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Pain & Gain [2013] - Levins Meinung

Souli

Von Souli in Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse - Teil 16

Pain & Gain [2013] - Levins Meinung

Der aufmerksame Filmgenießer mag sich vielleicht noch daran erinnern, an die Zeit, als Pain & Gain“ von Michael Bay weltweit in die Lichtspielhäuser kam und die Verwirrung auf einmal groß war. Sogar von vertrauenswürdigen Seiten konnte man positiv überraschte Stimmen zum Film vernehmen. War Bay nun auf plötzlich ein ernstzunehmender Filmemacher, der nicht von Grund auf zu belächeln war? War es tatsächlich möglich, dass Bumm-Bumm-Bay eine treffende Satire auf das zeitgenössische Amerika gedreht hat? Selbstverständlich waren die Stimmen zum Film nicht einseitig positiv, manch einer warf dem Film gar vor das schrecklichste Machwerk in Bays Filmographie zu sein. Menschenverachtend bis zum Gehtnichtmehr, unerträglich geschmacklos, immer noch ein filmisches Armutszeugnis sollte der Film sein. Recht haben natürlich beide Seiten.

Vielleicht sollte man zunächst anmerken, wie überraschend oft Michael Bay zumindest in der ersten Hälfte des Films den richtigen Ton trifft. Überraschend, weil die Filme, die er unmittelbar zuvor drehte, vor allem dadurch geprägt waren, dass sie keinen erkennbaren Standpunkt zu irgendwas hatten. In „Pain & Gain“ ist Michael Bay zum ersten Mal in Zugzwang, er muss Stellung beziehen und genau das ist es, was brenzlig wird. Denn hier offenbaren sich Talent bzw. Unvermögen des Filmemachers und Sympathie bzw. Abneigung des Zuschauers. So zumindest die Theorie, denn es ist nicht selbstverständlich, dass das Publikum bei diesem Werk überhaupt dazu kommt, einen oder zwei gescheite Gedanken zu formen - so laut, so grell, so schnell, so bunt und übertrieben ist dieser Film von vorne bis hinten.

Die erste Stunde des Films ist jedoch durchaus davon gezeichnet, dass Bays altbekannte Methode - der rein am Visuellen interessierte Holzhammer - endlich wirklich angebracht ist, vielleicht gar von Nöten. Satire darf nämlich so sein, wie Bays Filme es immer sind. Satire darf überziehen, sie darf ein stilistischer Ausverkauf sein und das ist gleich ein doppelter Gewinn für Bay. Erstens muss er sich dafür nicht sonderlich anstrengen und zweitens kann er stets den Schutzschild der satirischen Überspitzung nutzen, falls Kritik doch einmal in seine Richtung kommen würde. Bitter ist da nur, dass dieses Argument nicht bis zum Ende standhalten kann, dafür ist Bay wohl irgendwann zu überrascht, wie gut er durch den Film gekommen ist. Überrascht, wie ordentlich das Endergebnis teilweise wirklich geraten ist - was dazu führt, dass er diesen Zustand so lange auskosten möchte, wie nur irgend möglich. Dabei geschieht etwas, was in Bays Filmen eigentlich unmöglich sein sollte; Stillstand.

Dabei beginnt der Film ganz anders. Daniel Lugo wird dem Publikum vorgestellt, während er den Inbegriff des narzisstischen Exzesses darstellt. Er stählt seinen Körper, brüllt selbstverliebte Parolen. Wenn er könnte, würde er sich wahrscheinlich auch selbst befriedigen. Unterbrochen wird er von der Polizei, die auftaucht und Jagd auf ihn macht. Von Anfang an streut Bay hier und da immer wieder Einstellungen gefilmt aus der ersten Person mit ein. Schnell macht er klar, wer hier dargestellt wird - der Zuschauer. Der Zuschauer wird nicht nur Zeuge des Ganzen, er soll es leben, er soll den Figuren seine Identität übergeben und ihnen damit blind vertrauen. Er soll Spaß an der ganzen Gaudi haben, er soll mit den Protagonisten mitfiebern, hoffen, dass sie am Ende mit dem ganzen Geld davonkommen. Die Ego-Perspektiven sind tatsächlich das interessanteste formale Element, dass Bay hier findet. Momente, in denen Dwayne The Rock Johnson mit all seiner Wucht direkt auf die Kamera einschlägt, sind überraschend hochwertig - weil sie den Zuschauer aufschrecken lassen. Will Bay den Zuschauer aufwecken aus dem zynischen Dasein, das er fristet, wenn er solche Filmcharaktere wirklich gut finden kann? Ingmar Bergman ließe grüßen, wenn dem so wäre.

In der Hinsicht funkt also hier und da ein Können Bays auf, das tatsächlich zu überraschen vermag. Auch funktioniert das satirisch-entlarvende Kino dank des Drehbuchs, wenn der Film die Protagonisten entblößt. „Pass auf, ich guck viele Filme, Paul. Ich weiß genau, was ich tue.“, sagt Daniel in einer Szene und beendet damit tatsächlich die Diskussion. Die treffende Satire, die sich auf den Amerikanischen Traum bezieht, wird immer wieder zelebrierend auf die Spitze der Krone getrieben. Der Amerikanische Traum ist nicht ausgeträumt, er ist real. Aber er ist verdammt scheiße. Amerika ist hier oberflächlich, rassistisch, sexistisch, xenophob, fanatisch-religiös, verblendet und vollkommen in seinem eigenen Hinterteil angekommen. Amerika ist ein Gangsta Paradise.

Was allerdings überhaupt nicht funktioniert und dem Film irgendwann den Rücken bricht, ist die Kehrseite von Bays Bild der amerikanischen Kultur. Irgendwann machen sich nämlich nur die Figuren über andere Menschen lustig, sondern der Film selbst. Er macht sich über beleibte Menschen lustig und vergisst, eben dies als Satire zu verkaufen. Michael Bays Frauenbild hat sich eben kein Stück geändert und das ist ein elementarer Punkt dieses Films. Frauen sind hier entweder hohle Sexbomben oder fette und hässliche Plagen von Menschen, die ihre Umwelt anwidern. Zudem ergötzt Bay sich irgendwann am Leid der Menschen und nimmt seinen Protagonisten dabei Charakterzüge ab, die er lieber in Ruhe gelassen hätte. Und dann wäre da noch die Tatsache, dass er die Typen bis zum Ende nie wirklich verurteilt. Sie haben halt an ein Ideal geglaubt und dafür hart gearbeitet, so schlecht können sie ja nicht sein. Das ist fast schon herrlich, ist das passende Ende einer Satire, die sich irgendwann selbst zu Grabe trägt und einmal mehr zeigt, wie schmalspurig Michael Bay sein kann. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast dazu kommen, anzuzweifeln, dass das Teil überhaupt als Satire gemeint war.

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