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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Los Angeles im Jahre 1928: An einem Samstagmorgen in einem Arbeiterviertel verabschiedet sich Christine von ihrem Sohn Walter. Als sie wiederkommt ist ihr Sohn verschwunden. Eine großangelegte Suche folgt, doch sie bleibt ergebnislos. Monate später taucht ein Junge auf, welcher behauptet Christines Sohn Walter zu sein. Christine nimmt ihn bei sich auf, obwohl sie spürt, dass dieser Junge nicht ihr Sohn ist. Als sie bei den Behörden nachfragt, um die Suche nach ihrem Sohn fortzusetzen, stößt sie auf taube Ohren. Sie erfährt, dass Frauen im Amerika der 20er Jahre nicht viel zu sagen haben. Christine findet einen Verbündeten, Reverend Briegleb, welcher ihr hilft für ihr Anliegen zu kämpfen, um die Suche nach ihrem Sohn fortzusetzen...

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit dem Millennium hat Clint Eastwood sich und seiner Karriere einen mehr als nötigen Gefallen getan und seinem filmischen Output genau den essentiellen Mehrwert injiziert, den zu viele Filme mit seiner vorherigen Beteiligung grundlegend vermissen mussten. Natürlich war Clint Eastwood schon immer ein ernstnehmender Künstler, ob nun als Schauspieler oder Regisseur, doch seit seinem Meisterwerk„Mystic River“ (2003) ist es offensichtlich, dass Eastwood sich entsprechend seines Alters verhält und höheren, substanzielleren Themen Aufmerksamkeit schenkt, anstatt sich weiterhin wortkarg mit dem Zigarillo in der Schnute oder der schädelspaltenden 44er Magnum von einem Projekt zum nächsten zu knurren. Es geht persönlich, ja, beinahe intim im Hause Eastwood zu; ein erfreulicher Eindruck, der sich mit den nachfolgenden Werken wie „Million Dollar Baby“, „Letters from Iwo Jima“, „Gran Torino“ und zuletzt „J.Edgar“ wohltuend verfestigte. Ausrutscher wie den desaströsen „Hereafter“ einmal außer Acht gelassen, gibt es noch einen weiteren, tiefgehenden Film, der sich geradezu formidabel in Eastwoods neu entfachter Seriosität eingliedert: „Der fremde Sohn“ aus dem Jahre 2008.

Im Film widmet sich Clint Eastwood den wahren Vorfällen der Wineville-Chicken-Morde, in denen ein gewisser Gordon Stewart Northcott verstrickt war, der in den 1920er Jahre mehre Kinder auf seinen ablegenden Hof in Wineville entführte, missbrauchte und bestialisch ermordete. „Der fremde Sohn“ ist jedoch keine Kriminalgeschichte im herkömmlichen Sinne, in der der drahtige Altmeister zusammen mit seinem Drehbuchautor J. Michael Straczynski einen fokussierten Ermittler auf die Suche nach dem Verbrecher und den verschwunden Kinder entsendet. Vielmehr teilt er seinen Film in unbestimmte, aber wesentliche Abschnitte, in denen er vorerst von der alleinerziehenden Mutter Christine Collins (Angelina Jolie) erzählt, deren Kind augenscheinlich dem Wiederholungstäter zum Opfer gefallen ist, um sich schließlich auch auf die Perspektive des Mörders einzulassen, oder besser gesagt, um die Herausstellung der Sachlage und den widerwärtigen Vorgängen durch die Augen eines instrumentalisierten Gehilfen zu verdeutlichen.

