MB-Kritik

Jill, Uncredited 2022

Short

Jill Goldston

Inhalt

Erst fällt sie gar nicht auf, ist eine von vielen. Doch nach und nach entdeckt man sie und ihre besondere Präsenz. Eine Hommage an die Figuren im Hintergrund, ohne die der Vordergrund keine Bühne hätte.

Kritik

Wer sind die im Hintergrund, die nur unvollständig und halb unbewusst wahrgenommen werden? An die selten das Wort gerichtet wird und die noch seltener sprechen? Deren Geschichten nur Teil anderer Geschichten sind, in ihrer Gesamtheit unverzichtbar, aber nie essenziell, wie die Kulisse für das Bühnenbild oder die Hintergrundstimmen für den Gesang? Eine berührende filmische Antwort auf diese Fragen gibt Anthony Ing mit einer cineastischen Collage der Jahrzehnte umspannenden Arbeit einer der umtriebigsten Statistinnen: Jill Goldston

Die britische Nebendarstellerin, die ursprünglich Ballett studierte, ist mal die Verwundete, die in den Krankenwagen gehoben wird, mal Krankenpflegerin. Sie bewundert eine Braut, hetzt über einen Bahnsteig, sitzt im Halbdunkel eines Restaurants oder Kinos. Dort schaut sie womöglich mehr auf jene am Rand des Geschehens, deren Oeuvre darüber nachdenken lässt, ob ein Leben letztlich die Summe loser Momentaufnahmen ist, welche Rolle wer wem zuschreibt und ob die vermeintlich Unbedeutenden eine Leerstelle hinterlassen, wenn sie verschwinden.

Fazit

Den Namen der Titelfigur kennen wohl die wenigstens Filmfans, trotz ihres Mitwirkens in Werken wie Frenzy, Fiddler on the Roof, Mask of the Red Death und The Elephantman. Die genannten Filme sind unter den Dutzenden, aus denen der Regisseur Goldstons Auftritt herausschneidet. Aus den Szenen, die nicht einmal fünf Prozent ihres Schaffens umfassen, entsteht ein melancholisches Mosaik. Dessen ihrem Kontext entrückte Dialogbausteine und Motive gewinnen eine seltsame symbolische Schwere und rühren an überraschend existenzialistische Fragen.

Autor: Lida Bach
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