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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Francois Truffaut prophezeit in FAHRENHEIT 451 eine Welt, in der kein gedrucktes Wort mehr existiert. Feuerwehreinheiten überwachen Verdächtige, stöbern verbotene Buchbesitzer auf und zerstören jedes bedruckte Papier. Zu einer dieser gehaßten Einheiten gehört auch Montag, der seine Arbeit liebt und seit 5 Jahren nie eine Frage gestellt hat. Da lernt er eines Tages Clarisse kennen, und plötzlich kommt ihm seine Ehefrau Linda, die ihre Tage mit Tabletten- und Fernsehkonsum verbringt, entsetzlich langweilig vor. Heimlich entflieht er dieser kontrollierten Welt und beginnt nachts zu lesen, obgleich er weiß, daß dies tödliche Konsequenzen haben kann...
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

-„Was macht Montag an seinem dienstfreien Tag?“

-„Ich mähe den Rasen.“

-„Und wenn es gesetzlich verboten ist?“

-„Ich sehe zu, wie es wächst.“

Bei seinem ersten englischsprachigen Spielfilm widmet sich Nouvelle Vague-Pionier François Truffaut (Sie küssten und sie schlugen ihn) der dystopischen Zukunftsversion Fahrenheit 451, beruhend auf dem 1953 veröffentlichten, gleichnamigen Roman des Briten Ray Bradbury. Da er im französischen Kino keine Chance sah den Stoff zu finanzieren wandte sich Truffaut an internationale Produktionsfirmen, die sich die Chance mit einem der angesagtesten Filmemachern der jungen, aufregenden und (sonst) meist völlig unabhängigen europäischen Kinokultur zusammenzuarbeiten nicht durch die Lappen gehen lassen wollten. Trotzdem blieb es der einzige Flirt von Truffaut mit dem Filmgeschäft außerhalb seiner Heimat und leicht autarken Komfortzone, worüber man trotz der hohen Qualität dieser Arbeit insgesamt froh sein darf. Denn Filme wie Fahrenheit 451 sind und sollten niemals Standard sein und funktionieren in ihrer geschützten, selbstbestimmten Form wohl auch nur so; werden bei zu viel Beeinflussung von außen (was bei einer Kommerzialisierung von Truffaut irgendwann zwangsläufig geschehen würde) nur ungünstig angepasst, womit wir schon beim eigentlichen Inhalt wären.  

In einer nicht ganz nahen, aber nicht allzu fernen Zukunft (im Film durch diverse Details noch näher als im Buch) ist das geschriebene Wort nur noch als kurzfristiges Mittel zu Zweck erlaubt, wie die Kreide auf der Tafel. Niedergeschrieben, gedruckt oder vervielfältigt, noch dazu gar mit nicht zensierten, eigenständigen Gedankengängen oder sogar „nur“ der Schilderung von Tatsachen beinhaltend – also Literatur in all ihren Facetten -, ist es staats- und regierungsfeindliches Material, das es auszurotten gilt. Am Anfang war das Feuer, nun ist es die Feuerwehr, der Brand folgt später. In einer grundsätzlich feuerfesten Zukunft sind sie nicht Bekämpfer, sondern die Brandstifter. Stöbern in einschüchternder, SS-schwarzer Montur verbotenes, Aufruhr-stiftendes, asoziales Gedankengut auf, um es stilecht und öffentlichkeitswirksam zu verbrennen. Ein linientreuer und deshalb zur Beförderung angedachter Soldat im Kampf gegen individuelle Störenfriede und ihre Jünger ist Feuerwehrmann Montag (Oskar Werner, Jules und Jim), der das System niemals ernsthaft in Frage stellt, warum auch? Bis er zufällig auf die junge Lehrerin Clarisse (Julie Christie, Wenn die Gondeln Trauer tragen) trifft, die zufälligerweise seiner extrem angepassten Ehefrau Linda erstaunlich ähnlich sieht.

Truffaut entschärft die literarische Vorlage sichtlich, lässt die durch deren Entstehungszeitraum noch allgegenwärtige Kriegsparanoia bewusst außen vor, bezieht sich lieber bewusst auf die eigentlich Kernaussage der Handlung ohne direkte, zeitrelevante Nebenschauplätze. Dadurch wird er für Verfechter des Romans bestimmt angreifbar, nimmt dieses aber wohl absichtlich in Kauf, denn auch stilistisch ist es eine ganz eigene Version. Seine Zukunftsvision wirkt weniger vernichtend, düster und zwingend futuristisch, eher wie ein absurdes Paralleluniversum, vergleichbar mit Kubrick’s Uhrwerk Orange. Und aus den gleichen Gründe kaum weniger verstörend. Was wir sehen ist ein leicht groteskes, schrilles und trotzdem sehr bedrohliches Abbild einer Realität, die irgendwann zwischen Vergangenheit, Gegenwart und unbestimmt-definierter Zukunft eines Abzweigung genommen hat, die eventuell gar nicht so verquer wäre. Hier treffen sich alle Zeiträume zwischen den Anfängen des Dritten Reichs, des Kalten Krieges und damaligen wie aktuellen Zukunftsängsten, die in ihrer Gesamtheit das Gleiche prophezeien: Den Untergang einer kultivierten, individuellen und dadurch freien Zivilisation.

In einer Welt, in der Feuerwehrmänner von Rettern zu Vollstreckern werden, in der Bücher hinter Mattscheiben versteckt werden müssen, Wohlstand über die Anzahl der heimischen, berieselnden Bildwände definiert, das gemeine Volk über diese, deren vorgegaukelte Interaktivität und eine Pille für jeden Emotion geschmeidig Herden-manipuliert wird, in der kann selbst ein langweiliger Montag noch ein echter Held werden…wenn er sich traut, aufzuwachen. Fahrenheit 451 ist Truffaut’s wohl sehr persönlicher Appell an die Macht der Kreativität, der Eigeninitiative und der Liebe zur Kunst; ein Aufbegehren gegen bloßen Konsum ohne differenzierte, kritische Meinung. Nicht sonderlich subtil, aber formell hervorragend und mit cleverem Nachdruck serviert. Wenn einem der Vorspann vorgelesen wird, kommt man sich als durchschnittlich intelligenter Mensch doch schon für dumm verkauft vor…oder?

Fazit

Eine zwar leicht skurrile, aufgrund ihrer beklemmenden realitätsnähe trotzdem extrem unangenehme, dystopische Sci-Fi-Gesellschaftsparabel von einem der größten, unabhängigen Filmemachern des europäischen Kinos. Truffaut war im reinen Realismus stärker, aber das sollte auf dem Niveau kein Maßstab sein.

Kritik: Jacko Kunze

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