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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die zwölfjährige Stella steckt mitten in der Pubertät, sie kämpft mit Selbstzweifeln, verliert sich in Tagträumen, ist in ihren Eiskunstlauflehrer Jakob verliebt und weiß nicht wie sie es ihm sagen soll. Aber ein anderes Problem wiegt sehr viel schwerer: Stellas Schwester Katja, eine begabte Eiskunstläuferin, ihr großes Vorbild, hat ein Geheimnis: Sie ist magersüchtig. Stella merkt schnell, dass irgendetwas mit ihrer Schwester nicht stimmt und möchte sich den Eltern mitteilen, doch Katja zwingt sie zu schweigen. Langsam beginnt Katjas Krankheit die Familie zu spalten.

Kritik

Eiskunstlauf und das Schreckensbild im Spiegel

Dieser Film beschäftigt sich mit zwei Arten von Kunst: dem Eiskunstlauf und der Kunst des Lebens. Während ersteres nach jahrelangem Training und durch eiserne Disziplin in gewohnter, vorhersehbarer Weise abläuft, hält der Verlauf des Lebens immer neue Hürden bereit, die es zu nehmen gilt. In „Stella“ erlebt eine Familie, wie ein psychisches Phänomen, die Magersucht, den gewohnten Alltag in ein emotionales Chaos verwandelt. Etwa ein Prozent der hauptsächlich betroffenen Altersgruppe zwischen 12 und 25 Jahren erkranken an Magersucht, wobei im Verhältnis auf einen Mann ungefähr zehn Frauen kommen. Die tiefgreifenden psychologischen Ursachen bewirken, dass sich Magersucht als ein mehr als ernstzunehmendes Problem manifestieren und in manchen Fällen zum Tod führen kann. Betroffene durchleben einen unvorstellbaren Zwiespalt zwischen Ablehnung des Essens und ständig kreisenden Gedanken um dieses Thema, zwischen dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem Kontrollerleben durch die Mitmenschen, zwischen Abscheu gegenüber dem eigenen Körper und fanatischer Zentrierung auf ihn im Denken und Agieren. In diese Zusammenhänge führt „Stella“, die kleine schwedisch-deutsche Co-Produktion, das Publikum schrittweise und unerbittlich ein.

Die Kamera ist dauerhaft auf das blasse Gesicht der zwölfjährigen, rothaarigen Stella (Rebecka Josephson) gerichtet, die zusehen muss, wie ihre große Schwester Katja (Amy Deasismont) in die Fänge der Anorexia nervosa gelangt. Sie bewundert ihre Schwester für ihre Grazie auf der Eisfläche, ihre leichtfüßigen Pirouetten und ihren schlanken, athletischen Körper. Stella setzt sich zunehmend mit ihrem eigenen Körpergewicht auseinander, kann sich aber nicht dazu durchringen, ihr Leben umzustellen. So geht sie in gesunder Weise mit dem sozialen Druck der Außenwelt um, der vor allem aus dem fantasiegeleiteten Werben um den einige Jahre älteren Eiskunstlauflehrer Jakob (Maxim Mehmet) und dem ständigen Vergleich mit ihrer sportlichen Schwester Katja besteht. Diese jedoch ist besessen von ihrem Traum, eine berühmte Eiskunstläuferin zu werden, und steigert sich in einen Wahn hinein.

Die Regisseurin Sanna Lenken („Dubbelliv“, 2010-2012), die auch für das Drehbuch verantwortlich war, offenbart in ihren Figuren und Dialogen ein beachtliches Maß an emotionaler Authentizität, wofür sie zu Recht mit dem Gläsernen Bären auf der Berlinale 2015 belohnt wurde. Es ist absolut lobenswert, dass sie konsequent bei der Sichtweise der kleinen Stella bleibt und das Familiengeschehen ausschließlich aus ihrer Perspektive schildert. Stellas Charakterist der Dreh- und Angelpunkt des Films: sie wird in ihrer Entwicklung, im Übergang vom Kindes- ins Jugendalter vor allem durch die Fürsorge geprägt, die sie ihrer Schwester in der Not entgegenbringt, und vermittelt gleichzeitig als unverzichtbares Bindeglied zwischen den auseinanderbrechenden Teilen der Familie. Den Eltern (Annika Hallin als Katrin und Henrik Norlén als Lasse) misslingt es wiederholt, eine Brücke zu ihrer entgleitenden Tochter Katja zu schlagen, sodass sie auf die tatkräftige Stella hoffen müssen. In Anbetracht der schweren Last, die auf den Schultern der kleinen Hauptperson lastet, ist es nicht verwunderlich, dass gegen Ende die überzeugten Worte „jetzt bin ich reifer“ von ihr zu hören sind. Nicht nur Stella wächst an den dramatischen Ereignissen, sondern die ganze Familie sieht sich gezwungen, sich in der Kunst des Lebens zu versuchen.

Die Entscheidung, den Schwerpunkt auf das Erleben der kleinen Schwester zu legen, hat weitreichende Folgen für die Komplexität der Darstellung des Themas Magersucht: einerseits wird dem Publikum ein Einblick in die Psyche der Betroffenen aus der Ich-Perspektive verwehrt, was die detaillierten motivationalen Ursachen und Gedankengänge in Schatten hüllt, dafür aber eine reale Beobachtung aus der Sichtweise eines Mitmenschen möglich macht. Andererseits wird durch die Auseinandersetzung Stellas mit dem Thema und dem Verhalten ihrer Schwester auf die weitreichenden Folgen für die Familienstruktur und das Umfeld des erkrankten Mädchens hingewiesen. Da die schlagkräftigsten Szenen die sind, welche sich zwischen den Schwestern abspielen, hätte man sich im Ganzen mehr davon gewünscht. Auf diesem Wege hätte sich auch ein noch tieferes Verständnis für das Entstehen der Magersucht beim Zuschauer bilden können.

Fazit

Das Drama „Stella“ glänzt vor allem durch wohlüberlegte, pointierte Dialoge und Schauspieler, die auf ganzer Linie überzeugen. In keiner Sekunde kommen Zweifel über die Echtheit der Empfindungen auf. Hier wurde ein hoch brisantes, aktuelles Thema ordentlich angepackt und in purer Form auf Charaktere übertragen, die facettenreich und bemerkenswert agieren. Wenn Sanna Lenken auch noch etwas an der Figur der großen Schwester hätte feilen können, ist dies Jammern auf hohem Niveau. „Stella“ ist ein lohnender Geheimtipp – geheim deshalb, weil er leider, leider wieder einmal, wie so viele gehaltvolle Filme jenseits der engen Mainstream-Schneise, kein gebührendes Publikum haben wird.

Kritik: Jonas Göken

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