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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

David ist Mathematiker. Ein kühler Kopf. Und mit einem hat er ganz und gar nicht gerechnet: In dem idyllischen Dorf, in dem er und seine Frau Ruhe und Frieden suchen, werden sie zum Opfer von Terror, Hass und Gewalt. David wird von den Dorfbewohnern gedemütigt. Susan wird vergewaltigt. Und dann fährt er auch noch einen Mann an, der kurz zuvor ein Mädchen getötet hat – aber davon hat David keine Ahnung. Er nimmt den Mann mit zu sich nach Hause um ihn zu versorgen. Doch da kommt der aufgebrachte und blutgierige Mob und belagert sein Haus. Nach und nach versuchen die Dorfbewohner in sein Haus einzudringen. Zuerst mit Worten, dann mit Taten will David die Angreifer zurückzudrängen. Wut und Verzweiflung treiben den ansonsten rationalen Menschen in einen Blutrausch barbarischer Gewalt.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Zu diesem Stand, dem Jahre 1971, war Sam Peckinpah bereits in der Filmwelt angekommen und mit seiner zynischen Abrechnung mit den Vereinigten Staaten, „The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz“, erschuf der allgemein als unausstehlicher Macho geltende Peckinpah 1969 sein wohl bekanntestes Opus. Wie gerne wurde dem Mann schon in diesen Tagen ein Hang zur Zelebrierung und Ästhetisierung von Gewalt nachgesagt, wenn er Kugeln in Zeitlupe riesige Löcher in die Körper reißen ließ. Oftmals wird dabei vergessen, dass Peckinpah die visualisierte Gewalt weniger aus dem Nichts kommen lässt, sondern den Weg der Eskalation, der Entfesslung animalischer Impulse analysiert: Wer Peckinpah selbstzweckhafte Brutalität vorwirft, hat womöglich den Knall nicht gehört – Oder einfach nur zu spät eingeschaltet. Zwei Jahre später sollte Peckinpah all diese Unterstellungen Lügen strafen: „Wer Gewalt sät“ erblickte das Licht der Welt, eine Gewalt-Studie, die ihren Weg vom bloßen Gedanken bis zur eruptiven Ausführung gnadenlos nachzeichnet.

Eigentlich haben David (Dustin Hoffman) und Amy (Susan George) nur die geräumigen Ruhe im Haus von Amys verstorbenen Vater gesucht, damit David, ein Astromathematiker, in der ländlichen Gegend in Stille seiner Arbeit nachgehen kann. David Zelag Goodman und Sam Peckinpah, die den Roman „The Siege of Trencher's Farm“ von Gordon Williams gemeinsam adaptierten, lassen dabei einen Verdacht schnell bewahrheiten: Die Ehe zwischen David und Amy läuft nicht mehr rund und während David sich abschotten und nur mit spitzen Bemerkungen gegenüber seiner Frau auffällt, ist ihre Frustration ob der Kälte, der Leblosigkeit ihrer Beziehung greifbar. Im kleinen Dorf mäandert die latente Aggressivität ebenfalls seit der Aufblende durch das Geschehen: Eine Gruppe Kinder tanzt auf dem hiesigen Friedhof um die Grabsteine. Keine sonderlich subtile Impression, aber, so wie es sich für Peckinpah gehört, symbolträchtig und ebenso programmatisch. Mit Charlie Venner (Del Henney) trifft Amy auf eine Person, die sie schon früher begehrte, ihre Avancen aber konnte sie bisher immer im Keim ersticken.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis „Wer Gewalt sät“ explodieren wird, diese passiv-aggressive Haltung, dieses Schikanieren und Demütigen, wie David und Amy immerzu von den Dörflern mal mehr, mal weniger offensichtlich erfahren, aber auch gegenseitig entgegenbringen, legt das Feuer, um die Lunte zum Brennen zu bringen. Nach einer Stunde kommt es dann zur ersten Eskalation: Amy wird von Charlie auf der Couch vergewaltigt, ihre Reaktion scheint hin- und hergerissen. Wo Ekel in den ersten Sekunden deutlich vernehmbar ist, lässt sie sich wenig später auf den Akt ein, schmiegt sich an ihn, bewegt ihre Hüfte zu seinen Stößen im Gleichtakt. Geht Sam Peckinpah zu weit? Das könnte man durchaus meinen, kennt man seine reelle Position gegenüber Frauen. Hier allerdings kommt es zu einer emblematischen Sequenz, die alle Hauptakteure in ihrer Widersprüchlichkeit charakterisiert: In Amy tobt ein Kampf, der das Alte abschütteln möchte, um etwas Neues zu erleben, im selben Schritt weiß sie um ihren Treueschwur, um die Verpflichtung und Moral, und bittet um Zärtlichkeit.

