Mit dem neuen Pumuckl-Film wagt man den Versuch, den schelmischen, rothaarigen Kobold noch einmal ins Bewusstsein eines Publikums zu rücken, das längst nicht mehr nur aus Kindern besteht. Seit der Wiederbelebung der Serie, in der der Neffe (Florian Brückner, Der Boandlkramer und die ewige Liebe) des alten Meister Eder die Werkstatt und damit auch Pumuckl übernahm, ist der kleine Kobold wieder präsent. Schon damals wurde die Rückkehr mit einem Kinofilm (Neue Geschichten vom Pumuckl) begleitet – nun folgt also der nächste Streich, der die Figuren in ein neues Umfeld führt und zugleich an alte Traditionen anknüpft.
Im Mittelpunkt steht das Aufeinandertreffen von vertrauter Werkstattatmosphäre und der neuen Freiheit des Abenteuers. Zum ersten Mal verlässt das ungleiche Duo die Münchner Hinterhof-Schreinerei und wagt sich aufs Land, wo Meister Eders Nachfolger ein lukratives Angebot erhält. Doch bevor es überhaupt zu dieser Entscheidung kommt, türmen sich bereits unzählige Nebenhandlungen auf: ein Dirigent mit einem Notfall, ein übersehenes Geburtstagskind, ein gestohlener Maibaum, ein antikes Holzkarussell, ein in die Jahre gekommenes Taxi, eine Schildkröte – und vieles mehr. Der Film präsentiert ein wahres Sammelsurium an Einfällen, das zwar für kindliche Aufmerksamkeitsspannen durchaus unterhaltsam sein mag, aber als Ganzes recht zerfasert wirkt.
So entsteht rasch der Eindruck, als sei der Film tatsächlich aus mehreren Episoden zusammengesetzt. Was zunächst für Abwechslung sorgt, entwickelt sich zunehmend zur Belastung, denn erzählerisch verliert sich die Geschichte in zu vielen Fäden. Trotz einer Spielzeit von unter hundert Minuten entsteht ein Gefühl der Überdehnung, das dem leichten Tonfall widerspricht. Fast ironisch wirkt es daher, wenn Meister Eder am Ende seinem Kobold ins Gewissen redet, dass die Menschen langsam nach Hause wollen – ein Satz, der ebenso gut als Kommentar zum dramaturgischen Ungleichgewicht verstanden werden kann.
Problematisch zeigt sich auch die filmische Umsetzung. Statt die große Leinwand voll auszuschöpfen, erinnert das Ganze in vielen Momenten stärker an eine solide TV-Produktion oder eine Streaming-Serie. Der animierte Kobold fügt sich zwar erwartungsgemäß in die Handlung ein, wirkt jedoch nicht immer nahtlos integriert. Oft bleibt die Darstellung grob und kantig, was modernen Sehgewohnheiten widersprechen mag. Gleichzeitig lässt sich argumentieren, dass gerade diese leicht klobige Machart seit jeher Teil des Pumuckl-Charmes war und gewissermaßen zum Markenzeichen gehört.
In der Verbindung mit dem ur-bayerischen Ambiente entfaltet der Film dennoch einen eigenartigen Reiz. Zwischen Münchner Nachbarschaftsromantik, volkstümlicher Heiterkeit und provinzieller Schönfärberei entsteht ein eigentümlicher Tonfall. Slapstick wechselt sich mit moralischen Lektionen ab, und dazwischen verirren sich sogar kleine musikalische Einlagen. Das Ganze besitzt etwas Altmodisches, das man entweder liebenswert oder altbacken finden kann – vielleicht sogar beides zugleich.
Gerade in seiner heiteren, manchmal auch unbeholfenen Art entwickelt der Film eine Form von Urtümlichkeit, die man nicht leugnen kann. Zugleich zeigt sich, dass er immer wieder versucht, Moderne und Tradition miteinander zu versöhnen – etwa indem Brauchtum wie der Maibaumdiebstahl oder zeitgemäße Alltagsprobleme ineinanderfließen. Am Ende aber wird die Botschaft sehr klar formuliert: Bloß keine Experimente.
Weniger erfreulich ist allerdings der Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Stimme des Kobolds. Damit sollte der neue Sprecher Maximilian Schafroth (Jagdsaison) an den unverkennbaren Tonfall des legendären und leider bereits verstorbenen Hans Clarin (Das indische Tuch) angeglichen werden. Das Ergebnis ist technisch durchaus beeindruckend, wirft aber ein schales Licht auf die Produktion: Zwischen Nostalgie und digitaler Nachahmung bleibt ein unangenehmes Gefühl zurück, als wolle man einen Zauber erzwingen, der sich nicht mehr herstellen lässt.
Trotz dieser kritischen Punkte gelingt es Pumuckl und das große Missverständnis, eine gewisse Herzenswärme zu transportieren. Er will bewahren, was Pumuckl stets ausgemacht hat: eine Mischung aus Schabernack, Volkstheater und kleinen Lebensweisheiten. Dass die Umsetzung nicht durchgehend überzeugt, schmälert zwar den Gesamteindruck, doch im Kern bleibt der Film eine Einladung, den frechen Kobold noch einmal auf großer Leinwand zu erleben. Vielleicht ist genau das schon Grund genug, sich von seiner verspielten Welt ein wenig verzaubern zu lassen.
Auch wenn der Grund für die Existenz dieses Films reines Kalkül ist: Im Abspann selbst treten Eder und Pumuckl stimmlich auf, um nicht etwa ein versöhnliches Schlusswort zu sprechen, sondern Werbung für die neuen Serienfolgen zu machen – der Kobold verkauft hier also nicht nur Schabernack, sondern gleich auch das nächste Abo.