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Quelle: themoviedb.org
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Inhalt

Zwei Polizisten ermitteln in einer Serie brutaler Morde. Die Opfer müssen scheinbar alle für ihre Sünden der Vergangenheit büßen. Ein Hinweis lenkt sie auf das Verschwinden eines kleinen Mädchens, Francesca, das 15 Jahre zurückliegt. Hängen die beiden Fälle zusammen und wenn ja, warum?

Kritik

Fast jedes totgesagte Genre erlebt irgendwann sein Comeback, sei es nur von kurzer Dauer oder sporadisch eingestreut. Der (kommerzielle) Horrorfilm war schon genauso mausetot wie der Sandalenfilm, das Musical oder die Screwball-Comedy, irgendwann war die Zeit mal wieder Reif für einen neuen Hit. Doch seit der große Dario Argento 1987 mit „Opera“ sein letztes Meisterwerk gedreht hat, ist das damals schon zum seltenen Exoten mutierte Subgenre des Giallo nur noch ein Relikt vergangener Tage. In den frühen 70er Jahren schossen die gelben Serienkiller-Filme wie Pilze aus dem (meist) italienischen B-Movie-Boden, scharrten eine große Fangemeinde um sich und finden selbst heute immer noch neue Anhänger, was auch auf die vorbildliche Veröffentlichungspolitik für das Heimkino in den letzten Jahren zurückzuführen ist. Dank einiger Labels sind immer mehr Gialli inzwischen für den deutschen DVD- und Blu-ray-Markt erhältlich, teilweise in liebevollen Editionen und manchmal gar von einer milde gestimmten FSK für den freien Verkauf zugelassen. Neues Giallo-Futter muss trotzdem weiterhin mit der Lupe gesucht werden und wenn, ist es mit Vorsicht zu genießen.

In den letzten 10 Jahren gab es gerademal eine handvoll waschechter Neo-Gialli. Das Ehepaar  Hélène Cattet & Bruno Forzani brachte 2009 mit „Amer“und 2013 mit „Der Tod weint rote Tränen“ zwei viel beachtete Beiträge auf den Weg, die sich vor allem in ihrer künstlerischen Ästhetik suhlten, was auch unter Fans nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe stieß. Neben dem nur Genre-verwandten „Julia’s Eyes“ (2010) von Guillem Morales bleiben als einzige, bemerkenswerte Versuche nur noch die deutsche (!) Low-Budget-Produktion „Masks“ (2011) von Andreas Marschall („German Angst“) und der vielleicht beste Neo-Gialli „Eyes of Crystal“ a.k.a. „Anatomie des Grauens“ (2004) von Eros Puglielli übrig. Letzteren gelang genau das, was ein Giallo jenseits der Jahrtausendwende ausmachen sollte: Eine Symbiose aus modernem Kino und den Wurzeln des Genres. Ein Film, der auch das Publikum seiner Zeit ohne große Vorkenntnisse abholen kann und gleichzeitig die Liebhaber der alten Tage verzückt. So sollte ein Giallo der Gegenwart aussehen. Und um nun endlich zu dem vorliegenden Werk zu kommen: Dem im Vorfeld mit einer gewissen Vorfreude entgegengefieberten „Francesca“ gelingt genau dies in keiner Weise. Das nicht Genre-affine Publikum dürfte damit gar nichts anfangen können und Liebhaber kopfschüttelnd die Hände über dem selbigen zusammenschlagen, wie so was heute als Lichtblick angesehen werden kann.

