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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Inviolata, ein abgeschiedenes Landgut im italienischen Nirgendwo. Hier herrscht die Marquesa Alfonsina de Luna mit harter Hand über ihre Landarbeiter. Lazzaro ist einer von ihnen, ein junger Mann, so gutmütig, duldsam und unschuldig, dass man ihn für einfältig halten könnte. Eines Tages kommt Tancredi nach Inviolata, Sohn der Marquesa, der an seiner Mutter so sehr leidet wie am Landleben. Mit ihm entwickelt sich eine seltsame, ungleiche Freundschaft, die erste in Lazzaros Leben. Anfangs noch zart und unbeholfen, wird sie die Zeit überdauern, auch die alles auseinander sprengenden Folgen des „Großen Betrugs“, die Lazzaro auf der Suche nach Tancredi in die große Stadt führen werden.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Permanent hallt sein Name über die inmitten der norditalienischen Berglandschaft gelegene Tabakplantage: Lazzaro hier, Lazzaro da. Wenn die Landarbeiter ihre Arbeit auf jemand anderen abwälzen wollen, dann rufen sie Lazzaro (Adriano Tardiolo) zu sich, denn der macht alles, außer Widerworte geben. Der buckelt von morgens bis abends und bietet der Bevölkerung danach noch an, Kaffee für alle zu kochen. Jenen Kaffee, den er gerade von einem schmierigen Gutsverwalter erhalten hat, dessen Hauptaufgabe es zu sein scheint, den Armen einzureden, dass sie in Wahrheit die Vermögenden sind. So gutmütig, geduldig und offenherzig, wie Lazzaro sich von den Ausgebeuteten ausbeuten lässt, möchte man fast der Annahme erliegen, dass man es mit einem geistig Zurückgebliebenen zu tun hat. Aber Lazzaro ist nicht minderbemittelt, sondern ein Heiliger.

In einem dem Feudalismus ähnlichen System, in dem die Fabrikantin Marquesa Alfonsina de Luna (Nicoletta Braschi, Himmel über der Wüste) die Arbeiter wie leibeigene Sklaven gefangen hält, trägt Lazzaro die Möglichkeit des absoluten Gutseins nach außen. Immer selbstlos, immer mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und niemals eigenen Interessen folgend. Auch aus dem Grund, weil er nie etwas anderes gelernt hat. Alice Rohrwacher (Land der Wunder), die bereits 2014 mit dem großen Preis der Jury in Cannes ausgezeichnet wurde und beim letztjährigen Festival mit Glücklich wie Lazzaro die Auszeichnung für das beste Drehbuch entgegennehmen durfte, zeichnet sich hier für ein wundersames Seherlebnis verantwortlich. Für einen Film, der voller Widersprüche steckt und daraus einen faszinierenden Sinn für das unscheinbar Magische in unserer Welt destilliert, in dessen traumwandlerischem Bann man sich zwangsläufig verlieren muss.

Denn wo Alice Rohrwacher hier nicht nur viel über politische, gesellschaftliche und historische Verhältnisse berichtet, die nicht nur auf Italien, sondern die ganze Welt zutreffen, wird Lazzaro zum Zentrum einer Heiligensaga, die ihren interpretativen Nährboden sowohl im Biblischen als auch im Mythologischen sowie Filmhistorischen findet. Er ist das Wunder am Rande des Geschehens, die beiläufige Epiphanie, die unwahrscheinliche Offenbarung, die Glücklich wie Lazzaro zu einem überzeitlichen Gleichnis über ländliche Armut, urbanes Elend und die Suche nach dem Glück erklären. Rohrwachers Deutungsebenen und Bezugspunkten kulminieren dabei in einer Auffassung, die die Vergangenheit als unvergänglichen Zustand unseres Daseins machen. Soziale Ungerechtigkeit hat es schon immer gegeben, sie tritt in mannigfachen Formen auf, versteckt sich hinter vielgestaltigen Masken, bleibt ihrem destruktiven Wesen im Kern jedoch immer treu. 

Ist Lazzaro deswegen ein naiver, bemitleidenswerter Idiot, weil er die hiesigen Gegebenheiten immer mit einer verträumten Selbstlosigkeit quittiert? Oder ist Lazzaro womöglich der Schlüssel für Veränderung, weil sich in seiner Dankbarkeit, seiner Selbstlosigkeit, seiner unerschütterlichen Güte all die Verfehlungen spiegeln, die den Menschen seit dem Anbeginn der Zeit verfolgen? Alice Rohrwachers Antwort darauf ist eine bittere, ihr dritter Spielfilm allerdings bleibt dennoch ein wunderschöner, weil er sich dem bedrückenden Sozialrealismus eines Pier Paolo Pasolini (Die 120 Tage von Sodom) nicht verschließt, aber ihn mit der Leichtigkeit von Vittorio De Sica (Fahrraddiebe) und dem spielerischen Gestus eines Giuseppe De Santis (Bitterer Reis) flankiert. Dabei gewinnt der auf körniges 16-Millimeter-Material gebannte Glücklich wie Lazzaro etwas Sagenhaftes; etwas Märchenhaftes und findet die harte Wahrheit in sanftmütiger Unschuld.

Fazit

"Glücklich wie Lazzaro" ist ein kleines Filmwunder. Alice Rohrwacher erzählt hier über die Geschichte der menschlichen Ausbeutung, gibt sich inszenatorisch aber einer traumwandlerischer Magie hin, die das Wundersame, Poetische und Faszinierende mit dem Gesellschaftsanalytischen verkreuzt und dadurch ein anmutig-bereicherndes Seherlebnis schafft, dessen Kraft sich aus den Widersprüchen speist.

Kritik: Pascal Reis

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