MB-Kritik

Orca 2021

Drama

Taraneh Alidoosti
Mahtab Keramati
Ayoub Afshar
Arash Aghabeik
Sepideh Alaei
Kazem Ebrahimzadeh Bedayati
Armik Gharibian
Atiyeh Ghobeyshavi
Hamideh Hamidi
Vahid Hood
Fatemeh Hosainzadeh
Masoud Karamati
Ahmad Kazemi
Hafizolah Koohi
Shokoufeh Moosavi
Mahtab Nasirpour

Inhalt

Nachdem ihr gewalttätiger Ehemann sie fast umgebracht hätte,  ist die iranische Rettungsschwimmerin und Leistungssportlerin Elham schwer traumatisiert. Doch ihre Liebe zum Wasser und dem Sport gibt ihr neuen Lebensmut. Sie beschließt, einen Weltrekord im Ausdauerschwimmen aufzustellen. Doch als Frau wird ihr trotz vorschriftsmäßiger bedenkender Badekleidung schon die Registrierung verwehrt. Staatliche Sittenwächter scheuen nichteinmal vor tätlichen Angriffen zurück und in der iranischen Sportministerin findet Elham eine unerbittliche Gegnerin. Doch die junge Sportlerin lässt sich von nichts Aufhalten und wird in ihrem Heimatland zum Symbol der Frauenrechte.

Kritik

Die Handschellen, in denen die Heldin Sahar Mosayebis (Platform) eigenwilliger Mischung aus Sport- und Politdrama einen ihrer Schwimmrekorde aufstellt, wirken wie ein Symbol ihrer fundamentalistischen Fesseln. Die sollen nicht nur die entschlossene Protagonistin der sich dicht an den zugrundeliegenden Tatsachen haltende Story davon abhalten, ihrer sportlichen Passion nachzugehen und erst recht, damit in die Öffentlichkeit zu treten. Das unterstreicht die iranische Regisseurin immer wieder in scheinbar beiläufigen Szenen, in denen Frauensport in ihrem Heimatland unterbunden wird.

Nicht nur auf kompetitiver Ebene repräsentiert Elham Asgharis (Taraneh Alidoosti, Leila's Brothers) den Kampf zahlloser Frauen, deren Körper und Charakter überall attackiert werden. Sei es auf offenem Meer, wo Elham von Fundamentalisten mit dem Motorboot überfahren wird, oder in ihrem Heim, wo ihr Ehemann sie fast umbringt. Dass Mosayebi ihm weder Gesicht noch Stimme gibt, definiert ihn als Teil einer misogynen Maschinerie staalicher, sozialer und systemischer Gewalt. Dazu gehören auch Frauen wie Sportministerin Nazar Abadi (Mahtab Keramati, Chacun son cinéma ou Ce petit coup au coeur quand la lumière s'éteint et que le film commence).

Sie boykottiert verbissen Asgharis Karriere, obwohl diese ihren Körper unter einer sechs Kilo schweren Badeuniform versteckt. Ob Abadis Motivation karrieristisch, ideologisch oder pragmatisch ist, bleibt nicht die einzige kontextuelle Leerstelle in Tala Motazedis unsicherem Skript. Das beleuchtet weder die materiellen Privilegien, noch die mediale Reichweite und Art ihrer Rekorde, die auch männliche Konkurrenz übertrafen. Selbst ihre Rolle als internationale Ikone sportlicher Selbstbestimmung erschließt sich nur indirekt in einer Inszenierung, die vor allem durch ihre Symbolwirkung überzeugt.

Fazit

Nachdem ihr letzter Spielfilm die Herausforderungen zweier in Martial Arts antretender Schwestern betrachtet hatte, widmet sich Sahar Mosayebi erneut der (lebens)gefährlichen Position iranischer Sportlerin. Die von realen Begebenheiten inspirierte Story - deren Leinwandadaption im Iran bereits verboten wurde - der Ausdauerschwimmerin Elham Asghari besticht ebenso durch Taraneh Alidoostis nuancierte Darstellung wie ihre schnörkellose Form. Doch die Tendenz zu konstruiertem Kitsch und schematischer Narration untergraben die Dramatik einer Geschichte, die ihre spannendsten Aspekte wohl nicht zufällig ausblendet.

Autor: Lida Bach
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