Von Stu am Donnerstag, 10 Juli 2025, 06:58 Uhr
Bildnachweis: © Universal | Werbemotiv zu "Jurassic World: Die Wiedergeburt"
Universal Pictures setzt seine digitale Offensive unbeirrt fort: Nach nur einem Monat im Kino wird das Live-Action-Remake Drachenzähmen leicht gemacht ab dem 15. Juli in den USA digital verfügbar sein – trotz globaler Einnahmen von über 500 Millionen US-Dollar und einer weiterhin starken Position an den Kinokassen. Jurassic World: Die Wiedergeburt folgt am 5. August, ebenfalls nur rund vier Wochen nach dem US-Kinostart. Der siebte Teil der Dino-Reihe ist fulminant gestartet: Global bereits knapp 350 Millionen US-Dollar eingespielt - nach nur dem ersten Wochenende.
Was früher als Undenkbarkeit galt, ist heute Strategie: Das Kino wird zur Durchlaufstation degradiert – und das zu einem Zeitpunkt, an dem es dringend Rückhalt bräuchte. Noch Anfang des Jahres hatten mehrere große Studios beteuert, sich auf eine Rückkehr zur 45-tägigen exklusiven Kinoauswertung zu einigen – ein Hoffnungsschimmer für die angeschlagene Branche. Doch diese Vereinbarung war offenbar nicht mehr als ein symbolischer Akt. Kaum ausgesprochen, wird sie von denselben Studios unterlaufen, die sie verkündet haben.
Universal gehört zu jenen, die längst offen nach einem anderen Maßstab agieren: Wenn ein Film nicht zieht, wandert er nach 16 Tagen ins Netz – und wenn er ein Hit ist, bleibt er maximal 31 Tage exklusiv im Kino. So erschien auch Bong Joon Hos Mickey 17 bereits nach wenigen Wochen digital, nachdem der Film an den US-Kassen unter den Erwartungen geblieben war. Quentin Tarantino brachte es bereits Anfang des Jahres im Gespräch mit Variety auf den Punkt:
„Was zur Hölle ist ein Film heute überhaupt? Etwas, das für ein paar symbolische Wochen im Kino läuft – und dann schon im Fernsehen zu sehen ist? Dafür habe ich das nicht gemacht.“
Die Argumentation hinter dieser Release-Praxis ist ebenso simpel wie ernüchternd: Sobald ein Film seine Produktionskosten eingespielt hat oder abzusehen ist, dass dies nicht gelingt, zählt nur noch der digitale Gewinn. Die Rechnung ist klar – und sie geht kurzfristig auf. Langfristig jedoch droht der Preis hoch zu sein. Denn das Kino verliert nicht nur an Relevanz, sondern auch an Würde. Es wird zur Kulisse degradiert, zum Alibi für Werbekampagnen, die das „Erlebnis Kino“ zwar beschwören, in Wahrheit aber nur den Streamingstart vorbereiten. Wichtig zu wissen: Die hier genannten Termine gelten vorerst nur für den US-Markt – im deutschsprachigen Raum lassen legale digitale Veröffentlichungen oft noch einige Wochen länger auf sich warten.
Statt sich auf ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen Kino und Streaming zu besinnen, setzen Studios auf kurzfristige Gewinne – und riskieren, das Fundament zu beschädigen, auf dem das Filmerlebnis einst stand. Es ist ein schleichender, aber konsequenter Rückzug aus der Verantwortung gegenüber dem Kino. Und solange sich dieser Trend fortsetzt, bleibt die Frage offen, wie viel „Kino“ in einem Film noch steckt, der kaum angekommen, schon wieder verschwunden ist.