{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Mehr schlecht als recht schlägt sich der gebürtige Wiener Ferdinand Marian im Jahr 1939 als Schauspieler durchs Leben. Seine Chance kommt, als ihm die Hauptrolle in einer Verfilmung von "Jud Süß" angeboten wird, auch wenn er aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Projekts zunächst zögert. Propagandaminister Goebbels lässt keinen Zweifel daran, dass Marian den Part spielen muss. Marian glaubt, die Situation unter Kontrolle zu haben: Seine Frau ist Jüdin. Doch das Spiel mit dem Feuer bleibt nicht ohne Folgen.

Kritik

Wir müssten „mit unserer Geschichte auf spielerische Art umgehen“, meinte Moritz Bleibtreu damals auf der Berlinale-Pressekonferenz. Ja, wer wird denn etwas gegen die künstlerische Freiheit sagen? Nun ist Oskar Roehlers Biopic aber kein Film über Nazis auf dem Mond, sondern ein Film mit historischem Anspruch, der die Biografie einer realen Person erzählen will. Trotz Gewissensbissen gegenüber seinem jüdischen Arbeitskollegen Deutscher und seiner jüdischen Frau Anna (Martina Gedeck) spielt der österreichische Schauspieler Ferdinand Marian (Tobias Moretti) für Regisseur Veit Harlan (Justus von Dohnanyi) den Jud Süß und steigt zum neuen Star des deutschen Kinos auf. Schuldgefühle treiben den reuigen Trittbrettfahrer in den Alkoholismus. Nach Kriegsende muss er zudem feststellen, dass der erhoffte Platz in der Filmgeschichte kein ruhmreicher ist. Der Plot ist trotz trashiger Szenen nicht parodistisch, sondern behauptet Seriosität und eine gewisse Geschichtstreue. 

Dass ein Spielfilm nie zu 100 Prozent akkurat sein kann, weiß das Publikum selbst. Gerade deshalb erwartet man jedoch ein Minimum an Faktizität, besonders bei einem so heiklen Thema wie dem Nationalsozialismus. Den Goebbels gibt Bleibtreu als „Parvenü, der auch clowneske Seiten hat“ und den die Frauen anschmachten. Nazis haben bei Roehler für die Damenwelt Sexappeal, Sex mit einem Juden wiederum den Reiz des Verbotenen. Dass Marian als Nazi-Schauspieler die Judenkarikatur mimen kann und damit quasi beides in einem ist, macht eine Nazi-Gattin ganz rollig. Die Zwei treiben es am offenen Fenster, während auf Berlin die Bomben hageln. Bei solchen Szenen möchte man am Liebsten selbst zu Flasche greifen, um sich das alles irgendwie erträglich zu trinken, wie Marian es tut. Er torkelt sogar in eine Privatvorführung von Goebbels Familienfilmen, in denen die Kinderlein Papa Propagandaminister zum Geburtstag gratulieren. Hätte Goebbels diesen Kerl in die sogenannte Liste der Gottbegnadeten aufgenommen? Dank der Nennung auf dieser Liste, auf der unter anderem Gustaf Gründgens und Werner Krauß (Milan Peschel) standen, entging der echte Marian dem Kriegsdienst. Die Liste erwähnt der Film nie.

Solche Verschleierung ist beispielhaft für den Umgang mit biografischen Fakten. Bis zum Kriegsende war Marian ein gefragter Schauspieler, auch dank des Karriereaufschwungs durch Jud Süß. Die jüdische Ehefrau, um die der Filmcharakter bangt? Frei erfunden. Dass Marian von einer Gruppe befreiter jüdischer KZ-Häftlinge niedergeschlagen und zusammengetreten wurde – nun, niemand weiß, ob das passiert ist. Belege für gewalttätige Ex-KZ-Häftlings-Gangs gibt es jedenfalls keine. Dass ihn ein GI rettet, ist ausnahmsweise gar nicht unpassend. Die Alliierten zeigten sich nach Kriegsende rasch willig, Marian vom Berufsverbot zu befreien. Sein Unfalltod war daher wohl kaum ein Selbstmord aus künstlerischer Verzweiflung. Bei solcher Geschmacklosigkeit ist man fast froh über das schauspielerische Chargieren und die miserable Inszenierung. Zu oft wird eine menschenverachtende gesellschaftspolitische Agenda von Filmproduktionen ausgeblendet, negiert oder entschuldigt aufgrund von angeblichen künstlerischen oder ästhetischen Werten. In diesem Kontext empfiehlt sich die Auseinandersetzung mit den originalen Propagandafilmen des Dritten Reichs. Die Parallelen zu heutigen Produktionen sind unverkennbar und sie sind erschreckend.

Fazit

Der Titel ist wörtlich zu nehmen: Oskar Roehlers Machwerk ist gewissenlos dahingehend, dass es Mittäter und Nutznießer des Nationalsozialismus als dessen wahre Opfer darstellt. Die Verfolgung dieser Individuen erscheint als rachgierige Hetze. Diese abstruse Geschichtsklitterung macht das Drama zum würdigen Nachfolger seines propagandistischen Namensvettern.

Kritik: Lida Bach

Wird geladen...

×