Miley Cyrus: Etwas Schönes ist nicht nur ein visuelles Album – es ist ein regelrechtes sensorisches Manifest. Neben dem gleichnamigen Album bietet dieser Film, unter der Regie von Cyrus selbst in Zusammenarbeit mit Jacob Bixenman und Brendan Walter, mehr als nur eine audiovisuelle Umsetzung der Songs. Er taucht tief in die kreative Psyche einer Künstlerin ein, die fast zwei Jahrzehnte nach ihrem Durchbruch so selbstbewusst wie nie zuvor wirkt. Mit ihrem ständig wandelnden Stil, roher Energie und magnetischer Präsenz zieht Cyrus die Zuschauer durch ein Labyrinth aus Bildern, Klängen und Emotionen, die zwischen Erhabenheit und seltsam intimer Nähe schwanken – und festigt damit ihren Platz nicht nur als Sängerin, sondern als Performerin mit einer wahrhaft einzigartigen künstlerischen Vision.Die zweigliedrige Struktur des Projekts erlaubt es, zwischen verschiedenen Stimmungen und Atmosphären zu wechseln und träumerische, introspektive Momente mit Ausbrüchen von Pop-Pracht und visuellen Feuerwerken auszubalancieren. Von Anfang an ist klar, dass es hier nicht um lineares Erzählen geht – es geht ums Fühlen. Die vernebelte Eröffnung, voller atmosphärischer Geräusche und fast geisterhafter Flüstern, setzt den Ton für etwas, das mehr wie ein Traum als wie eine Geschichte wirkt. Mit den Produzenten Sean Everett, Ian Gold und Piece Eatah an ihrer Seite schafft Cyrus Klanglandschaften, in denen akustische Instrumente, Synthesizer und natürliche Geräusche zu einem emotionalen Ökosystem verschmelzen. Und im Zentrum steht ihre Stimme: rau, verletzlich, kraftvoll – gleichermaßen fähig, Verzweiflung wie Befreiung heraufzubeschwören.Visuell dreht sich der Film um Textur. Mit diffusen Filtern, überlagerten Bildern, Projektionen und psychedelischen Hintergründen erinnert der Look an experimentelle Musikvideos der 90er, bleibt aber in aktuellen visuellen Trends verwurzelt. Jeder Song wird durch luxuriöse Kostüme und sorgfältig gewählte Symbolik zum Leben erweckt – wie das grüne Fransen-Kleid in „End of the World“ oder die Retro-Glam-Energie der Tänzer in „Easy Lover“. Nichts wirkt zufällig; alles knüpft an die visuelle Sprache an, die Miley über Jahre entwickelt hat, jetzt mit einer neuen Bühnenreife, aber ohne den Funken Schalk zu verlieren. Naomi Campbells Auftritt, mit ihrer hypnotischen Präsenz und fast mystischen Ausstrahlung, verleiht dem Ganzen eine futuristische Märchenstimmung – und seien wir ehrlich: Wenn Naomi in Mileys Orbit kreist, hat diese Welt eindeutig ihre eigene Anziehungskraft.Falls Etwas Schönes keinem traditionellen Handlungsbogen folgt, ist das kein Mangel – es ist Teil des Konzepts. Es wirkt wie ein offener Brief – oder vielleicht ein holografisches Tagebuch –, in dem Erinnerungen, Wünsche und vergangene Wunden sich wie Splitter eines zerbrochenen Spiegels überlagern. Szenen wie „Pretend You're God“ mit seinem Stroboskop-Gewitter oder das befreiende „Golden Burning Sun“, in dem Cyrus auf einem Motorrad durch Windböen rast, fangen diesen Geist visueller und klanglicher Katharsis ein. Und obwohl der Film auf Spektakel setzt, weiß er auch, wann er zurückhaltend sein muss. Es gibt Pausen, stille Momente, Blicke, die mehr sagen als jeder Text. In einer Zeit, in der visueller Überschwang allgegenwärtig ist, wirkt diese Zurückhaltung kraftvoll.Benoît Debies Kameraführung findet in Miley ihr perfektes Gegenstück, die sich mit Leichtigkeit durch seine sinnliche, provokative Linse bewegt. Die Kamera verehrt sie nicht aus der Ferne – sie hält sie nah, fast greifbar. Diese Nähe, diese rohe emotionale Offenlegung, macht den Film zu einer authentischen Erweiterung ihrer Musik. Songs wie „Every Girl You've Ever Loved“ und „Walk of Fame“ verbinden Glamour und Schmerz mit echter Finesse, und die übergeordnete Idee, eine kranke Kultur durch Kunst zu heilen – etwas, worüber Miley in Interviews sprach –, wirkt nicht anmaßend, sondern wie ein ernsthafter Versuch, etwas zutiefst Persönliches mit etwas Universellem zu verbinden.Miley Cyrus: Etwas Schönes lässt sich nicht leicht fassen. Es ist kein langformatiges Musikvideo, und es ist definitiv kein verkappter Biopic. Es ist ein Ritual. Eine Reise. Ein Liebesbrief an den Art-Pop mit einer Rock-’n’-Roll-Seele – inspiriert von Bowie und Björk, während es den Namen „Miley“ in seiner eigenen lauten, unapologetischen Tinte kräftig aufdrückt. Ehrlich gesagt, wäre es nicht überraschend, wenn dieses Projekt irgendwann als Meilenstein der visuellen Musik betrachtet wird – eines, das keine Erklärungen brauchte, weil es wusste, wie es sich anfühlt. Und für langjährige Fans wie mich ist es ein Geschenk: intim, mutig und ja, etwas wirklich Schönes.