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The People v. OJ Simpson: American Crime Story - Staffel 1 - Kritik

Bristleback

Von Bristleback in The People v. OJ Simpson: American Crime Story - Staffel 1 - Kritik

The People v. OJ Simpson: American Crime Story - Staffel 1 - Kritik

Story

Nicole Brown und Ron Goldman werden brutal ermordet vorgefunden. Die DNA- und Blutspuren lassen nur einen Verdächtigen zu: Den Ex-Mann Browns, OJ Simpson. Der folgende Strafprozess ist ein sich über acht Monate streckender Medienzirkus vom dem sich die Staatsanswaltschaft versucht nicht ablenken zu lassen, während die Verteidigung eine Geschichte spinnt, die sich mit der erdrückenden Beweislage messen kann.

Kritik

Spoiler: Am Ende kommt OJ Simpson tatsächlich frei. Trotz der erdrückenden, fast schon hoffnungslosen Beweislage (den Blutspuren am Tatort, Simpsons DNA, den 62 zuvor gemeldeten Fällen von häuslicher Gewalt Simpsons gegen das Opfer, seine Ex-Frau Nicole Brown) entscheiden die Geschworenen, dass der ehemalige Football-Star unschuldig ist. Die beiden Showrunner Scott Alexander und Larry Karaszewski (Ed Wood, Big Eyes) begehen hierbei nicht den Fehler um mit The People v. OJ Simpson gegen das kontroverse Urteil zu protestieren, auch wenn es recht verlockend gewesen wäre—die Beweislage war viel zu einseitig und eindeutig, als dass OJ Simpson wirklich unschuldig hätte sein können. The People v. OJ Simpson vollbringt es jedoch einwandfrei diesem unglaublichen Urteil Glaubhaftigkeit zu verleihen. Die Beweislage betrachtend hätte die überwiegend afroamerikanische Jury ihn nie freisprechen können; nimmt man jedoch die gesellschaftliche Situation Los Angeles' im Jahre 1995 unter die Lupe, macht der Freispruch plötzlich allen Sinn der Welt.

Nur drei Jahre zuvor entluden sich ethnische Differenzen und Frustrationen der afroamerikanischen Bevölkerung in gewalttätigen Protesten, nachdem vier Polizisten für die extreme Misshandlung Rodney Kings freigesprochen wurden. Die 'Rodney King Riots' von 1992 versetzten Los Angeles für sechs Tage in einen Bürgerkrieg-ähnlichen Zustand, der nur durch den Einsatz der kalifornischen Nationalgarde beendet werden konnte. 4.000 Soldaten patrouillierten wochenlang die Straßen der Millionen-Metropole, 2.000 Verletzte und 11.000 Verhaftungen wurden gemeldet und 55 Menschen ließen während der Proteste ihr Leben. Obwohl die polizeiliche Misshandlung der ethnischen (insbesondere schwarzen) Minderheiten in den heutigen Vereinigten Staaten in den letzten Jahren im Zuge der #BlackLivesMatter-Bewegung erneut eine gesellschaftliche Debatte auslöste, waren die auf Video eingefangenen Polizei-Morde nur Beweis eines rassistisch-veranlagten Problems, von dem sich die (mehrheitlich) von Weißen dominierten Medien und öffentlichen Institutionen Jahrzehnte lang nur zu gerne abwendeten. Im Bewusstsein der weißen Bevölkerung waren die 'Blacks' nach Martin Luther King Jr. und dem Civil Rights Act von 1964 gleichgestellt, doch selbstverständlich sah die Realität vollkommen anders aus, die erst in jüngster Vergangenheit durch Telefon-Kameras auch endlich im weißen Bewusstsein auf Anerkennung stieß.

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Um den OJ-Simpson-Prozess vollkommen zu verstehen, ist es essentiell der gesellschaftlichen Situation der Vereinigten Staaten zu jener Zeit auf den Grund zu gehen und gerade dieser Akt der geschichtlichen Aufarbeitung ist womöglich die größte Stärke und zugleich wichtigste Errungenschaft von The People v. OJ Simpson und der eigentliche Grund, weshalb diese Serie solch ein mediales Interesse auf sich zog und so positiv vom Publikum aufgenommen wurde.

The People v. OJ Simpson ähnelt anfangs mit seinen theatralischen Gerichtsszenen und recht comichaften Charakteren (allen voran John Travolta als OJs Anwalt Robert Shapiro und Cuba Gooding Jr. als OJ Simpson) eher einer Soap-Opera und parodiert somit ein Stück weit den wahren Gerichtsprozess, der über die acht Monate hinweg zu Amerikas Lieblings-Reality-TV-Show verkommen war. Jeder wollte so schnell es geht nach Hause um den Fernseher einzuschalten um die Gerichtsverhandlungen zu verfolgen. Auf der Arbeit und in Freundeskreisen war der 'OJ Trial' heißester Gesprächsstoff und wo oder wann auch immer ein Fernseher oder ein Radio eingeschaltet wurde, hieß es OJ hier und OJ da.

