„Never judge a book by its cover“ – diese altbekannte Weisheit zitierte einst Frank N. Furter in The Rocky Horror Picture Show. Ein Rat, der nicht nur für Bücher, sondern auch für Filmposter gilt. Im Fall von Afterburn erweist sich diese Regel jedoch als bittere Wahrheit. Das Poster mag kein stilistisches Meisterwerk sein, doch es suggeriert Größe, Abenteuer und eine visuell reizvolle Erfahrung. Leider ist das Endergebnis auf der Leinwand von dieser Verheißung so weit entfernt wie eine solide Online-Performance von Moviebreak (Sorry, Chef).
Im Zentrum der Handlung steht Dave Bautista – ein Darsteller, der in diesem Jahr mit seiner Nebenrolle in The Last Showgirl erneut bewiesen hat, dass er mehr kann als bloß den wortkargen Actionhünen zu geben. In Afterburn jedoch ist er wieder genau das: ein Kämpfer, der sich durch postapokalyptische Landschaften prügelt. Zwar scheint Bautista diese Rollen zu mögen – anders ließen sich vergleichbare Engagements kaum erklären – doch hier fehlt es ihm spürbar an Präsenz. Nicht völlig lustlos, aber merklich müde, bewegt er sich durch Szenen, die ohnehin selten Atmosphäre entfalten.
Die Schauplätze – ein von Sonneneruptionen verwüstetes England und Frankreich, garniert mit Ausflügen ins Saarland – wollen nicht recht überzeugen. Anstatt einer greifbaren Endzeitstimmung bekommt man Kulissen, die eher an leerstehende Fabrikgelände erinnern, wie man sie für den nächsten Low-Budget-Dreh mieten könnte. Klassiker wie Mad Max oder Children of Men mögen als Inspirationsquelle gedient haben, doch die bedrückende Dichte jener Vorbilder bleibt hier unerreicht. Wenn dann Kristofer Hivju als schachspielender Schurke mit schwarzem Ledermantel und Sonnenbrille durchs Bild stolziert, wirkt das nicht bedrohlich, sondern wie Cosplay auf einem Schrottplatz.
Dass die Action ebenfalls nicht zündet, ist umso enttäuschender, da Regisseur J.J. Perry als Stunt-Veteran gilt. Sein Regiedebüt Day Shift bewies immerhin, dass er kinetische Energie auf den Bildschirm bringen kann und auch sein The Killer's Game (ebenfalls mit Bautista) war entfernt davon Actionfans zu missfallen. In Afterburn aber wird die Wucht der Auseinandersetzungen oft vom holprigen Schnitt zunichtegemacht. Wenn Fahrzeuge durch den Wald rasen oder Faustkämpfe beginnen, ahnt man zwar das Können der Crew, doch die Montage wirkt, als sei sie gegen die Dynamik der Szenen gerichtet.
Auch auf technischer Ebene hapert es. Die computergenerierten Feuer- und Raucheffekte sehen aus, als stammten sie aus einer längst überholten Videospiel-Generation (Ja, ja – eine überholte Phrase, aber sie passt einfach zu perfekt), und selbst handelsübliche CGI-Blutspritzer wirken einfallslos. Der Nahkampf schwankt zwischen drastischen Momenten – etwa dem Abschießen von Gliedmaßen – und harmlos anmutenden Auseinandersetzungen. Erst gegen Ende, wenn Bautista im Alleingang eine Übermacht niederstreckt, blitzt für wenige Minuten so etwas wie Energie auf. Von Koharenz bei der Action kann also keine Rede sein.
Inhaltlich ist Afterburn übererklärend, ohne wirklich zu erklären. Figuren sprechen häufig laut mit sich selbst, um auch dem unaufmerksamsten Zuschauer jede Beobachtung einzubläuen – eine Form von Service, die mehr nervt als hilft. Gleichzeitig bleiben entscheidende Fragen unbeantwortet: Wie funktioniert diese Welt ohne Strom, wenn scheinbar überall Generatoren bereitstehen? Warum spielen Treibstoff, Nahrung oder andere Ressourcen keine Rolle? Und wieso will der von Samuel L. Jackson verkörperte „König August“ ausgerechnet Kunstschätze wie eine Stradivari horten, wenn Geld ohnehin wertlos ist?
Hinzu kommen zahlreiche Ungereimtheiten, die für sich genommen nicht einmal schwer ins Gewicht fallen würden – wären sie nicht durch die ansonsten schwache Machart ständig im Rampenlicht. Eine schwer verletzte Figur ist plötzlich in Sekunden wieder topfit, Züge fahren scheinbar ungestört durch ein verwüstetes Land, und Bautistas Figur hält sich ohne erkennbaren Zweck einen Wolfshund in ihrer Behausung. Angekündigte Gefahren verschwinden, bevor sie wirklich relevant werden, und selbst ein Action-Experte wie Daniel Bernhardt wird ohne nennenswerten Höhepunkt aus der Handlung entlassen.
Afterburn möchte ein raubeiniger Actionthriller im Endzeitgewand sein, bleibt aber ein halbherzig inszeniertes Flickwerk. Zwischen uninspirierten Kulissen, schwacher Action und fragwürdigen Effekten verliert sich jede Spur von Spannung. Wer vom Poster auf einen spannungsgeladenen Film mit visueller Raffinesse schließt, erlebt hier eine Lektion in Enttäuschung – und sieht sich einmal mehr an Frank N. Furters Worte erinnert.