac, Tye Sheridan und Willem Dafoe, verspricht abermals eine innere Finsternis der Männer zu untersuchen, die Schrader traditionell ins Zentrum seiner Geschichten stellt, eine Exploration, die Schrader einst durch sein Drehbuch für Martin Scorceses Taxi Driver zu urplötzlicher Berühmtheit verhalf.

In einem, was die großen Namen betrifft, doch recht männerdominierten Festival sollte auch ein Auge auf Ana Lily Amirpours neuen Film Mona Lisa and the Blood Moon geworfen werden. Die gebürtige Engländerin zollte 2014 in ihrem stilsicheren Spielfilmdebüt, dem Vampirwestern A Girl Walks Home Alone at Night ihren iranischen Wurzeln Tribut und landete einen großen Überraschungshit beim Sundance Film Festival und darüber hinaus. Viel ist über das neue Projekt noch nicht bekannt, aber mit dem Casting Jeon Jong-seos, die ein beachtliches Schauspieldebüt in Lee Chang-dongs Meisterwerk Burning hinlegte, weckt sie ebensoviel Neugier wie mit der abermaligen Hinwendung zum Fantastischen.

Eröffnet wird die 78. Ausgabe des ältesten Film-Festivals der Welt indes von Pedro Almodóvars Parallel Mothers, der, wie schon so oft in seiner langen Karriere, hauptsächlich mit Frauen zusammenarbeitet und von diesen erzählt und dafür abermals auf die Dienste Penélope Cruz‘ zurückgreift (zuletzt hatte es dieses Duo beim vielbeachteten Pain und Glory gegeben).Und dann ist da noch Maggie Gyllenhaals Regiedebüt in Spielfilmlänge, The Lost Daughter, das sich mit Olivia Colman, Dakota Johnson und Peter Saarsgard auf dem Papier vielversprechend darstellt, über das aber ansonsten noch nicht allzuviel bekannt ist.

Doch, natürlich, über allem schwebt schon seit geraumer Zeit Dune. Der Frank-Herbert-Roman, an dem sich einst selbst David Lynch  mit seiner Adaption die Zähne ausbiss. Dune, das noch vergangenen Winter, inmitten der Corona-Krise, von Warner Bros. und der klassischen Kinoauswertung als Prämium-Produkt des neuen Streaming-Dienstes HBO Max zum Heimkino verlegt werden sollte – ein Desaster, was Regisseur Denis Villeneuve (Arrival) dazu veranlasste, seinem Frust in Form eines offenen Briefes via Variety Ausdruck zu verleihen. Dune, es bleibt abzuwarten, könnte das werden, woran Tenet, aus welchen Gründen sei einmal dahingestellt, auf grandiose Weise gescheitert ist: die Leute ins Kino zu bringen, um sie dann, während der Vorstellung, daran zu erinnern, warum sie es tun. Dass es hingegen auch ganz anders laufen kann, hat Blade Runner 2049 gezeigt, das trotz Ryan Gosling, Harrison Ford und Jared Leto in einem Verlustgeschäft mündete.

Es wird allerhand geboten bei der diesjähren Biennale, und während in Cannes noch eine undefinierbare Nervosität in der Luft hing, Corona noch immer das Meiste überlagerte, herrscht in Venedig allem voran der Stress vergangener Tage, es in die Filme zu schaffen, die man sich im Vorhinein notiert hat, ganz so, als sei die Normalität nun nicht länger herbeigeredet, sondern wieder in Kraft getreten. 

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