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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Kurz nach Kriegsende 1945 in Deutschland: Der Arzt und einstige Wissenschaftler Dr. Karl Rothe arbeitet unter falschem Namen in einem Flüchtlings- und Auffanglager. Er ist ein „verlorener“ Mann, der persönliche Schuld auf sich geladen hat. Er trifft auf einen Neuankömmling namens Nowak. Dieser war schon im Kriegsjahr 1943 sein Mitarbeiter und heißt eigentlich Hösch. In Rückblenden erfährt man, dass Rothes damalige Verlobte, Inge Hermann, für die Alliierten spionierte und Informationen nach England weiterleitete. Sie ließ sich auf eine Affäre mit dem Opportunisten Hösch ein. Rothe brachte seine Geliebte um – eher aus Eifersucht denn aus Linientreue. Doch bestraft wurde er für dieses Verbrechen nicht. Hösch deckte ihn aus „höherem“ Interesse. Seine Forschungsarbeit war für die Nazis wichtiger als die Sühne eines Mordes. Der schreckliche Beginn einer tödlichen Spirale …

Kritik

Wem schon würde die Rolle des Verlorenen besser zu Gesicht stehen, als etwa Peter Lorre (Casablanca)? Der österreichisch-ungarische Schauspieler mit jüdischen Wurzeln, der im Zuge der Machtergreifung der Nationalsozialisten Deutschland verlassen hat, um in Hollywood zu landen, wo er sich schnell einen Namen machen konnte und mit arrivierten Künstlern wie John Huston, Humphrey Bogart, Clark Gable, Frank Capra, Cary Grant oder auch Alfred Hitchcock zusammenarbeiten sollte. Wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg allerdings geriet die Karrie von Peter Lorre ins Stocken, Studiobosse waren der Meinung, dass er für Western und romantische Komödien gänzlich ungeeignet wäre. Als inbrünstiger Gegner der McCarthy-Politik musste Lorre zudem damit rechnen, ein Berufsverbot zu erhalten. Also kehrte er zurück nach Deutschland, um seine einzige Regiearbeit zu verwirklichen: Der Verlorene.

Zu Anfang wird verdeutlicht: Die Geschichte, die Der Verlorene erzählt, ist nicht erfunden, ihr liegen Tatsachenberichten zugrunde. Und selbst als Zuschauer, der dieses dunkle Kapitel des zweiten Weltkrieges nicht als Zeitzeuge miterlebt hat, kann man sich mühelos vorstellen, dass ein derartiger Fall, wie ihn der Film aufbereitet, keine Seltenheit gewesen ist. Es geht um Scheinidentitäten, um Schuld und Sühne, um Licht und Schatten, um Verdrängung und Vergegenwärtigung – und letztlich auch um Mord und Selbstmord. Dr. Neumeister (Lorre), der früher mal Dr. Karl Rothe hieß, hat seine Verlobte Inge ermordet. Gedeckt wurde er von den Nazis,weil diese als Spionin für die Alliierten war. Die einzige Person, die davon wusste, war Hösch (Karl John, Hunde, wollt ihr ewig leben), der heimliche Liebhaber von Inge.

Und ausgerechnet dieser Hösch, der sich nun Nowak nennt, läuft Roth nun in einem Flüchtlings- und Auffanglager erneut über den Weg. In ihm findet der Dr. jedoch keinen Leidensgenossen, stattdessen erweist sich Nowaks Einstellung als vollkommen unverändert: Er brüllt, johlt, säuft und frisst, als wären die letzten Jahre weitestgehend spurlos an ihm vorbeigegangen. Daraufhin erzählt Roth ihm seine ganze Geschichte; auch darüber, wie er sich in seinem Lebensüberdruss ein weiteres Mal dazu gezwungen sah, erneut zu morden. Der Verlorene versteht sich als Psychogramm einer ganzen Nation: Lorre fand in den 1950er Jahren ein Nachkriegsdeutschland vor, in dem niemand zurück blicken wollte, um sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Es ging nur um Fortschritt, Weiterentwicklung und damit auch um die (Selbst-)Verleugnung der eigenen Wurzeln und Identität.

Der Verlorene konfrontiert die ebenfalls wortlos gefällte Abmachung der Deutschen, Stillschweigen über das zu bewahren, was in den letzten Jahren geschehen ist, indem er zur Auseinandersetzung, zur Verarbeitung aufruft. Dass der Film seinerzeit keinerlei Aufmerksamkeit fand und nach zehn Tagen wieder aus dem Kinoprogramm genommen wurde, versteht sich von selber. Peter Lorre hat die richtigen Fragen gestellt, er ist gezielt und damit hochgradig unangenehm in das gesellschaftliche Bewusstsein vorgedrungen. Er hat die Verknüpfung von politischem und privatem Unrecht aufgezeigt, um dem Schrecken klare Worte zuzuordnen. Die Inszenierung erweist sich dabei zuweilen von einer bedrückenden Intensität angetrieben, die immer wieder geflissentlich Eindruck erweckt, dass die alles umfassende Dunkelheit eine hausgemachte ist. Erst, wenn wir zu uns selber stehen, kann auch wieder Helligkeit Einzug in unseren Alltag erhalten.

Fazit

Auch heute noch erweist sich "Der Verlorene" als durchaus intensive Seherfahrung, die sich gegen das Schweigen ausspricht. Seinerzeit verkannt und ignoriert worden, ist Peter Lorres einzige Regiearbeit ein wichtiger Beitrag zur deutschen Nachkriegsaufbereitung. Erst, wenn wir zu uns selber stehen - und damit auch zu den Verbrechen, die wir begangen haben - kann es eine Zukunft geben.

Kritik: Pascal Reis

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