Jedoch geht es in „Der fremde Sohn“ nicht allein um den Verlust der Christine Collins und das Porträtieren ihres zerreißenden Schmerzes. Nachdem ihr Sohn für 5 Monate spurlos verschwand, ereilt sie schlagartig die Meldung, ihr Junge Walter wäre wieder aufgefunden worden – Die Freude kennt keine Grenzen, genau wie die Tränen jeden Staudamm vor Erleichterung brechen würden. Doch dann die große Ernüchterung: Das Kind, dass die Polizei als Walter Collins darstellen möchte, ist nicht ihr Sohn. Christines Einwände aber stoßen auf taube Ohren und ihr wird nahegelegt, „es doch erst mal einmal zu versuchen und später zu urteilen“. Was Clint Eastwood hier aufzieht, ist ein so absurdes, aber dennoch markerschütterndes Abbild eines Polizeiapparates, der sich in seinen schier endlosen Korruptionspfaden absolut aus den Augen verloren hat. Nicht umsonst verdeutlicht „Der fremde Sohn“ in einer Szene die Handhabung mit dem organisierten Verbrechen, denn während die Mafioso geradewegs, ohne jeden Prozess exekutiert werden, ist es in Wahrheit die Polizeimacht selbst, die am meisten von den dunklen Machenschaften des zwielichtigen Syndikates profitiert.

Wenn sich Christine Collins nicht mehr weiter einreden lassen will, dass ihr Sohn sich verändert haben soll, sie es doch wie bei einem Kriegsheimkehrer sehen möchte, der immer noch im gleichen Körper steckt, nur durch seine Erlebnisse zu einem anderen Menschen geworden ist, und sich lautstark gegen die korrumpierte Verwechslung auflehnt, wird sie kurzerhand in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Angeblich soll ihre extreme Gefühllage den Blick getrübt haben, ihr soll jedwede Objektivität verloren gegangen sein; sie soll aufgrund ihrer tiefen Emotionen und der Intuition gegen die Veränderungen rebellieren. Natürlich sind diese Schilderung durch medizinisches (=bestochenes) Fachpersonal vollkommener Humbug, bei denen der Zuschauer dank der offensichtlichen Lächerlichkeit gerne lauthals auflachen würde, wäre die Situation an sich nicht so furchtbar niederschmetternd. Ein großes Lob muss an dieser Stelle auch Angelina Jolie als Christine Collins zugesprochen worden, die ihre Rolle zwischen femininer Zerbrechlichkeit und innerseelischer Wut präzise und authentisch meistert.

Nur die letzte Szene im Verhörzimmer, dort überspannt Eastwood den Bogen merklich.„Der fremde Sohn“ steht aber auch für die Emanzipation einer Frau, die sich nicht unterkriegen lassen möchte, die sich der Ignoranz ihres von Männern dominierten Umfeldes stellt und nur vom Reverend Gustav Briegleb (John Malkovich) erhört wird. Clint Eastwoods Aufruf an die Zivilcourage ist großes, aber niemals überladendes Kino, hier geht es um Menschen und um die zweifelhafte Macht eines Systems, das eigentlich für Ehrlichkeit und Sicherheit stehen sollte, anstatt einer in ihrer Verzweiflung und Trauer gefangenen Frau weiterhin emotional zu verkrüppeln. Darüber hinaus ist die formale Rekonstruktion des 1920er Jahre natürlich – wie von Eastwood gewohnt – ein spezifischer Augenschmaus, denn ob Kostüme, Frisuren oder die Ausstattung, hier steckt viel Liebe zum Detail drin. Und was wir als selbstverständlich hinnehmen wollen, ist die Arbeit von echten Könnern, von Profis die wissen, wie man eine Epoche fühlbar wieder aufleben lassen muss und schlussendlich auch repräsentiert. Wenn Eastwood am Ende aller Tage wehmütig auf sein Schaffen zurückblickt, dann darf er mit tolerierbarem Selbstlob sein wunderbares Spätwerk betrachten, denn genau solche Filme wie „Der fremde Sohn“ machen es einzigartig.

Fazit

Ein erneuter Siegeszug im Spätwerk von Clint Eastwood. Mit „Der fremde Sohn“ nimmt sich Clint Eastwood den Wineville-Chicken-Morden an, inszeniert daraus aber keine kriminalistische Standardkost, wie er ihnen früher oft sein Gesicht geliehen hat, sondern eine tragische, niederschmetternde Geschichte über eine emanzipatorische Frau, die sich den dunklen Machenschaften des Polizeiapparates in den Weg stellt. Ein Film, auf den Eastwood stolz sein kann, inhaltlich als auch formal erstklassig.

Kritik: Pascal Reis

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