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You Are Wanted - Staffel 1 - Kritik

Souli

Von Souli in You Are Wanted - Staffel 1 - Kritik

You Are Wanted - Staffel 1 - Kritik Bildnachweis: © Amazon Prime Video

Kritik

"Egal was passiert, egal was kommt, du musst mir vertrauen."

Das ist sie also nun, die erste deutsche Eigenproduktion des US-amerikanischen Streamingdienstes Amazon Prime Video: You Are Wanted. Was für ein Spektakel! Das jedenfalls suggerierte die Video-on-Demand-Sektion des marktführenden Versandhändlers im Zuge ihres monatelangen Rührens der Werbetrommel. Zusammen mit Matthias Schweighöfer (Vaterfreuden), dem wohl größten nationalen Star neben Til Schweiger (Honig im Kopf), sollte nun ganz neues Terrain betreten und eine Serie aus dem Boden gestampft werden, die sich endlich konkurrenzfähig im Vergleich mit den gefeierten Vorbildern aus den Vereinigten Staaten präsentiert. Tragischerweise haben die Verantwortlichen hinter You Are Wanted, also vor allem Schweighöfer, dessen Medienunternehmen Pantaleon die Serie produziert hat, während er als Regisseur, Hauptdarsteller und Co-Autor in Erscheinung trat, somit quasi den Posten des Showrunners einnahm, den Nachweis der eigenen Kompetenz mit einem tumben Ausbund an Anbiederung verwechselt.

Zuerst einmal aber treffen wir Matthias Schweighöfer in dem aus seinen vorherigen Regiearbeiten weitreichend bekannten Wohlstandsmilieu an. In Der Nanny konnte es sich Schweighöfer sogar leisten, gleich ein ganzes Schloss zu beziehen, was allein schon in Form der Repräsentation des eigenen Sozialstatus tiefgreifende Antipathien schürte. Als Lukas Franke schlendert Schweighöfer nun durch einen üppigen Bungalowkomplex, darf sich über eine attraktive Frau (Alexandra Maria Lara, Der Untergang) an seiner Seite freuen, genießt die Gegenwart seines gesunden Sohnes und kassiert als Manager in einem Berliner Luxushotel natürlich ordentlich ab. Wie gewohnt, muss sich Schweighöfer erst einmal über die Formulierung kollektiver Wunschphantasie definieren, vermutlich, weil der Mann anscheinend tatsächlich glaubt, dass es unterhalb der oberen Mittelschicht kein brauchbares Potenzial für die Nachzeichnung eines gesellschaftlichen Niedergangs zu finden gibt.

Durch einen Hackerangriff steht Lukas' Alltagsidylle alsbald auf dem Spiel: Der Mensch, der alles hat, läuft nun Gefahr, mit einem Schlag alles zu verlieren. In Windeseile wird Lukas vom Hotelmanager und liebevollen Vater und Ehemann zum Terroristen erklärt, der nicht nur seine Frau betrogen hat, sondern selbstverständlich noch einen Plan in der Hinterhand bereithält, der ihn erst recht zum Staatsfeind Nr. 1 erheben wird. You Are Wanted beweist in der Etablierung seiner Prämisse zwar kein Feingefühl, aber immerhin zeigen sich Matthias Schweighöfer und Bernard Jasper befähigt, das schwelende Bedrohungsszenario, welches sich von Episode zu Episode verdichten soll, anfangs mit gesundem Tempo auszustaffieren und die plötzliche Eskalation von Lukas' Dasein über die Verwirrung seiner Hauptfigur für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen: Was geschieht hier überhaupt?

