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Atlanta - Staffel 1 - Kritik

MrDepad

Von MrDepad in Atlanta - Staffel 1 - Kritik

Atlanta - Staffel 1 - Kritik Bildnachweis: © FX Networks

Story

Die Serie folgt Earn während seines täglichen Lebens in Atlanta, Georgia, als er versucht, sich in den Augen seiner Freundin, seiner Eltern und seines Cousins, der unter dem Bühnennamen "Paper Boi" rappt, zu beweisen. Nachdem er die Princeton University verlassen hat, hat Earn kaum Geld und kein festes Zuhause und wechselt zwischen dem Aufenthalt bei seinen Eltern und seiner Freundin. Sobald er erkennt, dass sich sein Cousin am Rande des kommerziellen Durchbruchs befindet, sucht Earn als letzten Ausweg den Kontakt zu ihm, um sich als Manager zu empfehlen und sein eigenes Leben in den Griff zu kriegen sowie das seiner kleinen Tochter zu verbessern.

Kritik

Donald Glover (Girls) ist ein Mann vieler Talente. Er rappt nicht nur erfolgreich unter dem Künstlernamen "Childish Gambino", war als Autor an 30 Rock beteiligt, ist als Stand-up-Comedian aufgetreten und hat als Schauspieler unter anderem in Community mitgespielt, sondern nun mit Atlanta auch noch eine Serie geschaffen, in der er eine der Hauptrollen spielt sowie einige der Episoden geschrieben und inszeniert hat. Als "Twin Peaks mit Rappern" hat Glover das Projekt vorab bezeichnet und auch wenn dieses Prädikat den Kern der Serie nicht ganz trifft, sind Ähnlichkeiten mit David Lynchs (Mulholland Drive) und Mark Frosts (Storyville) Meilenstein trotzdem nicht von der Hand zu weisen. 

Im Mittelpunkt der Handlung steht Earnest Marks, der von allen Earn genannt wird und die Kehrseite des amerikanischen Traums, welcher längst zur Utopie verkommen ist, durchlebt. Earn hat in seinem noch relativ jungen Alter nach eigener Ansicht wenig bis gar nichts erreicht. Mit Vanessa, der Mutter seiner kleinen Tochter Lottie, führt er gewissermaßen eine Zweckbeziehung, bei der beide unregelmäßig in einem Haus leben, wobei Vanessa durch ihren Job als Lehrerin das Geld verdient, während Earn ununterbrochen pleite ist, da er als Verkäufer von Reise-Deals am Flughafen erfolglos von Tag zu Tag pendelt. Als sein Cousin Alfred unter dem Pseudonym "Paper Boi" als Rapper langsam Aufmerksamkeit erlangt, will Earn den möglichen Durchbruch nicht verpassen und sich als dessen Manager empfehlen.

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Atlanta vermittelt einen authentischen Eindruck davon, was es bedeutet, Teil der afroamerikanischen Kultur im Amerika des 21. Jahrhunderts zu sein. Auch wenn die Serie gemäß ihres Titels in der Hauptstadt Georgias angesiedelt ist, entwirft Glover einen ebenso scharfsinnigen wie verträumten Mikrokosmos, den er mit ungewöhnlichen, schrägen, sympathischen oder exzentrischen Figuren bevölkert. Obwohl Earn zu Beginn der Serie als Hauptcharakter eingeführt wird, verschiebt sich der Fokus im weiteren Verlauf der ersten Staffel immer wieder hin zu anderen Personen, ohne das alles überstrahlende Beziehungsgeflecht innerhalb dieser Figurenkonstellation zu vernachlässigen. 

Ob sich die einzelnen Episoden, die mit ihrer kompakten Länge von 20 bis 25 Minuten jeweils als fast schon eigenständige Einheiten funktionieren, nun Earn widmen, der versucht, aus der Armut auszubrechen und etwas mit seinem Leben anzufangen, Al, dessen erste Gehversuche als Rapper im Musikgeschäft komplizierter verlaufen als zunächst erwartet oder Vanessa, die hin- und hergerissen wird zwischen ihrer Funktion als umsorgende, liebevolle Mutter und eigenständige, für sich selbst sorgende Frau, sie alle werden von den gleichen Motiven verknüpft. In Atlanta geht es für die jeweiligen Figuren vor allem darum, den Stellenwert ihrer eigenen Identität sowie den Status innerhalb einer Gesellschaft und deren etablierten Normen zu ergründen. 

Der Tonfall schwankt dabei zwischen Komödie und Drama, lässt sich aber nie auf eines der beiden Genres festlegen. So kommt es dazu, dass der Humor mitunter die bissige Qualität eines Dave Chappelle (Block Party) erreicht, wobei anfangs komische Ereignisse urplötzlich in tragische Momente kippen können. Glover und sein Team an Drehbuchautoren verleihen den Handlungssträngen eine unwiderstehliche Qualität, durch die sich in alltäglichen, geradezu banalen Situationen poetische Beobachtungen oder melancholische Gefühle wiederfinden. Darüber hinaus ist Atlanta aber auch von surrealen Details gespickt, durch die der vorab angestellte Vergleich zu Twin Peaks durchaus Gewicht erhält. 

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Wenn sich direkt in der Pilotfolge ein merkwürdiger Mann im Bus neben Earn sitzt, der ihm erst einen Nutella-Toast schmiert, um dann in der nächsten Szene blitzschnell außerhalb des Busses im Wald zu verschwinden, Justin Bieber von einem afroamerikanischen Darsteller gespielt wird oder ein Rapper auf Instagram-Fotos neben einem unsichtbaren Auto posiert, das am Ende der Episode auch noch in Aktion zu beobachten ist, wird die Serie immer wieder von wirren Eigenheiten durchzogen, die dem gefühlvoll-intimen Ton ein zusätzlich außergewöhnliches Gewicht verleihen. 

Darüber hinaus beweist Glover den Mut, hin und wieder aus dem üblichen Schema konventioneller Serien-Strukturen auszubrechen. Neben dem grundsätzlich minimalistischen Ansatz, nur ein oder zwei Ereignisse über die gesamte Laufzeit einer Episode zu schildern, ist B.A.N. beispielsweise als Ausstrahlung einer fiktiven Talk-Show inszeniert, die zusätzlich öfters durch extra gedrehte Fake-Werbespots unterbrochen wird, während sich die darauffolgende Episode fast ausschließlich im Inneren eines von Neonlichtern und Trap- oder R&B-Songs dominierten Nachtclubs ereignet, den Hiro Murai, der bei einem Großteil der Staffel Regie führte und ihr eine unverschämt schöne Ästhetik verleiht, als unwirklich hypnotische Zwischenwelt in Szene setzt.

Fazit

Mit traumwandlerischer Leichtigkeit, melancholisch-süßlicher Poesie und surrealer Verspieltheit beleuchtet "Atlanta" aufrichtige Charakterdynamiken, widmet sich dem komplexen Verhältnis zwischen ambitionierten Wunschvorstellungen sowie bitteren Realitätseinschlägen und behandelt dabei auf passend eingefügte Weise soziokulturelle Zustände des aktuellen Zeitgeschehens wie Polizeigewalt, Transgender-Diskussionen oder Social-Media-Trends. Donald Glovers Serienschöpfung trifft mit ihrer einerseits nachdenklichen, introvertierten, andererseits eigenwilligen, verschrobenen Art in dieser ersten Staffel zwar nicht durchgängig alle richtigen Töne, entziehen kann man sich der wunderbar filmischen Qualität dieses faszinierenden, gefühlvollen Kleinods aber kaum.

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