Die Gebrüder Onetti (Luciano als Regisseur, gemeinsam mit Nicholás auch Autor) haben offenbar viele Gialli gesehen und mögen sie. Schön und gut, qualifiziert das automatisch dafür selbst einen zu drehen? Also wenn es danach ginge, wo kann man sich eintragen? Viel mehr als Kenntnis der Motive, Details und Stilmittel haben die Herrschaften nicht zu bieten. Es ist vollkommen legitim, sich an den Klassikern vergangener Tage zu orientieren – woran schließlich sonst und im Prinzip kopierte auch damals schon ein Giallo den anderen, das schuf ja gerade erst das eigene Sub-Genre -, wenn es sein muss auch so übertrieben auf Retro getrimmt, das kann durchaus positiv auffallen (siehe kürzlich „We Are Still Here“). In dem Fall soll es vergeblich über hoffnungslose Talentlosigkeit hinwegblenden. Die Story steht keinesfalls am Pranger, Business as usual, aber selbst da hakt es gewaltig. Giallo, ganz klassisch: Ein Killer geht um, die Morde stehen alle im Zusammenhang mit einem (meist traumatischen) Vorfall in der Vergangenheit, das Wieso und Warum wird kurz vor Schluss gelüftet.

Bis dahin sind alle verdächtig, da keine Begründung zu doof oder zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist, als das nicht jedes Unschuldslamm oder Komparse XY plötzlich mit einem hanebüchenen Motiv um die Ecke kommen könnte. Eine Folge „Derrick“ ist nichts dagegen, Hauptsache Überraschung. Was haben wir hier? Es gibt exakt vier (!) Personen, die nicht zwei Minuten nach ihrer Vorstellung umgebracht werden, zwei davon die Ermittler. Knifflig. Dazu mehr als nur offensichtlich gestreute – ach was, vor die Füße geschmissene – „Hinweise“, wie hirntot kann man denn sein? Gut, egal, wer braucht Story, wie ist der denn gemacht? Mies. Ganz mies. Überbelichtet und bewusst auf alt getrimmte Bilder, in denen jedes Giallo-Merkmal streberhaft aufgefahren wird: Die (in dem Fall nicht schwarzen, sondern roten) Handschuhe, die phallischen Klingen, der gute J&B-Bourbon, die abgegrabellte Puppe, alles schön durch den Farbfilter gejagt und mit einem merkwürdigen Score unterlegt, der manchmal ganz interessant, manchmal einfach nur wie ein chaotisches Wirrwarr klingt, als wäre der Komponist über der Orgel selbst dahingeschieden.

Theoretisch ließe sich das auch dem bereits erwähnten „Masks“ vorwerfen, nur mit einem entscheidenden Unterschied: Andreas Marschall gelang damals mit vergleichbaren bescheidenen Mitteln eine sehr liebevolle Hommage, die ihren Fokus von den Defiziten bewusst wie gekonnt ablenken konnte. Auf Stimmung, auf schön arrangierte Sequenzen, auf genau das, was den Giallo ausmachte. Auch ein Argento hat oft nur mit Wasser gekocht, meist mit nicht mal warmen, aber genau das ist das Ding: Was bleibt hängen, was hat dir der Film zu bieten, worin erkennt man seine Stärken? Bei „Francesca“ erkennt man in erster Linie ein miserables Gespür für die Inszenierung, selbst für die Verhältnisse. Katastrophale Darsteller, unterirdische Dialoge, dilettantisch in Schnitt und Kameraführung, selbst die Mordsequenzen sind trotz massiven Kunstbluteinsatz ein schlechter Scherz. Um es auf den Punkt zu bringen: Man fühlt sich verarscht. Für dumm und hoffnungslos dankbar verkauft, dass jemand mit hauptsächlich passiver Giallo-Erfahrung nun meint, dieses zusammengeflickte, 77 Minuten-Amateurfilmchen würde einem ernsthaft Freude bereiten. Das Beste daran: Geht schnell vorüber.

Fazit

Eins gelingt „Francesca“ wie geplant: Er sieht wirklich aus wie irgendwann in den frühen 70ern gedreht. Fein gemacht. Dumm nur: Selbst damals wäre das ein schlechter Giallo. Nur hätte man ihn etwas mehr in Schutz genommen. So was heute aufzutischen und noch so zu tun, als würde man den Fans ein Geschenk machen, eine Frechheit. Praktisch jeder Giallo vom VHS-Dachboden lohnt mehr. Und wird nicht noch im feinen Media-Book angeboten, damit man sich doppelt über die Anschaffung ärgert.

Kritik: Jacko Kunze

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