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Dass dieser (eigentlich) spannungsorientierte Ausgangspunkt, die Irritation und Konfusion im Angesicht der Unübersichtlichkeit der Dinge, allerdings noch zu einem der eklatantesten Defizite der Serie heranwachsen wird, ist jedenfalls in der ersten Folge noch nicht wirklich erkennbar. Dafür allerdings brechen bereits frühzeitig unentwegt Momente Bahn, die dem Fremdschamfaktor von Schweighöfer realitätsverzerrenden RomComs in nichts nachstehen. Vor allem sind es die hölzernen, das Offensichtliche stetig verbalisierenden Dialoge, die den Zuschauer hier ein ums andere Mal zur Verzweiflung bringen. Ein Beispiel: Hanna, Lukas Frau, ist gerade in der geräumige Einbauküche tätig, als es an der Tür klingelt. Sie öffnet diese und trifft den Postboten vor, der ein Paket in seinen Händen hält. Das Gespräch zwischen beiden Parteien verläuft folgendermaßen: "Was ist das?" - "Ein Paket". Im Anschluss darf Alexandra Maria Lara ihre Stirn in tiefe Besorgnisfalten legen. Nun denn.

Das Hauptproblem allerdings bleibt, wie erwähnt, die andauernde Konfusion, die You Are Wanted vorerst noch als spannungsfördernden Effekt begreift, bereits mit der zweiten Episode aber keine erzählerischen Möglichkeiten mehr parat hält, aufzuzeigen, dass diese Konfusion wirklich der Mechanik dient, um den Nervenkitzel zu befeuern. In Wahrheit hat das Skript fortwährend mit der eigenen Löchrigkeit zu kämpfen, was es You Are Wanted schlicht unmöglich macht, einen sauberen Narrativrhythmus zu erschaffen. Stattdessen stottert man sich hilflos durch einen sagenhaften Klischeesumpft, in dem Hacker in Kellergewölben über ihren Bildschirmen brühten, Karoline Herfurth (SMS für Dich) als bewaffnete Polit-Bloggerin (!) herhalten muss und der begnadete Edin Hasanovic (Schuld sind immer die anderen) in Hosenträgern den kleinkarierten Staatsdiener (!) gibt. Was sich You Are Wanted da in der Besetzung der Nebenrollen leistet, ist schon absurd.

Immerhin muss man sagen, dass Matthias Schweighöfer seine Sache in der Hauptrolle ganz ordentlich macht. Es tut ihm sichtlich gut, dem Rollentypus des zutraulichen Deppen, der durch sein verschmitztes Grinsen die Schlüpfer reihenweise rutschen lässt, zu entweichen und einen Charakter zu verkörpern, der im Klammergriff von Adrenalin und Todesängsten bestehen muss. Inszenatorisch ist You Are Wanted indes auch ansehnlich. Sicherlich ist das sterile Blau der Hochglanzaufnahmen inzwischen weitreichend altbacken, aber die elaborierten Kamerafahrten zeigen dann doch auf, dass wir es bei You Are Wanted formal mit einer professionellen Arbeit zu tun bekommen haben. Schade nur, dass man sich bildsprachlich zu sehr an die amerikanischen Vorbilder gehalten hat und keinerlei Mut zum Experimentellen, zum Europäischen entfesselte. Der Serie fehlt schlichtweg das Erinnerungswürdige, das Herausstechende, das Alleinstellungsmerkmal.

Fazit

In einem Interview bemängelte Matthias Schweighöfer kürzlich noch die fehlende Objektivtät der Kritiker. Mit "You Are Wanted" wird der 36-jährige Allrounder erneut einiges an Schelte kassieren, obgleich er in der Hauptrolle durchaus solide Arbeit leistet und als Regisseur zwar mutlose, aber elaborierte Aufnahmen liefert. "You Are Wanted" hingegen scheitert aufgrund des klischeeverseuchten Drehbuches: Dem Zuschauer wird es unmöglich gemacht, dem Handlungsverlauf aufgrund der klaffenden Inkohärenz akkurat zu folgen, während man mit Dialogen um sich wirft, die ein ums andere Mal akute Fremdschamanfälle provozieren. Was für ein Krampf. Außerdem dürfen darüber hinaus Karoline Herfurth und Edin Hasanovic um den Preis für die größte Fehlbesetzung des Jahres hoffen. Verdient hätten ihn beide.

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