Immer wieder wird in diesem sehr irritierenden Moment, im ungreifbaren Raum zwischen Vergewaltigung und Luftempfinden treibend, David hineingeschnitten, der gerade mit einigen anderen Dorfbewohnern auf der Jagd ist. Nachdem Charlie sich von Amys Körper hinunterbewegt, wird sie von einem anderen Gemeindemitglied geschändet, hier gibt es keine Innigkeit, dieser fickt sie nur hart und billig von hinten – Und zerstört damit all die fragilen Ideale, die sie aufleben lassen wollte. All die unausgesprochenen Konflikte, die Entfremdung, von nun an wird all das unbeschränkte Gewaltpotenzial in konkrete Bahnen gelenkt und veräußert sich schließlich in seiner bleihaltigen Verwirklichung. „Wer Gewalt sät“ ist provokativ, er fordert den Zuschauer bis an die Grenzen des Ertragbaren heraus, nur kann sich der Film diese Marschroute erlauben, hat Sam Peckinpah offensichtlich doch wirklich etwas zum Thema beizutragen, anstatt einzig und allein blutige Eskapaden abzulichten. David, der das Haus immer als pazifistisches Refugium betrachtet hat, der physische Gewalt eigentlich ablehnte, wird ihr selbst Einkehr gewähren.

Wer Wind sät, wird Sturm ernten. Die Gewaltspirale, die „Wer Gewalt sät“ von Beginn an aufgebaut hat, frisst alle Charaktere in sich. Der gesunde Menschenverstand wird von triebhafter Impulsivität durchdrungen, in der Verteidigung persönlicher Würde und dem Glauben an grundsätzliche Prinzipien, ist es David höchstpersönlich, der genau diese Ideale (erst nur) durch eine Ohrfeige ad absurdum führt. Sam Peckinpah führt dem Zuschauer die Mechanismen der Gewaltentstehung vor Augen, ist da keinesfalls auf einer spekulativen Ebene anzutreffen, wenn der alkoholisierter Lynch Mob die Türen einzurennen droht: Die Gewalt besitzt hier ausnahmslos etwas Grausiges, Abstoßendes, Wahrhaftiges. Sie mag den Augenblick besänftigen, deine Zukunft jedoch wird die zerstören, weil sie, und das veranschaulicht Sam Peckinpah in aller Vehemenz, niemals als gültiges Lösungsmittel funktioniert. Die Grenzen zwischen Opfer und Täter sind unlängst verwischt, jedes Wort, jede Tat wird bis zum letzten Frame kompromisslos über Ambivalenzen hergeleitet: Ein Zuhause gibt es von nun an für niemanden mehr.

Fazit

Eine meisterhafte Studie über die Mechanismen der Gewaltentstehung. Sam Peckinpah mutet dem Zuschauer in seinem kinematographischen Kraftakt einiges zu, führt ihn an die Grenzen des Erträglichen und dokumentiert pure Menschlichkeit, wenn er veranschaulicht, wie schnell das auf reine Instinkte reduzierte Verhalten in Extremsituationen Überhand gewinnen kann. Brillant, ein Muss.

Kritik: Pascal Reis

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