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Quelle: themoviedb.org
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Inhalt

Stacey zieht nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Onkel Will, den sie kaum kennt, in die Einöde der irischen Midlands. In ihrer behutsamen Annäherung müssen die beiden dem langen Schatten der Vergangenheit entkommen.

Kritik

Ein verspäteter Witz im irischen Meer der Melancholie

Erinnert man sich an den irischen Musikfilm „Once“ von Regisseur John Carney (der mit „Can a Song Safe Your Life“ 2013 endgültig bekannt wurde), so schweben einem pure naturalistische Bilder und eine angenehme lakonische Frische vor. Eine ähnliche Richtung schlägt das Independentdrama „Familienbande“ ein, das, wie es der Zufall will, ebenfalls aus Irland stammt. Regisseur und DrehbuchautorMark Noonan gab damit nach einigen Kurzfilmen sein Spielfilmdebüt ab. Den Schauplatz für „Familienbande", der zuvor noch die deutschen Titel „So wie ich bin“ und „Auf Bewährung am Arsch der Welt“ über sich ergehen lassen musste, wählte Noonan absichtlich außerhalb bekannter Touristenregionen Irlands. Darüber hinaus sind die irischen Midlands die Heimat des jungen Regisseurs. Da kann man ihm nicht verdenken, dass er sein Erstlingswerk dort drehen wollte.

Für die Rollen der Protagonisten gelang es Noonan, Lauren Kinsella und Aidan Gillen zu gewinnen. Als die kleine Kinsella zu spät zum Vorspielen kam, soll der Produzent aufgrund ihres standhaften, bodenständigen Auftretens sofort für sie plädiert haben. Aidan Gillen erlangte durch seine Darstellung des ränkeschmiedenden Lord Petyr Baelish alias Littlefinger in der HBO-Serie „Game of Thrones“ Bekanntheit. Neben der exzellenten Gratwanderung zwischen feinem Humor und treffender Alltagsdramatik stellt vor allem die Beziehung zwischen den Hauptcharakteren Stacey und Will das Herzstück des Films dar. Die beiden Darsteller gehen so sensibel und authentisch miteinander um, dass es nicht verwundert, wenn man erfährt, dass einige Dialogsätze improvisiert sind und sie sich, ohne an Vorproben teilgenommen zu haben, erst am Tag des Drehstarts kennengelernt haben. So ist das verbale Abtasten und vorsichtige Beschnuppern durch und durch echt.

Manch einer würde „Familienbande“ als ein typisches Arthousewerk beschreiben, wie es auf den Filmfestivals dieser Welt noch eine ganze Reihe anderer gibt. Tatsächlich lief er auch auf der Berlinale 2015 in der Sektion Generation. Trotz seines langsamen Erzähltempos, sekundenlangen schwarzen Trennschnitten und minutenlangen Rückblenden, die den Zuschauer kurz aus der Fassung bringen, sich aber nahtlos ins Gesamtbild fügen, involviert der Film einen auf seine eigene Art und Weise. Denn er serviert die Probleme des Alltags schmerzfrisch auf einem Tablett und lässt den Zuschauer mit Stacey und Will zusammen leiden. Untermalt von Landschaftsaufnahmen der irischen Midlands, die Trostlosigkeit und einen Funken Hoffnung zugleich ausstrahlen, entfaltet der Film seine warmherzige, bisweilen urkomische Atmosphäre.

Bezeichnend für die Dramatik von „Familienbande“ ist das Phänomen des ewigen Aufschubs. Relativ früh im Film beginnt Will, seiner Nichte einen Witz zu erzählen, um sie aufzumuntern und an der Beziehung zu ihr zu arbeiten. Doch sie werden unterbrochen, bevor er den Witz zuendebringen konnte. Erst ganz am Ende holt Will die aufgeschobene Pointe nach. Diese Begebenheit steht für die vielen ungesagten, versäumten und aufgeschobenen Dinge des zwischenmenschlichen Alltags. Will hätte sich schon vor dem Tod von Staceys Eltern mit ihr auseinandersetzen können und hätte der Kleinen damit die Trauerphase etwas rückhaltvoller gestalten können. Genauso wäre der Alltag und das Miteinander gänzlich anders zwischen den beiden verlaufen, wenn Will ihr zu einem früheren Zeitpunkt offenbart hätte, aus welchem Grund er ins Gefängnis gekommen war. Durch den alltäglichen Aufschub werden kleine Probleme zu nahezu unüberwindbaren Hindernissen. Aber nur nahezu, denn der melancholische Trip durch das Leben von Stacey und Will lässt nicht nur durch die irische Landschaft einen Funken Hoffnung aufglimmen.


Fazit

Die ersten zwanzig Minuten von „Familienbande“ stellen sich als etwas holprige Warmlaufzeit heraus. Doch dann entwickelt das eindringliche Real-Life-Drama einen Rhythmus, der den Zuschauer in seinen Bann zieht. Die Charaktere gewinnen an Tiefe und das Geschehen an Bedeutung. Mehr als sehenswert sind dabei die darstellerischen Leistungen von Lauren Kinsella und Aidan Gillen. Lockere Dialoge, ein überzeugender inszenatorischer Stil und eine faszinierende Realästhetik machen dieses kleine Werk zu einem wahrlich gelungenen.

Kritik: Jonas Göken

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