Ein grausames Kino-Solo und mehrere unspektakuläre Auftritte in "The Avengers" später, war Captain America immer noch das Sorgenkind im Hause Marvel. Ein Umstand, den die "Community"-Macher Anthony und Joe Russo mit "The Winter Soldier" geändert haben - und zwar so richtig. Die beiden TV-Regisseure dürfen sich nicht nur rühmen, den patriotischsten aller Marvel-Helden endlich cool gemacht zu haben, sie liefern mit ihrem Blockbuster-Debüt auch tatsächlich den besten Film des kompletten Franchises ab. "The Winter Soldier" ist genau so abgehobene Comicverfilmung wie brettstarkes Agenten-Action-Kino, und findet dabei die perfekte Mitte zwischen Humor und Ernst, Figuren und Spektakel.

Bot Joe Johnston in "The First Avenger" noch kaum Gelegenheit, die Stärke und Agilität seines Helden unter Beweis zu stellen, etablieren die Russo-Brüder den Captain als erbarmungslose Kampfmaschine. Dabei begeistert der Film vor allem durch seine atemlose, druckvolle Action, mit so viel Stuntarbeit und so wenig CGI wie möglich. Neben einer sensationell inszenierten Autoverfolgungsjagd, sind es vor allem die Mann-gegen-Mann-Kämpfe, in denen der Film mit seiner bodenständigen Inszenierung punkten kann. Das große Finale versinkt dann wieder ein wenig zu sehr im üblichen Effektgewitter, bewegt sich aber immer noch auf einem erstklassigen Unterhaltungsniveau.

Eingefasst ist "The Winter Soldier" in das Plot-Gerüst eines klassischen Agenten-Thrillers und beweist damit, dass Marvel-Filme mittlerweile nicht nur ein eigenes Genre sind, sondern auch problemlos den Rahmen für andere Genres bilden können, ohne dabei krampfhaft die eigene Herkunft zu leugnen. Trotz des deutlich ernsteren Tons, bleibt dabei immer noch genügend Platz für eine gesunde Prise Humor. Lediglich die Freundschaft zwischen Steve und Bucky erreicht nicht ganz den emotionalen Punch, die sie womöglich haben soll - auch wenn das weniger das Problem von "The Winter Soldier" und mehr das von "The First Avenger" ist, der es versäumte, diese auch wirksam einzuführen.