Das polarisierende Aufheizen des Publikums wurde von OJs hochkarätigem Anwaltsteam (Courtney B. Vance, Nathan Lane u. John Travolta) absichtlich angetrieben um von der eigentlichen Beweislage abzulenken. Die Geschichte des 'Schwarzen', der es mit Talent und Fleiß geschafft hatte dem Ghetto zu entfliehen und nun vom rassistischen LAPD verleumdet wird (die tatsächlich extrem rassistisch war), war für die Jury einfacher zu schlucken, als die Wahrheit, dass eine der größten Ikonen der schwarzen Bevölkerung einen grausigen Doppelmord begangen hatte. Aktiv wird die Suche nach der Wahrheit untergraben, indem man den Menschen eine Narrative auf dem Silbertablett serviert, die ihren Überzeugungen eher entspricht, als die Fakten. Nicht unähnlich des heutigen Trump-Anhängers, der glaubt, dass Immigranten für seine missliche Situation verantwortlich sind, obwohl die Fakten diese These nicht stützen, waren damals wie heute die Fakten vollkommen egal. Die Leute glauben, was sie glauben möchten und mit Statistiken und Tatsachen stößt man immer noch auf taube Ohren.

Das aufrichtige Streben nach Gerechtigkeit der Staatsanwaltschaft (Sarah Paulson und Sterling K. Brown) wird zu Amerikas Entertainment #1 pervertiert und alle scheinen vergessen zu haben, dass der Mord zweier unschuldiger Menschen dieser 'Qualitätsunterhaltung' als Fundament diente. Die Klatschpresse stürzte sich auf Staatsanwältin Marcia Clark (Sarah Paulson) und zerrte eine von einer Scheidungsverhandlung geplagten, introvertierten, alleinerziehenden Mutter, die 16-Stunden-Schichten arbeitete, schonungslos in die Öffentlichkeit und ließ keine Facette an ihr unkritisiert oder unbemängelt. Sexistische Kommentare, gang und gäbe im Jahr 1995, wie sich zu kleiden oder zu reden hat, nährten nur weiter die Narrative, der Gerichtsprozess ähnelte immer stärker einer spannenden WWF-Storyline um den Undertaker und den Ultimate Warrior; die Fakten verschwanden immer mehr im Nebel der Irrelevanz.

Ist schon erstaunlich. Der Ausgang des Prozesses steht bereits fest, wir alle wissen, wie es enden wird. Und dennoch, gerade mit dem Fokus auf alles, was hinter, neben, vor, unter und über dem eigentlichen Prozess vor sich ging, spannen die Showrunner eine so unglaublich stramme Storyline, die vor Intensität und Charakter nur so strahlt.


Technisches zur Blu-Ray

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"American Crime Story: The People V. O.J. Simpson" wird von Twentieth Century Fox am 24. Mai 2017 in Deutschland auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht. Die uns vorliegende Blu-Ray beeindruckt durch ihre saubere technische Umsetzung, sowohl Bild (16:9 - 1.77:1) als auch Ton (Deutsch (DTS 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1)) sind qualitativ auf sehr gutem Niveau. Unter dem Bonusmaterial befindet sich zudem ein rund 30-minütiges Featurette mit dem Namen "Past Imperfect: The Trial of the Century", dass die Hintergründe noch weiter beleuchtet. Mit "Facts of the Case: An Interactive Timeline" gibt es zudem die Möglichkeit, sich die einzelnen Ereignisse übersichtlich anhand einer Zeitlinie anschauen zu können.


Fazit

The People v. OJ Simpson ist eine geschichtliche Aufarbeitung des berühmten 'Trial of the Century' und zeigt eindrucksvoll, dass der Gerichtsprozess um einen Doppelmord eher einer Reality-TV-Show gleichte. Visuell stark und beeindruckend wird der gesellschaftliche Hintergrund geschildert, dass es beim OJ-Trial um viel mehr ging, als den Schuld- oder Freispruch eines angeklagten Mannes und genau deshalb schafft es The People v. OJ Simpson uns mit einer Geschichte vor den Bildschirm zu locken, dessen Ende wir bereits kennen. Durch den Prozess kam der inzestuöse Rassismus im Polizeiapparat ins Rampenlicht und machte auch der weißen Bevölkerung deutlich, was für die schwarzen Bürger schon immer Realität gewesen war. Die Verbindung zur aktuellen #BlackLivesMatter-Bewegung ist unmöglich zu übersehen und offenbart, dass das Streben nach ethnischer Gerechtigkeit und Gleichheit, weder nach Martin Luther King Jr., noch nach dem Civil Rights Act von 1964 oder den Rodney King Riots von 1992, ein Ende gefunden hatte. 

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