Gesehen beim 31. Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg
Schabbat ist der wöchentliche Ruhetag, der am Freitagabend beginnt und bis Samstagabend andauert. In Israel wird er meist mit der Familie oder mit Freunden verbracht. Der Drehbuchautor Zac Weiner (Shelly) hatte in seinem Leben einige Schabbat-Dinner, die er bei seiner Familie verbrachte und eben diese Dinner dienten ihm als Inspiration für diese spritzige Komödie. Seine Mutter liebt es Freunde während des Schabbats zu veräppeln und in einer von diesen Situationen fragte sich Zac: „Was passiert, wenn einer dieser Scherze daneben geht und jemand dabei stirbt?“ So wurde die Idee zum Film geboren. Er rief den Regisseur Daniel Robbins (Pledge) an und der Rest ist Geschichte. Daniel Robbins selbst wohnte eineinhalb Jahre bei Weiners Familie, als die beiden Filmemacher gemeinsam eine Doku gedreht hatten. Das ermöglichte Robbins einen tiefen Einblick in das Familienleben von Weiner. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum die Inszenierung des Drehbuchs so fantastisch funktionierte.
Während Weiners Mutter zu Scherzen aufgelegt ist, wendet Weiners Vater gerne die Alexander-Technik an, die die Figur des Vaters (David Paymer, Fast verheiratet) in der Komödie ebenso anwendet. Die Alexander-Technik ist eine körperorientierte Methode, um gewünschte Veränderungsprozesse selbstständig und bewusst zu steuern. Die Verwendung dieser Technik durch die Vaterfigur im Film führt zu einigen urkomischen Situationen, in denen die Alexander-Methode auf die jüdischen Bräuche trifft, die strikt von der Mutter (Kyra Sedgwick, Vier himmlische Freunde) befolgt werden. Das Treffen mit den Schwiegereltern und der gesamten Familie ist schon an sich gruselig genug, doch was passiert, wenn plötzlich eine Leiche im Badezimmer auftaucht? Diese Frage wird wohl niemand von den Zuschauern beantworten können, doch das Treffen mit den Schwiegereltern haben schon einige persönlich erlebt und werden sich deshalb gut in die extremen Situationen des Films hineinversetzen können. Insbesondere, wenn zwei Familien aufeinander treffen, die so verschieden sind, dass Ärger einfach vorprogrammiert ist. Doch statt ein Drama aus dieser Thematik zu kreieren, machen sich die Filmemacher über den Culture Clash lustig und führen vor Augen wie absurd es eigentlich ist, wenn man die Traditionen haargenau verfolgt und den anderen Menschen gegenüber auf diesen beharrt, ohne sie ernsthaft in der Familie aufnehmen zu wollen.
Trotz der permanenten Witze und des schwarzen Humors behandelt der Film die jüdische Religion respektvoll und zeigt nicht nur die Unterschiede zwischen den jüdischen und katholischen Eltern, sondern auch eine Gemeinsamkeit: Alle Eltern wollen viel Zeit mit ihren Kindern verbringen und ihnen ist jedes Mittel Recht, um dieses Ziel zu erreichen. In Bezug auf das Treffen mit den Eltern erkennt man deutlich den Einfluss solcher Filme wie My Big Fat Greek Wedding oder Meet The Parents. Bei Bad Shabbos versucht allerdings nicht der Schwiegersohn seinen Schwiegervater für sich zu gewinnen, sondern die Schwiegertochter (Meghan Leathers, Finestkind) ihre Schwiegermutter. Das gelingt ihr zunächst nur mit mäßigem Erfolg und egal, was sie auch tut oder sagt, alles scheint genau das Falsche zu sein. Das führt zu massiven Lachanfällen. Nicht umsonst gewann die Komödie beim letzten Tribeca Film Festival den Publikumspreis und das völlig verdient, weil mit der Gagdichte definitiv kaum ein Film mithalten kann. Bei Bad Schabbos jagt ein Witz den nächsten und trotz des schwarzen Humors, sind die Gags so eingängig, dass sie jeden einzelnen Zuschauer mit an Bord holen. Bad Shabbas lädt dazu ein, die eigenen familiären Streitigkeiten mit Humor zu nehmen, denn wenn man genau darüber nachdenkt, dann bietet vermutlich so gut wie jede Familie viel Stoff für eine Komödie, nur merken, die Menschen es oft nicht, weil sie so verbohrt ihre Traditionen beschützen müssen, dass sie vergessen, dass es viel wichtiger ist Gemeinsamkeiten zu finden und harmonisch miteinander umzugehen.
Bad Shabbos funktioniert deshalb so gut, weil er der Gesellschaft einen Spiegel vorhält und, weil sich jeder einzelne darin wiedererkennt. Egal, ob in der Rolle der strenggläubigen Mutter, des harmoniebedürftigen Vaters, der umgänglichen Schwiegertochter oder des ängstlichen Sohns. Jeder findet in diesem Film eine Möglichkeit zur Identifikation und auch eine Gelegenheit zum Lachen. Die Menschen lachen am liebsten über Dinge, die ihnen bekannt vorkommen und bei Bad Shabbos gibt es unzählige Dinge, die jeder von uns in seinem Leben erlebt hat, wenn er ein Essen mit der Familie überstehen musste. In der Theorie kann die Familie großartig sein, doch in der Praxis kann sie einen in den Wahnsinn treiben, insbesondere wenn verschiedene Kulturen aufeinander treffen und jede seine Tradition durchdrücken will und sich auch noch über die Traditionen der anderen lustig macht. Einige werden vielleicht sogar denken, dass das Essen mit den Eltern und Schwiegereltern und der ganzen Familie mindestens genauso schlimm ist wie eine Leiche im Badezimmer. Manch einer würde sich sogar liebend gerne für eine Leiche entscheiden, statt ein Abendessen mit den Schwiegereltern durchstehen zu müssen.
Bad Shabbos erinnert mit seiner kammerspielartigen Atmosphäre an ein Theaterstück und lebt von dem großartigen Zusammenspiel seiner Akteure. Während man bei vielen anderen Filmen schnell die besten Schauspieler ausmachen kann, die den Film tragen, ist es bei Bad Shabbos das gesamte Schauspielensemble, das hier gemeinsam zu Höchstleistungen fähig ist und perfekt miteinander harmoniert. Zusammen erwecken sie das geniale Drehbuch von Weiner zum Leben und eins kann man mit Sicherheit sagen: Die Dialoge sind exzellent geschrieben und genial umgesetzt. So viel konstanten Spaß hat man selten bei einem Film. Ohne nachzulassen und ohne eine Verschnaufpause zündet Bad Shabbos eine Spaßkanone nach der nächsten. Mit dieser Komödie trainiert man definitiv seine Lachmuskeln und lernt dabei noch nebenbei vieles über jüdische Kultur. Die Witze funktionieren übrigens auch ohne, dass man sich haargenau mit der jüdischen Kultur auskennt. Teilweise erinnert der Film sogar mit seiner schwarzhumorigen Art an Tarantinos Werke. Für alle oldschool Musikfans gibt es eine schöne Überraschung: Der Rapper Method Man (Scary Movie 3) hat eine witzige Rolle in diesem Film und sorgt für entscheidende Wendungen, die letztendlich die Harmonie wiederherstellen. In diesem Sinne: Schabbat Shalom und möge niemand von uns in Versuchung geraten, unsere nervigen Verwandten loszuwerden.