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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Mähren, Ende des 17. Jahrhunderts: In der katholischen Gemeinde Groß Ullersdorf wird eine Bettlerin des Hostienfrevels überführt. Der Dorfpfarrer glaubt dunkle Mächte am Werk und ersucht die Einrichtung eines Hexentribunals. Ein pensionierter Inquisitor schreitet zur Tat. Die Folgen sind fatal…

Kritik

-„Durch das Weib kam die Sünde in die Welt. Denn das Weib ist die Sünde.“

Willkommen in einem der dunkelsten Zeitalter der zivilisierten Menschheitsgeschichte, dem der Inquisition. Unter dem Denkmäntelchen des katholischen Glaubens – der einzig richtigen Religion – wurde mehr Grausamkeit praktiziert, als es sich der Leibhaftige persönlich hätte ausdenken können. Wahrscheinlich wäre es schlau genug gewesen, sein Werk subtiler auszuüben….oder seine selbstauserkorenen Gegner für eben jenes zu nutzen? Filme über die im Namen der Kirche ausgeübten Hexenprozesse gab es einige, viele davon im Exploitation-Becken wimmelnd. Positive, da rare Beispiele aus heimisch-mutiger Züchtung wie „Hexen bis aufs Blut gequält“ oder grobschlächtige Heuler wie von Trash-Onkel Jess Franco („Jungfrau unter Kannibalen“) bei „Der Hexentöter von Blackmoor“, die eher die Regel waren. „Hexenjagd“ von Otakar Vávra („Jan Žižka“) hat nichts damit zu tun, widmet sich der Thematik auf einem authentischen und gleichzeitig sehr mutigem Weg, betrachtet man seine bewusste Wirkung als Parabel auf grundsätzliche, gesellschaftliche wie politische Prozedere, die sich historisch immer wiederholten und speziell zu seinem Entstehungszeitraum hinter dem Eisernen Vorhang noch nicht zum alten Eisen gehörten.

Im Namen des Herren – dessen ursprünglich propagiertes Bild von Humanität und Nächstenliebe ganz fein ausgeklammert – erhebt sich die Oberschicht über den armen Pöbel und züchtet sich selbstgeschaffene Mythen, um von eigentlichen, strukturellen Problemen abzulenken, die ihnen selbst schaden würden. Elend und Armut existiert nicht aus dem System heraus, der Teufel hat überall seine Finger im Spiel, wo etwas nicht ganz rund läuft. Besonders dann, wenn der Elfenbeinturm Risse bekommen könnte. Keine Fiktion, alles historisch belegte Tatsachen, das dürfte keine neue Erkenntnis sein. Darauf spielt „Hexenjagd“ auch nicht unbedingt an, schlachtet das Thema „nur“ nicht als reinen Genre-Film aus und schlägt gleichzeitig die Brücke zur jüngeren Vergangenheit und aktuellen Gegenwart, übt somit Sozial-, Gesellschafts- und Systemkritik im historisch-versteckten Rahmen, was seinerzeit nicht unbedingt gerne gesehen wurde, als solche aber erst direkt erkannt werden musste. Faktisch korrekt in allen Grausamkeiten, darüber hinaus wahrhaftig in seinen Mechanismen, die nur thematisch verändert, aber (zumindest damals) nicht abgeschafft wurden. Denunziantentum wird und wurde auch bzw. besonders im Dritten Reich, dem Ostblock dieser Zeit und selbst heute noch in anderen, selbsternannten Weltmächten praktiziert. Welche Kettenreaktionen aus unkontrolliertem Machtmissbrauch und totalitärem Gehorsam in Gang gesetzt werden können, das behandelt dieser zeitlose und kluge Film, obwohl er genau unter diesen Bedingungen entstand.

Frauen, die nicht artig verheiratet sind, birgen die Sünde. Egal, wieso und warum. Ebenso die, die sich gegen die allgemein eingebläute Moral erheben und Empathie sowie gesunden Menschenverstand aussprechen anstatt sie hinter einer Fassade aus Feigheit und Angst zu verstecken. „Hexenjagd“ ist mehr als politisch universell übertragbares denn als rein historisches Sittengemälde zu verstehen, setzt dementsprechend seine narrativen Schwerpunkte. Ohne nicht als Letzteres makellos zu funktionieren. Die Kunst besteht aus der Symbiose beider Faktoren. Unter der offen zur Schau gestellten Ungerechtigkeit, der schonungslosen, sadistischen Brutalität und den manipulativen Machtspielchen steckt eine Zeitlosigkeit, die als direkter Wachrüttler verstanden werden kann. Der Teufel soll bekämpft werden, stattdessen weckt man genau diesen. Den im Menschen und in seiner kranken Gesellschaft. Die Geister, die man rief und selbst dann nicht mehr loswird, wenn einem durch das Grauen der Scheiterhaufen die Augen geöffnet werden. Denn was Standhaftigkeit bewirkt sieht man spätestens beim eigenen Prozess, während andere selbstbetrügerisch erneut zu Kreuze kriechen. Auf das sie nicht zu Asche werden. Über allem steht die unantastbare Institution, die keine Wahrheiten finden, nur ihre Thesen bestätigen will. Gerne mit der Streckbank.

-„Alle haben dein Geständnis gesehen.“

-„Ihr habt gesehen, wie ein Mensch zur Lüge gezwungen wurde.“

Fazit

Eigentlich ein absurdes, morbides und grausames Schauspiel, das gerade deshalb schockt, da es die Realität seit hunderten Jahren unerbittlich wiederspiegelt. Damals waren es „Hexen“, später trugen sie andere Namen, völlig egal. Die Inquisition ist Geschichte, doch diese wiederholt sich bekanntermaßen. Es ist nur die Frage, wie gewisse Dinge aufgenommen werden. Und wie sich vielleicht in einigen hundert Jahren betrachtet werden. Toller Film, der sicher auch in 50 Jahren noch ähnlich funktioniert…was durchaus traurig stimmt.

Kritik: Jacko Kunze

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