5.9

MB-Kritik

Eine Sommernachts-Sexkomödie 1982

Comedy, Romance, Fantasy – USA

5.9

Woody Allen
Mia Farrow
José Ferrer
Julie Hagerty
Tony Roberts
Mary Steenburgen
Adam Redfield
Moishe Rosenfeld
Timothy Jenkins
Michael Higgins
Sol Frieder
Boris Zoubok
Thomas Barbour
Kate McGregor-Stewart
Sandy Biano
David Copeland

Inhalt

Ein Wochenende fernab der Großstadt New York, grenzenlose Idylle, ein glückliches Reh, das rhythmisch zu den Klängen von Mendelssohns "Sommernachtstraum" in großen Sätzen durch den Wald springt. In dieser Bilderbuch-Kulisse verbringen drei Paare, gewandet in Kostüme der Jahrhundertwende, ein gemeinsames Wochenende. Sechs Personen, die einander romantisch und sexuell verbunden sind: paarweise, aber auch heimlich mal mit dem Mann oder der Frau der oder des anderen. Sechs Personen und ihre Großstadtneurosen in ländlicher Idylle, geraubte Küsse hinter Bäumen, Verlegenheiten, Versteckspiele, Alibis.

Kritik

Dass Ingmar Bergman (Fanny und Alexander) für Woody Allen (Vicky Cristina Barcelona) zu den größten Filmschöpfern aller Zeiten zählt, hat der neurotischer New Yorker nicht nur oftmals in Interviews erwähnt, sondern auch durch seine umfangreiche Filmographie bewiesen: Das womöglich eindrucksvollstes Werk seiner Vita, Innenleben, ist Allens ultimative Hommage an den schwedischen Meisterregisseur. In Der Stadtneurotiker besuchen die beiden Hauptdarsteller (fast) eine Vorstellung von Von Angesicht zu Angesicht, während Allen für Verbrechen und andere KleinigkeitenBergmans Haus- und Hofkameramann Sven Nykvist engagierte. Im Allgemeinen ist das Schaffen von Woody Allen mit unzähligen Referenzen und Zitaten Bergmans durchzogen, was den zu selten erwähnten Umstand kaum verwunderlich gestaltet, dass auch Eine Sommernachts-Sexkomödie aus dem Jahre 1982 ebenfalls äußerst offensiv mit Allens Leidenschaft für den 2007 verstorbenen Autorenfilmer umgeht.

Das Lächeln einer Sommernacht, eine der wenigen Komödien von Ingmar Bergman, die schon fast als Screwball-Reigen versteht, sowie Schreie und Flüstern scheinen die primären Inspirationsquellen gewesen zu sein, um Eine Sommernachts-Sexkomödie zu realisieren. Sechs Erwachsene, das ergibt drei Pärchen, treffen sich in einem ländlichen Anwesen, um eine Hochzeit zu feiern. Während Andrew (Allen) sich gerade in einer Ehekrise mit seiner Gattin Adrian (Mary Steenburgen, Philadelphia) befindet, steht der eitle Philosoph Leopold (José Ferrer, Dune – Der Wüstenplanet) kurz davor, seiner Verlobten Ariel (Mia Farrow, Rosemary's Baby) das Ja-Wort zu geben. Komplettiert wird die Runde vom Mediziner Maxwell (Tony Roberts, Serpico) und seiner Sprechstundenhilfe Dulcy (Julie Hagerty, U-Turn – Kein Weg zurück), mit der er sich in einer komplett auf das sexuelle Treiben reduzierte Beziehung befindet.

In der weichgezeichneten Filmsprache des klassischen Kostümfilms spürt Allen den emotionalen Hochgefühlen und Niederschlägen zwischenmenschlicher Beziehungen nach und bläst zum muntern Partnertausch, der im nostalgischen Ambiente, in dem Eine Sommernachts-Sexkomödie angelegt ist, natürlich heimlich vonstattengeht. Während sich die ureigenen Allen-Motive um amouröse Verstrebungen und deren Auswirkungen auf sich und sein Umfeld nach und nach aufschwingen, um zu den großen Themen namens Leben, Liebe und Tod zu greifen, weckt Allens Regie oftmals das Gefühl, zu harmlos mit den Einzel- und Kollektivschicksalen der Protagonisten umzugehen. Obgleich auch Eine Sommernachts-Sexkomödie gekonnt und ohne psychoanalytische Verklausulierung auf die Marotten, Ängste und Bestrebungen der Menschen blickt, die sich nie mit dem zufrieden geben können, was sie haben, bleibt dieser von Verweisen aus der griechischen Mythologie, der Weltliteratur und der englischen Dichtkunst Ausflug in den Zauberwald der metaphysischen Erfüllung ein, sagen wir, (zu) unverfänglicher.

Fazit

Wer hier eine typische Komödie von Woody Allen erwartet, der sei gewarnt: Obgleich "Eine Sommernachts-Sexkomödie" vergnügliche Momente hat und die Eloquenz seines Regisseurs und Drehbuchautors unter Beweis stellt, so ist dies doch vorwiegend eine Hommage an das Geschlechterkino des Ingmar Bergman. Weit entfernt von dessen beklemmender Durchschlagskraft, denn Allen gibt sich hier zu harmlos, und dennoch mit genügend Menschenkenntnis ausgestattet, um fraglos sehenswert zu sein.

Autor: Pascal Reis
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