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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Jeder verfolgt sein Hirngespinst, ohne es jemals zu fassen zu bekommen. Für manche ist es ein Traum vom schnellen Geld, für andere die Suche nach einer vergangenen Liebe... Zurück in seiner kleinen Stadt am Tyrrhenischen Meer trifft Arthur (Josh O'Connor) auf seine Tombaroli-Bande, die etruskische Gräber und archäologische Wunder plündert. Arthur hat eine Gabe, die er für seine Räuberfreunde einsetzt: Er spürt die Leere. Die Leere der Erde, in der sich die Überreste einer vergangenen Welt befinden. Dieselbe Leere, die die Erinnerung an seine verlorene Liebe Beniamina in ihm hinterlassen hat.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die Allegorie vom Kino als Traum oder von Filmen als Träume ist eine der abgenutztesten Plattitüden in der Geschichte der Bewegtbild-Rezension. Sie ergibt auch nicht wirklich Sinn, so bewegt sich der Film doch vom Anfang an einen bestimmten Endpunkt, an dem, im besten Falle, dann alles zusammenkommt, alles einen Sinn macht. Träume enden hingegen völlig abrupt und kennzeichnen sich durch ihre Unvollkommenheit. Abrupt endet schließlich auch der Traum von Arthur (Josh O'Connor, Emma.), der während der Zugfahrt in die Toskana von einem Warenverkäufer geweckt wird und auch noch spöttisch hinterher gesagt bekommt: „Jetzt erfährst du nie wie es ausgeht!“ Arthur weiß wie sein Traum im besten Falle ausgehen würde: Damit, seine verstorbene Geliebte Beniamina wieder im Arm halten zu können, seit dessen Tod er störrisch nach einem Portal in die Seelenwelt sucht, um wieder mit ihr vereint sein zu können. Kino ist vielleicht kein Traum, aber so wie Alice Rohrwachers (Glücklich wie Lazzaro) La Chimera von einem handelt, der auszog, seine Träume in der Realität zu verwirklichen, überschneiden sich die spirituellen Welten von Realität und Fantasie im Kino. In Filmen, die mit so gekonnt meisterhaften magischen Realismus aufwarten, wie etwa in denen von Rohrwacher, tun sie es sogar jede magische Minute.

In weißem Anzug gekleidet kommt der ungepflegte, stetig wandernde Brite schließlich im ländlichen Paradies von Italien an und trifft alle mögliche Gestalten: Da ist zum einen Beniaminas Mutter Flora (Isabella Rossellini, Blue Velvet), eine rustikale Aristokratin, die es sich in ihrer heruntergefallenen Villa noch immer gemütlich macht, wie auch die energische Italia (Carol Duarte, Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao), die schnell Gefallen an Arthur findet und vielleicht seine reale statt verträumte Erfüllung sein könnte. Doch Arthur gerät schließlich an die Gruppe der Tomboralis, eine Gemeinde aufgeweckter, verarmter Grabräuber, die die Entheiligung des antiken Schätze des Erdbodens als Flucht aus der Armut versteht. Arthur, der überall einem Geist gleicht ist, für die Tomboralis ein gefundenes Fressen, verfügt er doch über eine besondere Gabe: Mit einer Wünschelrute kann er vergrabene Schätze erspüren und ausgraben. Transzendente Momente, in denen sich das Bild des Filmes plötzlich kippt und wir den Raum der Vergangenheit betreten: Ein Ort an dem wir, zu Beispiel, erleben dürfen, wie Sauerstoff aus die mehrere tausend Jahre alte Wandmalerei trifft und zum verdampfen bringt. Flüchtet hier ein antiker Geist aus seinem Versteck oder handelt es sich nur um einfache Physik? Was wird Arthur mit der Beute anstellen? Wo führt die Reise hin?

Das plötzliche Spiegeln bzw. Umdrehen des Kinobildes im Angesicht des Fantastischen ist nicht die einzige inszenatorische Verfremdung mit denen Rohrwachers Film aufwartet: Hélène Louvartes (The Lost Daughter) Kamera wechselt permanent von 16mm zu 13mm zu Super 16, ändert den Aspect Ratio, bedient sich an Stummfilme ähnelnde Speed-Ups oder an plötzlichen Standbildern. Die Regisseurin nutzt die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten um das Kinobild selbst zum wertvollen Artefakt zu erhöhen. Genauso spielerisch agiert die Narration von La Chimera, der als Abenteuerfilm beginnt, sich zur Charakterstudie eines ewig Suchenden und Umhertreibenden wandelt und sich irgendwann immer mehr zur philosophischen Reflexion über den Wert einer unerreichbaren Vergangenheit entwickelt, gipfelnd in einem Konflikt darum, welchen Wert die buchstäbliche Erde hat und bis wann wir sie präservieren können oder was wir sonst verlieren. Das der Film dennoch die Zeit findet, mit der herrlich diabolischen Antiquitäten-Jägerin Spartaco (großartig: Alba Rohrwacher, I Am Love) einen waschecht klassischen Fiesling einzuführen, spricht Bände über Rohrwachers Geschick mit all diesen Elementen eine einnehmende Erfahrung zu kreieren. Trotz des gigantischen theoretischen Unterbaus bei dem der Aridane-Faden, an dem Arthur seiner verlorenenen Beniamina nachfolgt, nur eine von vielen mythischen Referenzen darstellt, bleibt Rohrwachers Film durchweg zugänglich und orientiert sich im breitesten Sinne daran, wem oder was man sein Leben widmen soll.

Fazit

Alice Rohrwacher hat mit „La Chimera“ selbst eine filmische Schatztruhe gedreht, die mit einer spielerischen Inszenierung, einem fordernden wie einnehmenden, theoretischen Fundament, Fragen über den Wert der Vergangenheit und einem präzisen wie schwelgerischen Auge für die Schönheit nahezu alles bietet, was das Kinoherz begehrt.

Kritik: Jakob Jurisch

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