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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Laurent ist 14 und möchte endlich seine Unschuld verlieren. Er wächst in einem großbürgerlichen Haushalt der 50er Jahre auf, fühlt sich jedoch von allen Mitgliedern seiner Familie weder verstanden, noch ernst genommen. Ausgenommen von seiner Mutter Clara, die ihn mit Liebe und Zuneigung überschüttet. Als bei ihm ein leichter Herzfehler diagnostiziert wird, fährt er mit ihr zur Kur. Dort spitzt sich ihr intimes Verhältnis auf unnatürliche Art und Weise zu.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Herzflimmern“ von Nouvelle Vague Regisseur Louis Malle („Fahrstuhl zum Schafott“) sorgte seinerzeit für einiges Aufsehen und wurde durchaus kontrovers aufgenommen. Neben großen Lob durch die Kritik und Bestätigung in Form von Nominierungen für die Goldene Palme wie für den Oscar (für das beste Originaldrehbuch) erfuhr der Film heftigen Gegenwind und wurde in einigen Länder gar eine Zeit lang indiziert. Sein Tabubruch in Bezug auf eine sehr intime Beziehung zwischen einem minderjährigen Sohn und seiner Mutter, der final sogar in einem inzestuösen Akt gipfelt, ist fraglos eine gewagte Angelegenheit und auch heute kein beliebiges Thema, das sich mal eben so beiläufig erzählen lässt. Der viel diskutierte, skandalträchtige Part nimmt dabei wirklich nur die letzten Minuten des fast zweistündigen Films ein und bildet letztlich nicht den inhaltlichen Schwerpunkt. Malles Anliegen galt sicher nicht der Provokation, er wollte keinen Film machen, der darauf reduziert wird. Tatsächlich ist die moralische Frage hinter diesen Szenen auch heute noch schwierig, eher grenzwertig, doch stellt Malle diese überhaupt? Nein, genau das ist der Punkt und so wie er die Sache angeht, muss er das eigentlich auch nicht…oder vielleicht doch?

Ähnlich seinem Kollegen François Truffaut bei dessen (unumstrittenen) Coming-Of-Age-Klassiker „Sie küssten und sie schlugen ihn“ schildert Louis Malle das Heranwachsen eines Jungen im Frankreich der 50er Jahre und lässt ebenfalls zum Teil autobiographische Elemente einfließen. Diese zeigen sich eher in Details, die als Statement zur gesellschaftlichen und politischen Situation von Seiten des Regisseurs interpretiert werden können. Immer wieder wird der militärische Konflikt Frankreichs in Indochina thematisiert, ohne dass er auf die Handlung einen direkten Einfluss nimmt. Gleichwohl kann Malle es sich einfach nicht verkneifen, einen sehr direkten Angriff auf die Strukturen einer streng katholischen Lehranstalt auszuüben. Nach der Pflichtbeichte stellt der Geistliche, selbstverständlich ganz uneigennützig per Handauflegen fest, wie stramm und wohl geformt doch die Oberschenkel seines Schützlings sind. Was das in dem Film zu suchen hat? Es lässt sich nur erahnen. Sexualität ist allerdings der Kern der Story. Die aufblühende Sexualität eines 14jährigen Jungen, mit all der Neugier, dem Erfahrungssammeln und der Irritation, die mit ihr einhergeht.

Dieser Junge ist Laurent, der in seiner Familie einen schweren Stand hat. Ein außergewöhnlich intelligenter, auf intellektueller Ebene unglaublich reifer Knabe, der um Anerkennung kämpft. Sein erzkonservativer, ultra-autoritärer Vater bringt ihm weder Zuneigung noch Respekt entgegen. Seine älteren Brüder bemühen sich zwar um sein „Mannwerden“, nehmen ihn grundsätzlich jedoch auch nicht ernst und sehen in ihm eher eine Art lebendiges Spielzeug, mit dem man seinen Spaß haben kann. Nur seine Mutter ist ihm eine echte Bezugsperson. Clara ist das komplette Gegenteil zu ihrem Gatten. Eine junggebliebene, attraktive Frau, fast kindlich verspielt, sehr herzlich und liebevoll. Während Laurent von jedem in seinem Umfeld als Erwachsener wahrgenommen werden will und sich dementsprechend ihnen gegenüber versucht zu profilieren, verfällt er in ihrer Gegenwart in gänzlich konträre Verhaltensmuster. Ein kleinkindliches Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit, innigem Körperkontakt, Bestätigung in Form uneingeschränkter Mutterliebe. Nicht bereit, diese mit irgendwem zu teilen, Eifersucht und Verlustängste sind die Folge, wenn er „Konkurrenz“ zu fürchten hat. Schon jetzt liegt in den gemeinsamen Szenen von Mutter und Sohn eine unausgesprochene, sexuelle Spannung in der Luft, mit ödipalen Tendenzen. Bis zum letzten, grenzüberschreitenden Schritt scheint es nicht mehr fern und dann wieder doch. 

Denn anstatt sich nun auf diesen Aspekt der Handlung zu stürzen und ihn als aufsehenerregendes Highlight zu arrangieren, lässt Malle ihn stets nur als roten Faden durch den Film führen. Clara bleibt für Laurent bei all seinen verschiedenen Erlebnissen, den positiven wie den negativen, immer der behütende Schoß, das sichere Nest, gleichzeitig aber auch das unerreichbare Objekt der geheimen Begierde. Ein, zumindest nach der freudschen Psychoanalyse, kein unübliches Verhalten in der sexuellen Entwicklung junger Männer, das hier „lediglich“ nicht vor der letzten moralischen, intuitiven Mauer – auch wegen dem antiautoritären, wahrscheinlich (oder eher ganz sicher) zu legeren Verhalten von Clara – halt macht. Bis dahin vergeht viel Zeit, Laurent entwickelt sich für den Zuschauer nicht nur sicht-, sondern besonders spürbar. Dieser Prozess - unter Berücksichtigung aller sozialen, strukturellen, psychologischen und persönlichen Komponenten – ist so lebensnah und nachvollziehbar, dass das Unvorstellbare sich fast wie selbstverständlich als logische Konsequenz ergibt. Diese Leichtigkeit, die den gesamten Film prägt, scheint in diesem Punkt unmöglich. Und doch gelingt es Malle. 

Ganz einfach macht er es dem Publikum damit natürlich nicht. Das Ende umgeht jede eigene Wertung, rechtfertigt und verteufelt nicht. Gerade bei dieser sensiblen, schwierigen Thematik ist das mutig, gleichzeitig aber vielleicht auch etwas zu wenig. Ein leicht befremdliches Gefühl macht sich breit, wenn der Film beendet ist. Befremdlich, weil alles zu gut und richtig scheint.

Fazit

Sensibel inszeniertes Coming-Of-Age-Drama, frei von künstlicher Sentimentalität, bei dem viel zwischen den Zeilen erzählt wird. Wunderbar gespielt, hervorragend beobachtet, nur eben mit einem extrem neutral gehaltenen Schlusspunkt, der polarisieren dürfte und eine uneingeschränkte Lobeshymne  - aus persönlicher Sicht – nicht möglich macht. Daran haben sich damals schon die Geister geschieden und das werden sie wohl auch immer wieder. Formal ist das alles hervorragend, da besteht kein Zweifel.

Kritik: Jacko Kunze

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