Wie oft wir doch schon Macbeth haben steigen und fallen gesehen. Nun will Joel Coen einen Wurf wagen. Diesmal ohne Ethan Coen, seinem Bruder, mit dem er eine Filmwelt schuf, die zuletzt mit The Ballad of Buster Scruggs auf ihren bisherigen Tiefpunkt stieß. Dennoch waren die Erwartungen hoch: einer der großen Künstler, die hinter Meisterwerken wie Burn After Reading und Barton Fink stehen, nimmt sich eines vielleicht nicht unerwarteten Sujets an. Schließlich zog sich das Ikonenartige schon immer durch das Werk der Gebrüder, doch findet hier sein Novum in der Umsetzung. Macbeth ist bierernst, bleibt dicht an der Vorlage kleben, vermisst also jene humorige Leichtigkeit, die Kultcharaktere wie den Dude hervorbrachte.
Dankbarerweise unternimmt Coen weder Modernisierungsversuche, die den Stoff hin auf ein tagespolitisches Thema entwerfend verkrümmen, noch ein Authentizitätswagnis, das den Zuschauenden eine möglichst realistische Nähe verspricht. Stattdessen ist das Werk angenehm bescheiden: es bleibt dicht an den Dialogen, lässt Shakespeares Sprache sprechen, komprimiert gewissenhaft, ohne dem Werk die Atemluft zu rauben, ohne Zwischenräume zu lassen, die die Adaption dem Beigeschmack der Redundanz überführen. Gleichzeitig achtet Macbeth die Distanz, die wir zur Vorlage einzunehmen haben. Durch das Fenster des klassischen 4:3-Formats, das früher als Kino-Standard galt, blicken wir auf eine komplett in Schwarz-Weiß gehüllte Szenerie, die durch das minimalistische Setting, das sich auf geometrische Formen verlässt, den Eindruck einer malerischen Oberflächlichkeit gewinnt. Bisweilen drängen sich bei diesen Bildkompositionen Graphic Novel-Assoziationen auf.
Eher noch erinnert die Inszenierung jedoch an die Aufgeräumtheit der Bühne, auf der das Stück eigentlich beheimatet ist. Coen zollt demnach nicht nur der literarischen Vorlage ihren Respekt, sondern auch der ersten Inszenierungsform, die auf sie folgte. In erster Linie ist sein Solo-Debüt jedoch filmisch, bleibt das markanteste Stilmittel doch die Urform des Mediums: das Licht. Es sind die langen Schatten, die es wirft, die grellen Punkte, die es aus dem Schwarzen treten und einen Sternenhimmel bilden lässt, die Räume, die es am Fuße des dunklen Treppenhauses zu eröffnen weiß. Es sind jene Licht-Schatten-Spiele, die von einer abgefilmten Bühne oder braven Rekapitulation behüten, das Stück stattdessen im ästhetischen Aggregat aus Film-Noir, Expressionismus und düster-nebeliger Sagenerzählung in seiner Zeitlosigkeit würdigen.
Coen präsentiert eine alptraumhafte Macbeth-Interpretation, die das Altbekannte beibehält, ihm eine neue Spielart hinzufügt. Denzel Washington (Flight) und Frances McDormand (Nomadland) treten darin als Lord und Lady weniger mit einer gemeinsamen Chemie auf, sondern viel mehr als würdige Träger der den Raum einnehmenden Bilder und Dialoge, die in einen seidig-düsteren Soundtrack gehüllt sind. Die entstehende Stimmung hat etwas Unheilvolles, etwas über den Handlungen der Charaktere Schwebendes. Die bedrohlichen Herzstücke dieser bilden die Einlassungen von Kathryn Hunter (Das Märchen der Märchen), deren Auftreten als Hexe(n) durch imposantes Szenen- und Sounddesign unterstützt wird. Der Verzicht auf Schlachtszenen ermöglicht währenddessen die Stille, die dem Gefühl der dunklen Vorahnung erst den Raum gewährt.